Artcave - In den Fesseln der Sehnsucht
hatten völlig ihren Glanz verloren. Immer wieder sah ich das Gesicht des anderen. Als ob aus dem empathischen Mann ein anderer hervor gekommen war. Ein Dämon war auferstanden.
Die aberwitzigsten Gedanken kreisten in meinen Kopf. Die Facetten der Lust, die wir leben wollten, die ich leben wollte, waren in dem Zusammensein mit ihm nicht gelebt. Jetzt war ich beinahe glücklich darüber, dass es nie real geworden war. Er, der sich eines Werkzeuges bediente, das mich zu befriedigen hatte und nach getaner Arbeit aus meiner Ära verschwunden war, dem er erlaubte mich berühren und in mir sein durfte. Er war da gewesen, weil Henry es so arrangiert hatte. Ich hatte mit einem anderen Mann Lusterfüllung erlebt, die ich mit ihm niemals hatte.
Immer wieder tauchten die Schattenbilder seiner Person auf, die mich wie mein eigener Schatten verfolgten. So sehr ich mich auch bemühte, sie abzuhängen, so dicht waren sie an mir dran. Es schien, als ob die stummen Laute in meinem Gehirn anfingen zu schreien. Ich hatte nicht eine schlechte Erfahrung gemacht. Es war eine Erfahrung von einem anderen Stern, aus einer Galaxie, die mir vorher nicht bekannt war, die noch kein Astrologe bisher entdeckt hatte. Die ganze geballte Ladung an Verwirrtheit war mir entgegen geschlagen. Es waren Schläge, die ich wohl nie vergessen würde. Mit einem Streich hatte mein Leben eine neue Wandlung erfahren. Was ich bisher nicht für möglich gehalten hatte, mein Herz wurde zum Fühlen erweckt, für jemand, den es so nicht gab. Ein Moloch an Unrat, der nicht stinkender aus der Tonne kroch in einer heißen Sommernacht. Es war ein verrücktes Heil, welches für mich entstehen sollte, würde ich hinschauen, würde ich dessen gewahr werden, dass mein Schicksal mir eine besondere Kost serviert hatte. Ich sollte hinschauen, statt lahmherzige Gelassenheit zu leben, was von mir Handlung nach dem Hinsehen erforderte.
Welche Verrücktheit würde mir noch offenbart werden und wollte ich es wirklich wissen? Es gab schon genug zu verdauen. Es würde mir noch sehr lang im Magen liegen. Wird es jemals zu verdauen sein? Ich hatte das Gefühl, daran ersticken zu müssen, so sehr kam es mir hoch. Wie eklig das immer wieder alles war. Wer hatte mir das getan oder warum hatte ich zugelassen, dass mir das angetan wurde? Ich hatte mich oft so aufgehoben bei ihm gefühlt, hatte so oft an ihn gedacht, wenn er nicht da war. Hatte er mich wirklich wahrgenommen und sich überlegt, was es mit mir machen würde, wenn ich wüsste, was er mit mir getan hatte? Aber er war doch ausgezogen, um vielleicht andere Menschen zu täuschen. Tarnen, täuschen und verpissen. Vielleicht hatte er das beim Bund gelernt. Er, der den Rucksack von Komplexen mitbekam, weil seine Frau was mit einem anderen hatte, das er nicht mit ihr hatte, Den Rucksack würde er nicht mehr loswerden. Statt an dem Abwurf der Last zu arbeiten, würde er noch voller werden. Welch ein armseliges Sein war das, was er jetzt lebte. Mein Schrei in der Stille wurde nicht gehört, wer sollte ihn auch hören, diesen Schrei, der ihm bestimmt war, der ihn niemals mehr würde hören können. Weder der Stumme, noch den lauten Schrei, der aus mir drang und händeringend danach suchte, von ihm gehört zu werden. Der Schrei, der schon verebbte, noch bevor ich schrie. Weder seine Ohren noch sein Herz würden es hören können. Ein Schrei in seiner Sprache, die nicht seine Sprache war. Er war Ausländer in meinem verworrenen Herzen, das fast seine Heimat verloren hatte. Kein noch so kleiner Trost wollte sich einstellen. Keine noch so kleine Umarmung meiner selbst wollte mir gelingen. In den Wirren meines Denkens war ich allein und verloren wie noch nie zuvor. Getäuscht, enttäuscht. Es gab keine Täuschung mehr, er hatte sein Meisterstück geliefert. Chapeau. Er hatte sein Meisterstück geleistet. Er erinnerte fast an den jungen James Dean vor Gericht.
Chapeau. Das würde ihm erst einer nachmachen müssen. Oscarreif für einen kleinen Mann aus dem Volk, für den der Vorhang vor mir fiel.
Immer wieder hinterließ mir Henry Nachrichten, schickte mir SMS, die ich zunächst nicht beantwortete. Aber irgendwann schrieb ich zurück:
»Ich habe alles erfahren. Wie konntest du das machen? Lass mich einfach nur in Ruhe!«
Aber er ließ mich nicht in Ruhe, wollte mich sehen, sich erklären. Ihm ginge es schlecht. So habe er das nicht gewollt. Ich solle ihm doch die Chance geben, mit mir zu reden. Ich würde dann vielleicht verstehen. Er
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