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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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Zukünfte, wie es Universen gibt.«
    »Zehn hoch fünfhundert«, sagte Rahil.
    »Mehr oder weniger«, erwiderte der Gesserat, und seine ledrigen Lippen deuteten ein Lächeln an. »Die M-Theorie, die Ihre Vorfahren auf der Erde entwickelt haben, ist sehr interessant, hat aber ihre Schwächen.«
    »Wir haben sie inzwischen erweitert«, sagte Rahil und spürte, wie seine Konzentration zerfaserte. Begann für ihn die Rückkehr in den Transit? »Wenn Sie die Zukunft sehen, Zacharias, oder die Zukünfte, all die Ereignisse, die sich aus dem Jetzt ergeben und ergeben könnten … Dann wissen Sie auch, was auf Heraklon geschieht und geschehen wird.«
    »Das weiß ich, ja.«
    »Das Artefakt kommt aus der Zukunft«, sagte Rahil und wählte jedes Wort mit großer Sorgfalt. »Jemand hat es geschickt. Jemand, der mit Zeit und Raum so umgehen kann wie Sie.«
    Der Gesserat wartete.
    »Jemand hat das Artefakt nach Heraklon geschickt, um Einfluss auf die Vergangenheit zu nehmen, auf unsere Gegenwart. Was auch immer geschieht und geschehen wird: Es ist das Ergebnis einer Einflussnahme aus der Zukunft. Wie sollen wir uns gegen so etwas wehren können? Wie sollen wir, die Menschheit, eine Prüfung bestehen, wenn der Prüfer mogelt?«
    Der weiße Tisch mit den smaragdgrünen Intarsien löste sich auf, ebenso die Stühle. Das Grün des Hügels wich einem farblosen Grau, das auch die Polis absorbierte. Nur der Gesserat blieb da, groß und massig, wie von einem schweren Gewicht auf seinen pelzigen Schultern gebeugt.
    »Niemand hat gesagt, dass es leicht für Sie sein würde, Exekutor.«
    »Können wir nicht wenigstens Fairness erwarten, zumindest von Ihnen?«, fragte Rahil, als sich graues Nichts um ihn schloss. »Welchen Sinn hätte sonst alles?«
    »Sinn?«, wiederholte der Gesserat. Seine Stimme kam aus dem Grau des Transits. »Suchen Sie nach einem Sinn, Exekutor? Und nach welchem Sinn? Wer hat behauptet, dass alles einen Sinn haben muss?«
    Der nicht von Kompensatoren gelinderte Schmerz flammte wieder auf, ein Feuer, das in jeder einzelnen Körperzelle brannte und sich langsam über die Nervenbahnen fraß. Die Rüstung konnte nichts dagegen ausrichten, denn ihre organischen Komponenten waren selbst betroffen.
    »Alles, was geschehen kann, wird geschehen«, ertönte die brummende Stimme des Gesserat. »Irgendwo, irgendwann. So lautet das Gesetz des Existierenden.«
    »Bedeutet es nicht auch, dass Sie mir helfen werden und damit einen kleinen Ausgleich schaffen für die Einflussnahme aus der Zukunft?«
    »Ich bin ein Evaluator«, lautete die Antwort. »Ich beobachte und bewerte. Ich helfe dabei, die Grundlage für eine Entscheidung zu schaffen. Es gibt Regeln, wie Sie sehr wohl wissen, Exekutor . Wie können Sie von mir erwarten, dagegen zu verstoßen?«
    »Ich weiß auch, dass Regeln einen gewissen Spielraum lassen. Und dass es Situationen gibt, die es erfordern, jenseits der üblichen Regeln zu handeln. Deshalb hat mich die Ägide zum Exekutor gemacht. Weil jemand anders gegen die Regeln verstieß.«
    »Nun gut, Rahil Tennerit«, drang erneut die Stimme des Gesserat durchs Grau, und Rahil bemerkte, dass sie jetzt wieder seinen Namen nannte. »Wenn Sie auf Heraklon sind … Wenden Sie sich an Äguizabel den Verwahrer. Vielleicht kann er Ihnen helfen. Oh, und noch etwas.«
    Wieder schienen Rahils Augen den Kopf zu verlassen, und er beobachtete, wie er dastand im Grau, in einen nassen Regenmantel gehüllt, der pfeilförmige Bolzen mit dem Toxin nur wenige Zentimeter von seinem Nacken entfernt. Das Geschoss bewegte sich, es erzitterte und bekam Dellen, knickte und brach, wie von einer unsichtbaren Hand zerdrückt. Splitter fielen und verschwanden, bevor sie den Boden erreichten, den Rahil unter seinen Füßen spürte.
    »Das muss genügen«, sagte der Gesserat.
    »Danke«, brachte Rahil mühsam hervor.
    »Danken Sie mir nicht, Exekutor. Sie wissen nicht, was Sie erwartet.«
    Schmerz schleuderte Rahil nach Eckrote.

Und wo mit schwertbewehrter Siegerhand
Der Lüge Drachen du erschlagen?
    Tiefer Fall
    18
    Rahil blinzelte im hellen Licht und begriff, dass er zum ersten Mal in seinem neuen Leben Sonnenschein auf einem Planeten sah. Er schmerzte in den Augen, brannte darin fast wie das Feuer, das der Transit ohne Kompensatoren in seinen Zellen entzündet hatte. Er kniff die Augen zu, aber das Gleißen kam, nur wenig gedämpft, durch die Lider, begleitet von zahlreichen Ge räuschen, die zu einem akustischen Chaos verschmolzen – selbst das

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