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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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Chase.
    »Bis zu deinem Prozess teile ich dich dem Putzkommando zu.«
    Er öffnete die Tür und winkte mich hinaus auf den Korridor. Meine Beine waren schwach, nachdem sie tagelang keinen Schritt getan hatten, und in meinem Kopf drehte sich ein paar Sekunden alles, während ich mich wunderte, dass Tucker mich ohne Handschellen hinausließ.
    Die Frau, die mich an diesem Tag geweckt hatte, war damit beschäftigt, den Boden zu wischen. Neben ihr stand ein Kübel mit Wischwasser, und ihre Hände steckten in ellbogenlangen Handschuhen.
    »Delilah, das ist Ember Miller«, sagte Tucker, als er zur Tür herauskam.
    Sie blickte auf und erhob sich.
    »Ja, Sir.«
    »Sie wird dir bis zu ihrem Prozess helfen.«
    Delilah nickte unterwürfig. Tucker zog mich zur Seite, ehe er fortging.
    »Ich bin in dem Büro weiter unten an diesem Korridor. Komm zu mir, wenn sie mit dir fertig ist.«
    »Ich kann es kaum erwarten.«
    Glucksend ging er davon.
    »Nimm dir eine Bürste. Wir müssen die Böden schrubben. Und dann erwartet uns noch eine andere Putzerei.« Allzu gesprächig war Delilah nicht.
    Wir gingen von Raum zu Raum, säuberten die Böden, machten die Betten, putzten die Toiletten. Nur zwei Räume waren belegt, aber die betraten wir nicht gleich.
    Während ich arbeitete, schlurfte ein Mann mit Handschellen, blasser Haut und einem Bluterguss auf einer Wange den Korridor hinunter, begleitet von vier Wachmännern, von denen einer eine silberfarbene Aktentasche trug. Grob stießen sie ihn in einen leeren Raum, und ein paar Minuten später verschwanden die vier Soldaten in der Richtung, aus der sie gekommen waren.
    »Hat gerade seinen Prozess gehabt«, kommentierte Delilah, und ich fragte mich, wie wohl das Urteil gelautet hatte.
    Als wir fertig waren, folgte ich Delilah die Treppe hinunter zu einer Cafeteria, in der wir zwei Tabletts mit grauer Pampe von einem Soldaten mit einem Haarnetz entgegennahmen. Ich sah zu, wie mehrere Soldaten am Haupteingang von einem Wachmann hinter einer dicken Glasscheibe ein- und ausgelassen wurden. Jedes Mal, wenn die Tür geöffnet wurde, stach mir ein markerschütternder Summton in die Trommelfelle.
    Wieder oben angelangt öffnete Delilah die Tür mit einem Schlüssel, der an einer zierlichen Metallkette an ihrem Hals baumelte.
    Der Mann in der Zelle hatte sich ganz hinten auf seinem Bett zu einem Ball zusammengerollt. Er trug einen kanariengelben Overall, wiegte sich mitleiderregend und murmelte irgendetwas vor sich hin.
    »Essen«, sagte Delilah und stellte das Tablett auf der anderen Seite des Betts ab.
    Dann schloss sie die Tür und hakte das Kontrollkästchen neben dem Wort MAHLZEIT auf dem Klemmbrett ab, das am Knauf hing.
    Im nächsten Raum lehnte sich ein Mann mit olivfarbener Haut an die Wand und nagte an seinen Fingernägeln.
    »Haben Sie eine Decke oder so was?«, fragte er hastig. »Oh. Hallo«, fügte er hinzu, als er mich sah. Ich starrte ihn neugierig an.
    »Essen«, sagte Delilah nur wieder und legte das Tablett auf das Bett.
    Ein Wachmann ging vorbei und die Treppe hinunter.
    »Wo geht er hin?«, fragte ich Delilah.
    »Macht seine Runde. Sie kontrollieren die Gänge alle dreißig Minuten.«
    »Müsste es in einem Gefängnis nicht mehr Sicherheitsmaßnahmen geben?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nur eine kleine Haftanstalt. Nur ein paar Hafträume mit temporärer Belegung. Geringe Sicherheitsstufe. Das richtige Gefängnis ist in Charlotte.«
    Delilah hatte eine überaus nüchterne Art an sich.
    »Du hast hoffentlich einen starken Magen«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Weil es jetzt Zeit für die echte Putzarbeit ist.«
    Ich folgte ihr zu einem Lagerraum mit allerlei Vorräten. Bleichmittel. Handschuhe. Gefangenenuniformen. Handtücher. Ich dachte, sie wollte eine Decke für den Mann in der Zelle holen, aber das tat sie nicht. Stattdessen zog sie einen tiefen Wäschewagen mit einer Metallabdeckung hervor, und dann gingen wir zu der dritten belegten Zelle, der, in der der Soldat saß, der gerade seinen Prozess hinter sich hatte.
    Ich warf einen Blick auf das Klemmbrett. Dort stand in großen Lettern nur ein Wort: ABSCHLIESSEN .
    Für einen flüchtigen Moment dachte ich zurück an ein Gespräch, das ich mit Rebecca in der Reformschule geführt hatte. Sean hatte ihr erzählt, er hätte gehört, sie würden den Begriff abschließen bei Artikelverstößen nutzen. Zu der Zeit war ich noch naiv genug gewesen zu glauben, man hätte meine Mutter zur Resozialisierung geschickt.
    Kaum dass die

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