Artemis Fowl. Das magische Tor (German Edition)
zurück.
Artemis hob Myles hoch und setzte ihn vor sich auf die Schreibtischkante. »So, junger Mann. Du musst mir jetzt alles aus deiner ›Okkupationszeit‹ erzählen, denn die Erinnerungen werden sich bald verflüchtigen. Mit Okkupation meine ich –«
»Ich weiß, was ›Okkupation‹ bedeutet, Arty. Meine Güte, ich bin doch keine drei mehr.«
Aus langjähriger Erfahrung wusste Holly, dass es keineswegs schneller gehen würde, wenn sie Myles und Artemis anbrüllte, aber sie wusste ebenfalls, dass sie sich dann besser fühlen würde. Und im Moment fühlte sie sich niedergeschlagen und beschämt, weil sie einen der berühmtesten Krieger des Erdvolks so unwürdig behandelt hatte. Zwei Menschenjungen anzubrüllen wäre bestimmt genau das Richtige, um sich aufzumuntern.
Sie entschloss sich zu einem kleinen verbalen Peitschenknall in mittlerer Lautstärke. »Könnt ihr zwei vielleicht mal in die Gänge kommen? Wir befinden uns hier nicht in einem Zeitstopp. Bald wird es Tag.«
Myles winkte ihr zu. »Hallo, Elfe. Du klingst aber komisch. Hast du Helium eingeatmet? Helium ist übrigens ein einatomiges Edelgas.«
Holly schnaubte spöttisch. »Ja, das ist dein Bruder, kein Zweifel. Wir brauchen alle Informationen, die er in seinem Kopf hat.«
Artemis nickte. »Ich weiß, Holly. Ich bin ja bereits dabei. Myles, woran erinnerst du dich noch von Gobdaws Besuch?«
»Ich erinnere mich an alles«, erwiderte Myles stolz. »Möchtest du etwas über Opals Plan zur Vernichtung der Menschheit hören oder lieber etwas darüber, wie sie das zweite Schloss öffnen will?«
Artemis nahm die Hand seines Bruders. »Ich muss alles wissen, Myles. Fang einfach von vorne an.«
»Also gut, dann erzähle ich jetzt mal von meiner ›Okkupationszeit‹.«
Myles berichtete alles in einer Sprache, die seinem Alter zehn Jahre voraus war. Weder schweifte er ab noch kam er durcheinander, und zu keinem Zeitpunkt schien er sich Sorgen um seine Zukunft zu machen. Das lag daran, dass Artemis seinem kleinen Bruder oft gesagt hatte, am Ende siege immer die Intelligenz, und es gab niemanden, der intelligenter war als Artemis.
Leider begann Artemis nach den Ereignissen der letzten sechs Stunden selbst an seiner Maxime zu zweifeln, und während Myles seine Geschichte erzählte, dämmerte es Artemis, dass selbst seine Intelligenz nicht ausreichen würde, um das Chaos um sie herum zu einem Happy End zu führen.
Vielleicht können wir noch gewinnen , dachte er. Aber es wird kein Happy End geben.
Kapitel 14
Haven City, Erdland
F oaly hatte keinen großen Plan im Kopf, während er rannte. Er wusste nur, dass er so schnell wie möglich zu Caballine gelangen musste. Egal, wie. Egal, um welchen Preis.
So ist das, wenn man liebt , dachte er, und in dem Moment verstand er, warum Artemis eine Elfe entführt hatte, um an das nötige Geld für die Suche nach seinem Vater heranzukommen.
Die Liebe lässt alles andere nebensächlich erscheinen.
Obwohl um ihn herum die Welt einstürzte, konnte Foaly an nichts anderes denken als an die Gefahr, die Caballine drohte.
Ein Haufen verbrecherischer Kobolde ist auf dem Weg zu unserem Haus .
Opal hatte gewusst, dass Foaly, seines Zeichens Technischer Leiter der ZUP, sämtliche Lieferungen an sein Haus kontrollieren lassen würde. Also hatte sie einen hübschen Geschenkkarton geschickt, der beim Scannen leer aussehen würde. Aber natürlich war er nicht leer, sondern randvoll mit Mikroorganismen, die in einer hohen Frequenz vibrierten. Dieses Ultraschallgefiepe würde die Überwachungsanlage lahmlegen und alle Kobolde in den Wahnsinn treiben – und zwar so sehr, dass sie alles tun würden, um es abzustellen.
Kobolde waren selbst in ihren besten Zeiten keine besonders intelligenten Wesen. Es gab nur einen einzigen Kobold, der jemals einen Wissenschaftspreis gewonnen hatte, und bei dem hatte sich hinterher herausgestellt, dass er aus einem genetischen Experiment hervorgegangen war und sich in den Wettbewerb eingeschmuggelt hatte.
Diese Schallbombe würde sämtliche höheren Hirnfunktionen ausschalten und die Kobolde in plündernde, feuerspeiende Echsen verwandeln. Foaly wusste das alles so genau, weil er der ZUP eine Miniaturversion der Schallbombe als Abschreckungswaffe vorgestellt hatte, aber der Rat hatte keine Gelder dafür bewilligt, weil die Minibombe bei jedem, der sie bei sich trug, Nasenbluten auslöste.
Das Polizeipräsidium bestand jetzt zu achtzig Prozent aus Schutt; nur das oberste Stockwerk klebte
Weitere Kostenlose Bücher