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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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peripheren Habitatsektionen benutzt worden waren. Die Frage, ob sie einsatzbereit waren, ließ sich erst beantworten, wenn er sie erreichte. Für einen Flug zum Planeten waren sie ungeeignet, denn sie verfügten nur über schwache Triebwerke und keine Abschirmfelder, die Schutz vor der Reibungshitze beim Eintritt in die Atmosphäre boten. Aber ihr Antriebspotenzial reichte für einen Flug zum Orbitallift, den die Ägide vor Jahren installiert hatte, als Gegenleistung für die Benutzung des Habitats als Depot, und als Eintrittskarte für Kedra.
    Orbitallift, dachte Rahil, als er weiterlief. Höhe dreißigtausend Kilometer, bis zur Endstation im stationären Orbit. Zehn Millionen Monofasern, zu einem nur dreißig Zentimeter dicken Strang vereint und von einem internen Energiefaden verstärkt – einfache sekundäre Technik der Leskovar, der Ägide gestiftet. Und die Ägide hatte sie Kedra zum Geschenk gemacht.
    Rahil warf eine weitere Drucktür hinter sich zu, ohne langsamer zu werden, und versuchte erneut, eine Verbindung zum Kommunikationssystem des Habitats herzustellen. Es gelang ihm auch diesmal nicht. Es gab keine Möglichkeit, Sammaccan zu verständigen oder die Medozentrale zu benachrichtigen. Was war mit Lucrezia? Lebte sie noch?
    Die neuronale Stimulation unterdrückte diesen Gedanken sofort.
    Einige schnelle Schritte brachten Rahil in den Hangar. Im für gewöhnliche Augen sichtbaren elektromagnetischen Spektrum herrschte völlige Dunkelheit, aber das Zusammenwirken von Rüstungssensoren und Femtomaschinen gab ihm eine fast normale wirkende, wenn auch nicht ganz farbechte Sicht. Er sah sofort, dass er mit drei der vier Wartungskapseln nichts anfangen konnte. Halb demontiert lagen sie neben der Schiene des Akzelerators, in verschiedenen Stadien der Restauration. Die vierte hingegen ruhte auf der Schiene: eine fünf Meter durchmessende Kugel, oben und unten abgeflacht wie ein Planet an den Polen, die stählerne Außenhülle fleckig, an der einen Seite Hoheitszeichen, die längst nichts mehr bedeuteten, die Luke wie einladend geöffnet. Werkzeuge lagen auf dem Boden, als hätte bis eben jemand an diesem Ort gearbeitet.
    An der Wand rechts neben dem Akzelerator befand sich einer der alten Kommunikationsanschlüsse des Habitats. Rahil betätigte die Kontrollen, ohne dass etwas geschah, und überlegte, ob er einige seiner Femtomaschinen in den Apparat schicken sollte, mit dem Auftrag, ihn zu reparieren oder durch die Kabelverbindungen, sofern sie noch existierten, eine Botschaft in den Kontrollkern des Habitats zu tragen.
    Hinter ihm sprang die Drucktür des Hangars auf, und eine Stimme knarrte: »Ich habe Sie erneut gestellt, Rahil Tennerit. Und von hier aus gibt es keine Flucht mehr für Sie.«
    Rahil drehte sich zum Ascar um, der seinen Tarnanzug ganz deaktiviert hatte. Der große, dürre Jäger hob die eine Hand, und ein Funken löste sich von ihr, stieg bis zur Decke auf, leuchtete heller und vertrieb die Schatten aus dem alten Hangar. Das gehörte zum Erfüllungsritual der Jagd, erkannte Rahil dank der Informationen aus den Datenbanken: Die Schatten verschwanden, und mit ihnen die Zweifel an der Identität.
    Der Ascar trat näher, den Paralysator schussbereit in der anderen Hand. Er hinkte, aber nur ein wenig, obwohl Rahils Tritt ihm ein Kniegelenk gebrochen hatte. Er schien zumindest einen Teil seiner Regenerationsfähigkeit für die Heilung jener Verletzung verwendet zu haben, obwohl er, wie Rahil jetzt sah, einen voll ausgebildeten, wenn auch noch schlaffen und inaktiven Ekdysis-Kokon auf dem Rücken trug. Mit den zusätzlichen Daten verstand er auch die Reifezeichen auf der Knochenhaut über der Kommunikationsmaske: Der Ascar stand kurz vor der Verpuppung; der erfolgreiche Abschluss dieser Jagd bedeutete für ihn, dass er sich zu einer neuen Individuumsversion verjüngen konnte.
    Rahil gab seinen Femtomaschinen den Befehl, sich auf die Neutralisierung einer massiven Dosis Nervengift vorzubereiten. Er wusste, dass der Ascar recht hatte, dass er nicht entkommen konnte. Weit und breit gab es keine Deckung, abgesehen von der Wartungskapsel auf der Schiene des Akzelerators, und ihre Luke war mehrere Meter entfernt. Die Rüstung verbesserte auch sein physisches Leistungsvermögen, machte ihn aber nicht schneller als die Reflexe eines erfahrenen Jägers.
    Hinter dem Visier veränderten die Augenbündel des Insektoiden erneut die Farbe und gewannen einen violetten Ton – die Farbe des Triumphs.
    Der Ascar hob

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