Arthur & George
erfolgt?«
»Nein, Sir. Der Boden war zu durchweicht.«
»Seit wann sind Sie im Polizeidienst, Mr Cooper?«
»Seit fünfzehn Monaten.«
»Seit fünfzehn Monaten. Vielen Dank.«
George hätte am liebsten einen Freudenschrei ausgestoßen. Er schaute wie schon früher zu Mr Vachell hinüber, der seinen Blick jedoch nicht erwiderte. Vielleicht gehörte das zu den Verhaltensregeln im Gerichtssaal; vielleicht war Mr Vachell in Gedanken auch schon beim nächsten Zeugen.
Der Rest des Nachmittags schien gut abzulaufen. Eine Reihe anonymer Briefe wurde verlesen, und für George lag klar auf der Hand, dass kein vernünftiger Mensch jemals annehmen konnte, er habe sie geschrieben. Zum Beispiel den Brief des »Freundes der Gerechtigkeit«, den er Campbell gegeben hatte: »George Edalji – ich kenne Sie nicht, habe Sie aber manchmal in der Eisenbahn gesehen und würde Sie wohl auch nicht sehr mögen, wenn ich sie kennte, weil ich Eingeborene nicht leiden kann.« Wie um alles in der Welt hätte er das schreiben können? Danach kam eine noch groteskere Unterstellung. Es wurde ein Brief verlesen, in dem geschildert wurde, wie es in der sogenannten »Wyrley-Bande« zuging, und das las sich wie ein Stück aus einem billigen Roman: »Sie schwören alle mit einem schrecklichen Eid Verschwiegenheit und sprechen ihn dem Captain nach, und jeder sagt: ›Möge ich tot umfallen, wenn ich je zum Verräter werde.‹« George meinte, er könne auf die Geschworenen vertrauen; sie würden bestimmt erkennen, dass dies nicht die Ausdrucksweise eines Solicitors war.
Mr Hodson, der Gemischtwarenhändler, sagte aus, er habe George auf dem Wege zu Mr Hands in Bridgetown gesehen, und der Solicitor habe seinen alten Hausmantel getragen. Doch dann beteuerte Mr Hands selbst, der etwa eine halbe Stunde mit George verbracht hatte, sein Kunde habe den besagten Mantel nicht getragen. Zwei andere Zeugen berichteten, ihn gesehen zu haben, konnten sich aber nicht an seine Kleidung erinnern.
»Ich habe das Gefühl, sie wollen ihre Taktik ändern«, sagte Mr Meek, nachdem sich das Gericht vertagt hatte. »Ich spüre, dass sie etwas im Schilde führen.«
»Was denn?«, fragte George.
»In Cannock stellten sie es so dar, als seien Sie während Ihres Spaziergangs vor dem Abendessen auf das Feld gegangen. Darum riefen sie auch so viele Zeugen auf, die Sie dort draußen gesehen haben. Dieses schmusende Pärchen, Sie erinnern sich? Die wurden diesmal nicht aufgerufen, und sie sind nicht die Einzigen. Außerdem war vor dem Magistrates’ Court nur von dem Datum des 17 . die Rede. Jetzt steht in der Anklageschrift der 17 . oder der 18 . Sie wollen also auf Nummer sicher gehen. Ich habe das Gefühl, das läuft auf die Zeit in der Nacht hinaus. Womöglich haben sie etwas in der Hinterhand, von dem wir nichts wissen.«
»Mr Meek, es ist doch gleichgültig, wofür sie sich entscheiden und warum. Wenn es der Abend sein soll, dann haben sie keinen einzigen Zeugen, der mich irgendwo in der Nähe des Feldes gesehen hat. Und wenn es die Nacht sein soll, müssen sie die Aussage meines Vaters entkräften.«
Ohne seinen Mandanten zu beachten, dachte Mr Meek weiter laut vor sich hin. »Sie müssen sich natürlich gar nicht entscheiden. Sie können den Geschworenen auch nur Möglichkeiten aufzeigen. Aber diesmal heben sie die Bedeutung der Stiefelabdrücke stärker hervor. Und die Stiefelabdrücke spielen nur dann eine Rolle, wenn sie sich für die zweite Möglichkeit entscheiden, weil es in der Nacht geregnet hat. Und dass Ihr Hausmantel nun nicht mehr feucht, sondern nass gewesen sein soll, ist eine weitere Bestätigung für meine Vermutung.«
»Umso besser«, sagte George. »Constable Cooper kann uns egal sein, nachdem Mr Vachell ihn heute Nachmittag ins Verhör genommen hat. Und wenn Mr Disturnal weiter auf dieser Schiene fahren will, wird er behaupten müssen, ein Geistlicher der Kirche von England sage nicht die Wahrheit.«
»Mr Edalji, wenn Sie gestatten … Sie dürfen das alles nicht für so klar und eindeutig halten.«
»Aber es ist klar und eindeutig.«
»Würden Sie Ihren Vater als robust bezeichnen? In seelischer Hinsicht, meine ich?«
»Er ist der robusteste Mensch, den ich kenne. Warum fragen Sie?«
»Ich fürchte, das wird er auch sein müssen.«
»Sie werden überrascht sein, wie robust so ein Hindu sein kann.«
»Und Ihre Mutter? Und Ihre Schwester?«
Der zweite Tag begann mit der Zeugenaussage von Joseph Markew, Gastwirt und ehemaliger Police
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