Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
Vom Netzwerk:
Augen im knochigen Gesicht – hielt eine kleine Armbrust auf den Polymorphen gerichtet und nickte. »Ja, Sire.«
    »Sire?«, brachte Rahil hervor. Er versuchte aufzustehen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht. »Hier auf Heraklon?«
    Sein Vater achtete zunächst nicht auf ihn. »Durchsucht alles«, wies er drei Männer an, die ebenso zivil gekleidet waren wie die Frau bei Sammaccan. »Jeden noch so kleinen Winkel dieses Höhlensystems. Die Aufzeichnungen müssen hier irgendwo versteckt sein.«
    »Ja, Sire.«
    Zwei der Männer verschwanden in Tunnelöffnungen, und der dritte setzte seine Suche bei den Regalen und Nischen hinter dem großen, mit Schnitzereien verzierten Tisch in der Mitte der Höhle fort. Vor dem Tisch stand ein Stuhl, und darauf war ein alter Vogelmensch festgebunden. Äguizabel, vermutete Rahil. Die Reste seiner atrophierten Flügel sahen aus wie altes, fransiges Leder, und das dunkle Gesicht war runzlig und verschrumpelt. Ein vierter Mann stand neben dem alten Verwahrer; er trug die Uniform, die Rahil bei der in den Spiegeln beobachteten Gruppe bemerkt hatte. Als er eine Laterne hob, fiel ihr Licht auf die Abzeichen am Kragen, und Rahil erkannte das Emblem der Ägide.
    »Ein Missionar ?«, krächzte er.
    Der Mann warf ihm einen kurzen Blick zu und stellte die Laterne vor Äguizabel auf den Tisch. Rahil bezweifelte, dass der alte Verwahrer etwas sah; seine Augen waren trüb, vermutlich blind. Aber er konnte fühlen, und als der Mann in Uniform den semibiologischen Stimulator auf seinem haarlosen Kopf berührte, fühlte er Schmerz. Der zarte, fragile Körper erbebte so heftig, dass der Stuhl wackelte. Ein dünner, dunkler Blutfaden kam unter dem Stimulator hervor, der seine Wurzeln ins Gehirn des Vogelmenschen gebohrt hatte. »Sag uns, wo die Aufzeichnungen sind, Äguizabel. Dann hört dies auf.«
    »Ich bin … der Verwahrer«, antwortete der alte Vogelmensch, und der auf dem Tisch neben der Laterne liegende Interpreter übersetzte. »Ich … verwahre.«
    »Was ist im Konsulat passiert?«, fragte Coltan.
    »Ein bedauerlicher Zwischenfall, Sire«, sagte der Missionar. Seine Stimme klang sonderbar vertraut. Rahil glaubte, sie schon einmal gehört zu haben, aber wo? »Wir wussten, dass Sie Lautaret erreicht hatten. Das Signal des Senders, den Sie in sich tragen, empfingen wir klar und deutlich.«
    Ein Sender, dachte Rahil. Ein Mikroimplantat, Technik unterhalb der Stufe vier, nicht von der Interdiktion betroffen. Er versuchte, klar zu denken, trotz der heftigen Kopfschmerzen. Diese Männer und die Frau … Sie gehörten zu den Helfern seines Vaters und hatten in Lautaret auf ihn gewartet.
    »Du hast …« Die Zunge schien ihm im Weg zu sein. Rahil versuchte es erneut. »Du hast … deinen eigenen Sohn umbringen lassen?«
    Die Frau mit dem kurzen schwarzen Haar sah in seine Richtung. »Soll ich ihn betäuben, Sire?«
    »Nein, das ist nicht nötig, Delana.« Coltan zog kurz die Projektilwaffe aus der Hosentasche und ließ sie wieder darin ver schwinden, sah dabei Rahil an. »Ich habe wieder, was mir gehört. Und nein, mein Junge, ich habe dich nicht umbringen lassen. Es wird sich bestimmt noch Gelegenheit ergeben festzustellen, was im Konsulat schiefgegangen ist. Und dann wird der Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen.«
    »Er tauchte ganz plötzlich auf, Sire«, sagte der Missionar. »Er schien von uns zu wissen. Wir haben versucht, ihn zu überwältigen, und bei dem Kampf …«
    »Ich habe es gesehen«, unterbrach Coltan den Uniformierten. »Das Messer in der Brust des Konsulatsangehörigen und den Bolzen in Rahils Hals.« Sein Blick ging zu Delanas Armbrust. »Wir werden herausfinden, wer ihn getötet hat.« Er deutete auf den alten Vogelmenschen. »Vergessen Sie nicht, warum wir hier sind, Joyce.«
    Der Mann in Uniform berührte erneut den Stimulator auf Äguizabels Kopf, und der alte Vogelmensch wimmerte. »Wo sind die Aufzeichnungen?«
    Hinter dem Tisch zerbrach Glas, als der Mann dort Gläser achtlos zu Boden warf, nachdem er sich ihren Inhalt angesehen hatte.
    Rahil bemühte sich erneut, auf die Beine zu kommen, indem er sich an der Felswand in seinem Rücken nach oben schob. Sein Vater kam näher.
    »Es lief leider nicht ganz nach Plan«, sagte Coltan. »Gewisse Dinge hätten nicht geschehen sollen. Aber hier sind wir, mein Sohn, nach all den Jahren. Gleich werden wir auch die Aufzeichnungen haben, deine Erinnerungen, und dann können wir zum Artefakt fliegen.« Er deutete auf den

Weitere Kostenlose Bücher