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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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Zeit statt. Es war eine lange Reise, und ich musste noch viel länger warten, weil der Gegner mich daran hinderte, das Ziel zu erreichen.«
    Coltan sah sich um. »Wer ist das? Wer spricht da?«
    »Er spricht.« Rahil deutete zum Humanoiden auf dem Podium. »Der Pilot.« Und an ihn gerichtet sagte er: »Du bist mit deinen Kräften am Ende, verstehe ich das richtig?«
    »Ja.«
    »Aber das Artefakt nimmt Energie auf, schon seit Monaten. Könntest du nicht einen Teil davon für dich selbst nutzen?«
    »Nein«, ertönte es aus den Wänden und der Decke, aus dem Boden und der Luft. »Ich müsste mich erneuern, und das ist hier nicht möglich.«
    »Aber …« Rahils Blick glitt über die fraktalen Muster an den Wänden. »Es gibt Verbindungen durch Raum und Zeit …«
    »Nicht in die Zukunft«, sagte der Pilot. »Nicht in meine Zeit. Es gibt kein Zurück für mich. Das wusste ich, als ich aufbrach, und ich habe es akzeptiert. Es gehört zu meiner Mission. Gäbe es ein Zurück, stünden dem Gegner neue Wege offen, mich an der Erfüllung meiner Aufgabe zu hindern. Er hat es bereits einmal getan, und es darf ihm nicht noch einmal gelingen.«
    Noch etwas mehr Wissen drang in Rahils Bewusstsein vor. »Der Gegner … Er hat dich vom Kurs abgebracht.«
    »Ja.«
    »Dadurch bist du nicht nur in eine andere Zeit geraten – zehn Millionen Jahre in unsere Vergangenheit –, sondern auch an einen anderen Ort.«
    »Ja.«
    »Heraklon war gar nicht dein Ziel«, sagte Rahil.
    »Nein. Mein Ziel war die Region, die ihr Sagittariusbruch nennt, und ich wollte dort vor sechshundert Jahren eintreffen.«
    »Was bedeutet das?«, fragte Coltan.
    »Mit der Stimme des Geistes hast du mich darauf hingewiesen, dass wir auch hier sind, um die Wahrheit zu erkennen, Pilot«, sagte Rahil und beobachtete den großen, dürren Humanoiden auf dem Podium. »Gib sie uns. Erzähl uns, was geschehen ist.«
    »Dies ist die Wahrheit«, verkündete der Pilot. »Alles, was man euch gesagt hat, war gelogen.«
    56
    »Du hast den Ort gesehen, Rahil Tennerit«, erklang die Stimme des Piloten, der zehn Millionen Jahre gewartet hatte, sein Bewusstsein Teil des Artefakts, mit dem er aus der Zukunft gekommen war, codiert in den Programmbibliotheken und vereint mit den Stimmen, die von Möglichkeiten flüsterten. »Die neunhundertachtundneunzig Sonnen des Spektraltyps F, und in ihrer Mitte, im Zentrum des Sternhaufens, ein kühler M-Stern, wie eure Beteigeuze.«
    »Das Universum der Exklusiven«, erinnerte sich Rahil.
    »Vielleicht ist es die größte Lüge von allen«, fuhr der Pilot fort. »Als unvollendetes Werk wurde es dargestellt, als ein Univer sum, in das sich die sogenannten Exklusiven zurückziehen woll ten, um allein zu sein. Aber es hatte nie ein Kosmos mit Galaxien und Myriaden Welten sein sollen, sondern nichts weiter als eine Durchgangsstation. Es war eine Tür, die die › Exklusiven ‹ schufen, mit der Energie von neunhundertneunundneunzig Sonnen, ein kosmisches Portal, das ihnen die Möglichkeit gab, dieses Universum zu verlassen und ein anderes zu erreichen. Sie waren die einzige, die wahre Hohe Macht, die erste Zivilisation in diesem Universum, die einzigen Primären, die es jemals gab, und die Schöpfer der Kosmischen Enzyklopädie, die nicht nur deren gesamtes Wissen umfasste, im Lauf der Jahrmillionen und Jahrmilliarden immens gewachsen; sie fügten ihr auch das Wissen der anderen Zivilisationen hinzu, die sie entdeckten.«
    Der Pilot legte eine kurze Pause ein, und Rahil hörte das Flüstern des Artefakts, bestehend aus zahllosen Stimmen und Worten, die leise und unaufdringlich vom Potenzial der Superschmiede erzählten. Hinter ihnen veränderte sich das Brummen aus dem Spiegelsaal, und eine Melodie entstand, dünn, zart und vertraut. Es war das Lied der Kosmischen Enzyklopädie, und zum ersten Mal hörte Rahil sie direkt, ohne den Umweg über seine äußeren Ohren oder ein von Femtomaschinen geschaffenes neuronales Interface.
    »Die Ersten gingen vorsichtig mit dem Wissen um und halfen damit den anderen Zivilisationen, die nach ihnen entstanden, auf ihrem langen Entwicklungsweg. Nach einigen Jahrmilliarden und mehreren Sterngenerationen keimte und reifte das Le ben in vielen Galaxien, und die Ersten allein konnten nicht mehr überall sein, um Entwicklungen vorsichtig zu beeinflussen und zu verhindern, dass neue Völker Wege der Selbstvernichtung beschritten. Sie baten jene Zivilisationen um Hilfe, die direkt nach ihnen entstanden waren …«
    »Ich

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