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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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hatten, wieder sicher Tritt fassten.
    Vor uns dehnte sich der FBR -Stützpunkt aus. Alle Gebäude waren in einem gleichförmigen, düsteren Grau gehalten. Einige hatten gedrungene Anbauten, andere waren schmal, alles Variationen des gleichen tödlichen Themas. Kleine, manikürte Rasenflächen grünten zwischen den Gebäuden, und weiße Gehwege führten von einem Eingang zum anderen. Das Gelände zog sich, eingerahmt von eben dem hohen Stahlzaun, den wir unten passiert hatten, meilenweit dahin. In der Ferne konnte ich den Fluss und das Krankenhaus sehen, bei dem wir den Wagen zurückgelassen hatten. Der Platz musste ganz in der Nähe sein, ebenso wie das Wayward Inn, wo sich die Widerstandskämpfer verschworen.
    Oh, das ist eine Information, die ich Wallace anbieten könnte. Ein Lageplan des Gefangenenlagers. Wie viele Wachen durch die Gänge streiften. Ein Grundriss des ganzen Stützpunkts. Bisher hatte ich daran gezweifelt, dass ich dem Widerstand von Nutzen sein könnte. Das tat ich nun nicht mehr.
    Eine kleine Flamme flackerte in meinem Inneren auf, ein Gefühl, beinahe nicht wiederzuerkennen.
    Hoffnung.
    Was, wenn ich tatsächlich eine Möglichkeit fände, Wallace das alles zu erzählen? Selbst wenn ich todgeweiht war, könnten diese Informationen andere retten. Unschuldige Menschen wie meine Mutter. Es bereitete mir physischen Schmerz, mir vorzustellen, dass die Informationen, die ich nun hatte, vielleicht dazu beitragen konnten, jemanden wie sie zu retten.
    Ich drehte mich um und sah die Überreste einer verlassenen Stadt. Vermutlich ein etwas abgelegener Vorort von Knoxville. Asphaltstraßen schlängelten sich zwischen Doppelhäusern und Apartmenthäusern hindurch. Aus der Ferne sahen die kleinen Gärten nicht nach Wildwuchs oder wucherndem Unkraut aus, und die beschmierten Wände und geborstenen Fenster waren zu weit weg, um sie klar zu erkennen.
    Ein altes Schild mit Treibstoffpreisen hoch oben am Horizont weckte meine Aufmerksamkeit. Eine Hauptstraße verlief über die linke Seite meines Blickfelds, führte in gerader Linie fort von mir.
    »Gehört das auch noch zum Stützpunkt?«, fragte ich.
    »Nein. Der Stützpunkt liegt vollständig auf dieser Seite. Der Teil der Stadt wurde evakuiert. Eine Rote Zone.«
    Ich fühlte, wie sich meine Brauen einander näherten.
    »Soll das heißen, wir sind im Moment gar nicht auf dem Stützpunkt?«
    »Bist ein schlaues Mädchen«, spottete sie.
    Aufregung ergriff Besitz von mir.
    »Kommen Sie oft hierher?«
    »Immer, wenn ich Müll abzuliefern habe.«
    Ich verzog das Gesicht angesichts dieses Vergleichs. »Und Sie sind nie auf die Idee gekommen, einfach weiterzugehen?«
    »Daran denke ich ständig.«
    »Und warum tun Sie es nicht?«
    Sie schaute mich aus müden Augen an.
    »Würde dort draußen irgendetwas auf mich warten, dann wäre ich längst fort.«
    Forschend sah sie mich an, schätzte ab, was ich im Sinn haben mochte. Wie es schien, waren meine Gedanken so durchsichtig wie ihre Augen.
    Beth war immer noch da draußen. Rebecca war in Gefahr. Wallace und der Widerstand konnten meine Hilfe brauchen, und wie könnte ich sie ihnen nach dem Mord an meiner Mutter verweigern? Es gab viel zu viele Leute wie mich, die keine Ahnung hatten, wie gefährlich die MM war, wie todbringend. Zu viele Menschen, die gestorben waren, während ihre Angehörigen immer noch hofften, eines Tages wieder mit ihnen vereint zu sein.
    Ich musste etwas tun, ganz gleich, wie gering es auch war. Irgendetwas. Für meine Mutter.
    Würde ich jetzt wegrennen, müsste Delilah keine zehn Schritte tun, um die Soldaten in der Wachstube herbeizuwinken. Aber Tucker hatte gesagt, ich hätte noch drei Tage bis zu meinem Prozess. Sollte es mir gelingen, mir genug Vertrauen zu verdienen, dass man mich allein hinausgehen ließe, dann konnte ich vielleicht fliehen.
    »Du willst nicht mit einer Kugel im Rücken enden, oder?« Eine Antwort erwartete sie gar nicht.
    Sie trottete den Hügel hinab. Und ich folgte ihr und legte mir einen Plan zurecht.

Den Rest des Nachmittags unterhielt sich Delilah nicht mehr mit mir. Als die Tagesschicht zu Ende ging, forderte sie mich auf, die Handtücher im Lagerraum zusammenzufalten, wobei sie sich gar keine Mühe gab, ihren Ärger darüber zu verbergen, dass man mich nicht wieder in eine Zelle verfrachtet hatte.
    Zu Beginn der Ausgangssperre ertönte ein Summton, und die Stromversorgung wurde auf einen Generator umgeschaltet. Es gab nicht viele, die das hören konnten; von der

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