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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zuschritt. Bis jetzt war Arthur als Friedensstifter aufgetreten, an jenem Abend aber wünschte er seinen zukünftigen Schwiegervater an seine Macht zu erinnern.
    Nur wenige Augenblicke später betrat auch Ceinwyn die Halle. Sie hatte sich seit unserer Ankunft in Caer Sws in den Frauengemächern aufgehalten, und dieses Versteckspiel verstärkte die gespannten Erwartungen all jener von uns, die Gorfyddyds Tochter noch nie gesehen hatten. Ich muß
    gestehen, daß die meisten von uns damit rechneten, von diesem Stern von Powys enttäuscht zu sein, aber sie glänzte wahrhaftig heller als jeder Stern. Als sie mit ihren Damen in die Halle kam, raubte ihr Anblick den versammelten Männern den Atem. Vor allem mir. Sie war so hellhäutig, wie es sonst eher bei den Sachsen vorkommt, aber bei Ceinwyn hatte sich diese Hellhäutigkeit in eine bleiche, zarte Lieblichkeit verwandelt. Sie wirkte sehr jung, mit scheuem Blick, hübschem Gesicht und zurückhaltendem Benehmen.
    Gekleidet war sie in ein Gewand aus Leinen, das mit Bienenwachs gelb gefärbt und an Halsausschnitt und Saum mit weißen Sternen bestickt worden war. Ihr Haar war golden und schien so hell zu schimmern wie Arthurs Rüstung. Sie war so schlank, daß Agravain, der neben mir auf dem Boden der Festhalle saß, zu mir sagte, sie tauge nicht zum Kinderkriegen. »Jedes normale Kind wird sterben, wenn es sich durch diese Hüften kämpft«, erklärte er säuerlich. Dennoch hatte ich Mitleid mit Ailleann, die sicher gehofft hatte, daß Arthurs Gemahlin nichts weiter als eine dynastische Notwendigkeit wäre.
    Der Mond segelte hoch über Caer Dolforwyns Gipfel dahin, als Ceinwyn gemessen und scheu auf Arthur zuschritt. In den Händen trug sie ein Halfter, ein Geschenk, das sie ihrem zukünftigen Gemahl zum Zeichen dafür brachte, daß sie aus der Gewalt ihres Vaters in die seine übergehen werde. Als sie es Arthur überreichte, fingerte er ungeschickt daran herum und hätte das Halfter fast fallen lassen, und das war eindeutig ein schlechtes Zeichen, aber alle, selbst Gorfyddyd, gingen lachend über den kleinen Zwischenfall hinweg. Dann wurden die beiden von Iorweth, dem Druiden von Powys, einander offiziell versprochen. Die Fackeln flackerten, als ihre Hände mit einer Kette aus verknotetem Gras verbunden wurden. Arthurs Gesicht war hinter dem silbergrauen Helm versteckt, doch Ceinwyn, die süße Ceinwyn, war ganz und gar von Freude erfüllt. Der Druide gab ihnen seinen Segen und beschwor Gwydion, den Gott des Lichts, und Aranrhod, die silberne Göttin der Morgendämmerung, als persönliche Schutzgötter der beiden und bat sie, ganz Britannien mit ihrem Frieden zu segnen. Ein Harfner spielte, Männer applaudierten, und Ceinwyn, die bezaubernde, silberne Ceinwyn, weinte und lachte vor lauter Freude in ihrer Seele. An jenem Abend verlor ich mein Herz an Ceinwyn. Genau wie viele andere Männer auch. Sie wirkte so glücklich, und das war kein Wunder, denn durch Arthur entging sie dem Alptraum aller Prinzessinnen, der darin besteht, aus Liebe zu ihrem Land heiraten zu müssen statt aus wahrer Herzensliebe. Wenn es gilt, eine Grenze zu sichern oder ein Bündnis zu schließen, wird eine Prinzessin zu jedem stinkenden, schlaffbäuchigen alten Bock gelegt, aber Ceinwyn hatte Arthur gefunden und sah in seiner Jugend und Liebenswürdigkeit zweifellos das Ende ihrer Befürchtungen.
    Auf dem Höhepunkt der Zeremonie traf Leodegan in der Halle ein, der exilierte König von Henis Wyren. Er war seit unserer Ankunft nicht mehr bei uns gewesen, sondern hatte sich in sein eigenes Haus nördlich von Caer Sws begeben. Nun stand er, begierig auf das große Bankett, das einer Verlobungsfeier jedesmal folgte, im Hintergrund der Halle und beteiligte sich an dem Beifall, der die Übergabe von Arthurs Gold und Silber begleitete. Darüber hinaus hatte Arthur von Dumnonias Kronrat Erlaubnis erhalten, Gorfyddyds Kriegsrüstung zurückzubringen, die er im Jahr zuvor erobert hatte, doch dieser Schatz war dem König im stillen übergeben worden, damit kein Anwesender an Powys' Niederlage erinnert wurde. Sobald die Geschenke überreicht waren, setzte Arthur den Helm ab und nahm neben Ceinwyn Platz. Er sprach mit ihr, beugte sich zu ihr hinüber, wie er es immer tat, so daß sie zweifellos das Gefühl hatte, für ihn der wichtigste Mensch der Welt zu sein, ein Gefühl, auf das sie wahrhaftig ein Recht hatte. Viele von uns in der Halle waren neidisch auf eine Liebe, die so perfekt zu sein schien, und selbst

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