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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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Anspielungen und jähes weibliches Verstummen richtig deutete.
    Zu allem Unglück hörten Arthurs Verdächtigungen damit noch nicht auf. Er war ein junger Mann, der Klarheit und Gewissheit schätzte und sich jetzt an einem Ort wiederfand, an dem wenig Klarheit herrschte und einige Gewissheiten unannehmbar waren. Dass Waller mehr war als ein bloßer Zimmerherr, lag auf der Hand. Er wurde häufig als Freund, ja als Teil der Familie bezeichnet. Nicht aber von Arthur: Er wollte sich nicht plötzlich einen älteren Bruder aufdrängen lassen, geschweige denn einen, dem die Mama auf ganz andere Art zulächelte. Waller war sechs Jahre älter als Arthur und fünfzehn Jahre jünger als die Mama. Für die Ehre seiner Mutter hätte Arthur die Hand ins Feuer gelegt; all seine Grundsätze, seinen Familiensinn wie auch das Wissen um seine Verpflichtungen der Familie gegenüber verdankte er ihr. Und doch, so fragte er sich bisweilen, wie würde das Ganze vor einem Gericht aussehen? Welche Beweise könnten da angeführt, welche Vermutungen von den Geschworenen angestellt werden? Man bedenke nur einmal diesen Punkt: Sein Vater war ein schwächlicher Dipsomane, der von Zeit zu Zeit in eine Heilanstalt eingewiesen wurde; seine Mutter hatte ihr letztes Kind bekommen, als Bryan Waller in ihrem Haus lebte, und sie hatte dieser Tochter vier Taufnamen gegeben. Die letzten drei waren Mary, Julia und Josephine; mit Kosenamen hieß sie Dodo. Ihr erster Taufname aber war Bryan. Von allem anderen abgesehen war Arthur nicht der Meinung, dass Bryan ein Mädchenname war.
    Während Arthur um Louisa warb, konnte sein Vater sich in der Heilanstalt Alkohol verschaffen, schlug bei dem Versuch zu fliehen ein Fenster entzwei und wurde ins Irrenhaus Montrose Royal Lunatic Asylum verlegt. Am sechsten August 1885 wurden Arthur und Touie in St. Oswald’s, Thornton-in-Lonsdale, in der Grafschaft Yorkshire getraut. Der Bräutigam war sechsundzwanzig, die Braut achtundzwanzig Jahre alt. An Arthurs Seite stand keiner seiner Kameraden aus dem Southsea Bowling Club, der Portsmouth Literary and Scientific Society oder der Phönix-Loge Nr. 257 . Die Mama hatte alle Vorbereitungen in die Hand genommen, und an Arthurs Seite stand Bryan Waller, der allem Anschein nach künftig selbst für samtene Kleider, eine goldene Brille und einen gemütlichen Platz am Kamin sorgen wollte.

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George
    Als George den Vorhang zurückzieht, steht mitten auf dem Rasen eine leere Milchkanne. Er macht seinen Vater darauf aufmerksam. Sie kleiden sich an und nehmen die Kanne in Augenschein. Sie hat keinen Deckel, und als George hineinschaut, sieht er auf dem Boden eine tote Amsel liegen. Sie begraben den Vogel rasch hinter dem Komposthaufen. George stimmt mit seinem Vater überein, dass sie der Mutter von der Kanne erzählen dürfen, die sie auf den Feldweg stellen, nicht aber von dem, was darin war.
    Am nächsten Tag bekommt George eine Ansichtskarte von einem Grabmal in Brewood Church, auf dem ein Mann mit zwei Frauen zu sehen ist. Der Text lautet: »Setz doch dein altes Spiel fort und beschmier die Wände.«
    Sein Vater erhält einen Brief in derselben ausgeprägten Handschrift: »Mit jedem Tag, jeder Stunde wächst mein Hass auf George Edalji. Und auf dein verfluchtes Weib. Und auf deine grässliche kleine Tochter. Meinst du denn, du Pharisäer, nur weil du ein Pfaffe bist, wird Gott dich von deinen Schandtaten lossprechen?« Diesen Brief zeigt er George nicht.
    Vater und Sohn erhalten ein an beide gerichtetes Schreiben:
    Ein Hoch auf Upton! Guter alter Upton!
    Lob und Preis für Upton. Guter alter Upton!
    Upton sei gepriesen!
    Braver alter Upton!
    Steht auf, steht auf für Upton
    Ihr Soldaten des Kreuzes, wohlan
    Erhebt das prächtge Banner
    Es schwebe euch voran.
    Der Pfarrer und seine Frau beschließen, in Zukunft alle an das Pfarrhaus gerichtete Post selbst zu öffnen. George darf um keinen Preis bei seinem Studium gestört werden. Daher sieht er den Brief nicht, der so beginnt: »Ich schwöre bei Gott, ich werde einem gewissen Menschen etwas antun. Mein einziges Streben auf dieser Welt ist Rache, Rache, süße Rache ist mein Sehnen, dann werde ich in der Hölle glücklich sein.« Noch bekommt er den Brief zu sehen, in dem steht: »Ehe das Jahr um ist, wird dein Kind auf dem Friedhof oder für sein ganzes Leben in Schande gefallen sein.« Man zeigt ihm jedoch den, der so anfängt: »Du Pharisäer und falscher Prophet du hast Elizabeth Foster beschuldigt und fortgeschickt du und

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