Arschloch!
nächsten Songs zu hören sind, gehen wir zur Theke, an der ich sie auf einen Drink einlade und sie nach ihrer Nummer frage. Sie wartet bis der Cocktail vor ihr auf der Theke steht, reißt sich ein Stück Haut vom Arm, fährt mit ihrem Zeigefinger in ihre Wunde, notiert mit Blut ihre Handynummer auf dem Hautfetzen, schnappt sich ihr Glas, lacht laut auf und dann gibt es einen Knall und einen Blitz und sie ist futsch.
02.11.2005
Thomas ist krank, er wird wohl eine ganze Weile ausfallen, falls er überhaupt wieder kommt, was ich allerdings nicht hoffe. Auf die Anwesenheit des Jammerlappens kann ich hier ganz und gar verzichten. Der blöde Wichser. Und Anne, diese neunmalkluge blöde Fotze, ist nun bereits seit Wochen krankgeschrieben und lässt uns hier in der stressigsten Zeit des Jahres einfach im Stich. Und das als Abteilungsleiterin. Wie kann man nur so unkollegial sein? Wie viele Fehlzeiten hatte sie in diesem Jahr? Zehn Wochen? Zwölf? Oder noch mehr? So eine Flasche als Abteilungsleiterin zu haben, ist echt scheiße. Wir haben heute nicht einmal genug Zeit, um Mittagspause zu machen und ich kann nur hoffen, dass ich nicht mehr in direktem Kundenkontakt stehe, wenn ich endlich Abteilungsleiter bin. Immer diese beschissenen Kunden, die einem Löcher in den Bauch fragen, obwohl alles im Katalog ausführlich erklärt wird. Weil sich die beiden krankgemeldet haben, sind wir seit ein paar Tagen nur noch zu fünft, und das gerade jetzt, in der Woche in der der brandneue Katalog mit über 15.000 Produkten beim Kunden landete. Das Telefon steht den ganzen Tag nicht still. Es ist zum Kotzen.
Als ich abends nach der Arbeit nach Hause komme, bin ich total fertig, doch plötzlich habe ich einen genialen Geistesblitz. Ich springe auf, packe meine Videokamera ein und mache mich kurze Zeit später auf den Weg zu Annes Wohnung, an der ich knapp zehn Minuten später ankomme. Ich parke auf der gegenüberliegenden Straßenseite, schalte meine Kamera ein und filme minutenlang ihre Eingangstür. Da es noch früh am Abend ist, tut sich auch etwas auf ihrer Straße. Eine Frau mit Kinderwagen und ein Fahrradfahrer auf einem Rennrad durchkreuzen das Bild. Irgendwann habe ich genug Filmmaterial zusammen, packe ein und hole mir eine Pizza. Mit dem Pizzakarton auf dem Beifahrersitz geht es zurück nach Hause.
Ich hocke mich sofort an mein Powerbook und während ich den Film auf die Festplatte lade, stopfe ich die leckere Pizza in mich hinein. Ich kopiere ihn und hänge ihn immer wieder ans Ende bis ich schließlich einen 180 Minuten langen Film habe, in dem man nur Annes Haustür sieht. Die Frau mit ihrem Kind und dem Radfahrer habe ich raus geschnitten, sodass sie annehmen kann, der Filmer hätte Stunden vor ihrer Haustür gewartet. Nachdem ich den Film noch einmal gründlich gemustert habe und er die Qualitätskontrolle überstanden hat, brenne ich die DVD und überprüfe sie in meinem DVD Player. Nicht, dass sie irgendwie nicht richtig gebrannt wurde und Anne sie sich nicht ansehen kann. Dann wäre all die Mühe völlig umsonst gewesen. Aber siehe da: Alles ist in Ordnung. Ich stecke die silberne Scheibe in eine Hülle, lege sie in einen Umschlag, drucke schnell noch ein Etikett aus, das ich auf den Umschlag klebe und hocke mich dann gemütlich auf mein weißes Ledersofa und schaue fern.
Gegen halb zwei nachts fahre ich zur Tankstelle an der Steinfurterstrasse und kaufe mir ein Sixpack, anschließend geht es weiter zu Anne. Ich parke meinen Wagen um die Ecke und schlendere fröhlich mitten über die Straße. Um diese Uhrzeit kommt hier eh kein Auto vorbei. Aber plötzlich steht Roland Emmerichs Godzilla vor Annes Haustür. Er läuft schnurstracks auf mich zu. Godzilla, hier in der lebenswertesten Stadt der Welt. Er ist größer als jedes Haus der Stadt. Hoffentlich macht er nicht alles kaputt! Ich bin wie angewurzelt. Auf einmal befindet sich sein linker Fuß genau über mir. Der Fuß senkt sich herab. Ich halte schützend meine Arme vor mich. Als würde es überhaupt etwas nutzen. Bei diesem Riesenvieh. Dann ist es dunkel. Es ist aus. Es ist aus! Godzilla hat mich zerquetscht. Wie eine Fliege. Oh, nein, ich muss mein Kunstwerk doch vollenden. Und dann diese Dunkelheit. Wo bin ich hier überhaupt. Ich sehe ein kleines Licht vor mir, es wird immer größer. Es ist hell. Ist es etwa der Himmel? Dann erkenne ich die Umrisse der Strasse. Den grauen Beton und die Bordsteinkante. Godzillas Fuß hebt sich wieder. Er läuft über mich
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