Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
Gorfyddyd, der wohl verbittert darüber war, seine Tochter an einen Mann zu verlieren, der ihn besiegt und in der Schlacht verstümmelt hatte, schien sich über Ceinwyns Glück zu freuen. Und doch geschah es ausgerechnet an jenem glücklichen Abend, als der Friede endlich geschlossen war, daß Arthur Britannien der Vernichtung anheimgab.
Damals wußte das noch niemand. Auf die Übergabe der Verlobungsgeschenke folgten Sang und Trank. Wir sahen Gauklern zu, wir lauschten Gorfyddyds königlichem Barden und brüllten unsere eigenen Lieder. Einer unserer Männer vergaß Arthurs Ermahnung und begann Streit mit einem powysischen Krieger. Die beiden Betrunkenen wurden nach draußen gezerrt und mit Wasser übergossen, und eine halbe Stunde später lagen sie einander in den Armen und schworen sich ewige Freundschaft. Und irgendwann in diesen Stunden, als die Flammen hochschlugen und der Met reichlich floß, sah ich, daß Arthur angestrengt in den Hintergrund der Halle spähte, und da ich neugierig war, wollte ich sehen, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
Als ich mich umwandte, entdeckte ich eine junge Frau, die mit Kopf und Schultern über die Menge hinausragte und eine herausfordernde, trotzige Miene zur Schau trug. Wenn du mich beherrschen kannst, schien ihr Ausdruck zu sagen, kannst du alles beherrschen, was diese schlechte Welt dir bringen mag. Noch heute sehe ich sie vor mir, wie sie da stand, umringt von ihren Jagdhunden, denen die gleiche schmale, sehnige Gestalt eigen war, die gleiche lange Nase und die gleichen Jägeraugen wie ihrer Herrin. Grüne Augen hatte sie, mit einer Art grausamer Tiefe darin. Es war kein weiches Gesicht, genau wie auch ihr Körper nicht weich war. Sie war eine Frau mit kraftvollen Zügen und hohen Wangenknochen, und das ergab ein gutes Gesicht, ein ansehnliches Gesicht, aber es war hart, furchtbar hart. Schön wirkte sie vor allem durch ihr Haar und ihre Haltung, denn sie hielt sich so gerade wie ein Speer, und die Haare fielen ihr wie eine Kaskade von roten Locken um die Schultern. Das rote Haar machte ihre Erscheinung weicher, während ihr Lachen die Männer einfing, wie man Lachse in Weidenreusen fängt. Es hat viele schönere Frauen gegeben, und Tausende, die besser waren, doch seit Anbeginn der Welt hat es bestimmt nicht viele Frauen gegeben, die so unvergeßlich waren wie Guinevere, älteste Tochter von Leodegan, dem exilierten König von Henis Wyren.
Und es wäre besser gewesen, pflegte Merlin zu uns zu sagen, wenn sie gleich bei der Geburt ertränkt worden wäre.
Am folgenden Tag ging die königliche Gesellschaft auf die Jagd. Guineveres Hunde stellten einen Spießbock, einen Junghirsch ohne Geweih, doch wenn man hörte, wie Arthur die Hunde lobte, hätte man meinen können, sie hätten den wilden Hirsch von Dyfed persönlich gejagt.
Die Barden singen von Liebe, und Männer wie Frauen sehnen sich danach, doch niemand weiß, was Liebe ist, bis sie zuschlägt wie ein Speer aus dem Dunkeln. Arthur konnte den Blick nicht von Guinevere wenden, obwohl er es, das wissen die Götter, immer wieder versuchte. In den Tagen nach der Verlobungsfeier, die wir in Caer Sws verbrachten, ging und redete er mit Ceinwyn, aber er konnte es nicht abwarten, Guinevere wiederzusehen, und sie, die genau wußte, welch ein Spiel sie trieb, ließ ihn zappeln. Valerin, ihr Verlobter, war ebenfalls bei Hof, also spazierte sie Arm in Arm mit ihm herum, lachte und plauderte, um ganz plötzlich einen kurzen Seitenblick zu Arthur hinüberzuwerfen, für den dann auf einmal die Welt stehenzubleiben schien. Er verzehrte sich nach Guinevere.
Wäre alles anders verlaufen, wenn Bedwin dabeigewesen wäre? Ich glaube kaum. Nicht einmal Merlin hätte den Lauf der Dinge aufhalten können. Genauso hätte man versuchen können, den Regen in die Wolken zurückzuschicken, oder einem Fluß befehlen wollen, zur Quelle hinaufzufließen. Am zweiten Abend nach dem Fest kam Guinevere nach Einbruch der Dunkelheit in unsere Halle, und ich, der ich draußen Wache stand, hörte mit an, wie sie drinnen lachten und flüsterten. Die ganze Nacht redeten sie, und möglicherweise taten sie auch noch mehr als nur reden, davon weiß ich nichts, aber reden taten sie, und das weiß ich genau, denn ich stand draußen vor der Tür und konnte nicht anders als sie belauschen. Manchmal redeten sie so leise, daß ich nichts verstand, dann wieder hörte ich Arthur erklären und schmeicheln, gut zureden, bitten und drängen. Sie müssen von Liebe
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