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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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außerhalb von Munraha und Heraklon brauchte, wenn er seine Aufgaben als Assistent der Ägide wahrnehmen wollte. Aber in Wirklichkeit hatte er ihn für ein paar Stunden loswerden wollen. »Etwas später schlossen sich ihr die Welten der Sieben Völker an, die ebenfalls mit einem blauen Auge davongekommen waren, sozusagen.«
    Sammaccan nickte eifrig. »Die Chormiki, Aun, Ippakao, Kzosek, Panyko, Milwee und Chandswangh.«
    »Die Bruch-Gemeinschaft hat sich damals ihren technologischen Standard bewahrt, während die Gefallenen Welten …«
    »Ins Chaos stürzten«, sagte Sammaccan finster, und für einen Moment klang seine Stimme wieder wie ein Repitilienzischen.
    »Ja«, bestätigte Rahil und fuhr seinen Alarmmodus um eine Stufe herunter. Die Femtomaschinen verlangsamten seinen Herzschlag und reduzierten den Stoffwechsel, aus dem sie einen Teil ihrer Betriebsenergie bezogen. Das Empirion blieb im defensiven Modus. Die Bildschirme zeigten noch immer eine leere Außenhülle, und schließlich schaltete Rahil die visuellen Sensoren um. Das dünne Band des Orbitallifts, schematisch hervorgehoben, erschien über einem rostbraunen Teil des Planeten und führte hinab zu einer weiten Hochebene am Rand des Tiefdruckgebiets, das er an der Wand von Lucrezias Schlafzimmer gesehen hatte. »Die Bruch-Gemeinschaft gründete die vom Kuratorium geleitete Ägide, eine von ihr unterstützte unabhängige Organisation, die erst vor allem als Mittler zwischen ihr und den Hohen Mächten agierte und dann mit Entwicklungshilfe auf den Gefallenen Welten begann.«
    »Auch auf Hrkln.«
    »Auch auf Heraklon, ja.« Und auch im Dutzend, auf Caina, dachte Rahil. Für ein oder zwei Sekunden sah er Emilys Gesicht vor sich und beobachtete, wie es mit dem von Lucrezia verschmolz. Jazmine erschien nicht vor seinem inneren Auge – die neuronale Stimulation verhinderte das –, aber die Erinnerungen an sie, schmerzhaft und qualvoll, lagen immer auf der Lauer.
    Ein neuer Gedanke tauchte an die Oberfläche seines Bewusstseins: Sammaccan hatte gar nicht danach gefragt, was der Ascar von ihm wollte. Von Lucrezia und dem, was mit ihr geschehen war, wusste er nichts, aber hätte er nicht nach dem Ascar und dem Grund für seinen Angriff fragen sollen?
    Rahil warf einen kurzen Blick zur Seite. Sammaccan versuchte, sich entspannt zu geben, aber die eine Hand tastete immer wieder nach dem Gurt, und die Unterlippe zitterte leicht. Offenbar versuchte der junge Polymorphe, seiner Vorstellung von Männlichkeit zu entsprechen und sich mutig zu geben, aber ein aufmerksamer Beobachter wie Rahil erkannte die Anzeichen von Anspannung und Furcht. Lag es am Flug mit dieser antiquierten Wartungskapsel? Oder gab es einen anderen Grund?
    Weitere Gedanken warteten darauf, dass er ihnen seine volle Aufmerksamkeit widmete. Die Stimulation durch die Nervenkomponenten und zerebralen Schaltkreise der Rüstung gab all den Dingen Priorität, die mit der Mission in Zusammenhang standen. Mehrmals erschienen vor seinem inneren Auge Bilder, die versuchten, ihm Lucrezia zu zeigen, aber unter dem Einfluss der geistigen Stimulation und Selektion lösten sie sich schnell auf.
    Rahil vergewisserte sich, dass die Kursdaten stimmten, überprüfte dann noch einmal den Treibstoff und stellte fest, dass ihm genug Spielraum blieb. Er hätte zum Habitat zurückkehren und dort dem Kontrollzentrum von den jüngsten Ereignissen berichten können. Es wäre sogar möglich gewesen, zur Polis zu fliegen und die dort repräsentierten Hohen Mächte um Hilfe zu bitten. Aber vielleicht stand ein Repräsentant ebenjener Hohen Mächte mit dem Schiff in Verbindung, das im M-Raum einen Disruptor gegen den Shifter eingesetzt hatte.
    »Die Ägide steht also über der Bruch-Gemeinschaft?«, fragte Sammaccan.
    »Ja«, antwortete Rahil und setzte seine Überlegungen fort. Er hatte noch einen Entscheidungsspielraum von etwa einer Minute. Anschließend hätte ein Kurswechsel zu viel von dem chemischen Treibstoff verbraucht.
    »Also kann die Ägide der Gemeinschaft Befehle erteilen, und sie muss gehorchen?«
    »Nein«, sagte Rahil, den Blick auf die Anzeigen gerichtet. »Die Geschicke der Gemeinschaft werden von der Unionskonferenz bestimmt, die aus Abgeordneten aller Welten besteht und einen Vorsitzenden und dreizehn Beiräte wählt. Die Konferenz befindet auch darüber, welche ökonomischen Ressourcen der Ägide zur Verfügung gestellt werden, und sie ernennt ein Drittel der Mitglieder des Kuratoriums, das über die Regeln

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