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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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über Nacht ist er geblieben, so eilig hat er es gehabt.«
    »Wißt Ihr, wohin er wollte?« erkundigte ich mich.
    »Er wollte es nicht sagen, aber was meinst du, wohin er gegangen ist?« fragte Gudovan mit einem Anflug seiner alten Strenge. »Nimue suchen. Wenigstens vermute ich, daß er das vorhat, obwohl ich wirklich nicht weiß, warum er dieses törichte Mädchen suchen sollte. Er sollte sich eine Sklavin nehmen!« Er hielt inne, weil ihm auf einmal die Tränen in die Augen stiegen. »Wußtest du, daß Sebile tot ist?« fuhr er dann fort. »Die arme Frau. Sie wurde ermordet, Derfel! Ermordet!
    Die Kehle hat man ihr aufgeschlitzt. Kein Mensch weiß, wer es getan hat. Irgendein Durchreisender, nehme ich an. Die Welt geht vor die Hunde, Derfel, vor die Hunde!« Einen Moment lang schien er in Gedanken versunken zu sein, dann fand er den Faden wieder. »Merlin sollte sich eine Sklavin nehmen. Gegen eine willige Sklavin ist nichts zu sagen, und es gibt reichlich davon in der Stadt, die ihm gegen ein paar Münzen zu Willen sind. Ich gehe immer in das Haus neben Gwlyddyns alter Werkstatt. Da gibt es eine sehr nette Frau, obwohl wir uns heutzutage mehr unterhalten, als ins Bett zu steigen. Ich werde alt, Derfel.«
    »Ihr seht nicht alt aus. Und Merlin ist Nimue nicht suchen gegangen. Nimue ist hier.«
    Es donnerte wieder. Gudovan tastete nach einem kleinen Stück Eisen, das er zum Schutz gegen die bösen Mächte streichelte. »Nimue - hier?« fragte er verblüfft. »Aber wir hörten, daß sie auf der Insel ist.« Wieder berührte er das Eisen.
    »Das war sie auch«, antwortete ich knapp. »Aber jetzt ist sie es nicht mehr.«
    »Nimue…« Er sprach den Namen fast ungläubig aus. »Wird sie bleiben?«
    »Nein, wir ziehen alle noch heute nach Osten.«
    »Und laßt uns allein?« klagte er. »Mir fehlt Hywel.«
    »Mir auch.«
    Er seufzte. »Die Zeiten ändern sich, Derfel. Der Tor ist nicht mehr das, was er einmal war. Wir sind inzwischen alle alt geworden, und es gibt keine Kinder mehr. Sie fehlen mir, und der arme Druidan hat niemanden, den er jagen kann. Pellinore schimpft in die leere Luft, während Morgan völlig verbittert ist.«
    »War sie das nicht schon immer?« gab ich leichthin zurück.
    »Sie hat ihre Macht verloren«, erklärte er. »Nicht ihre Macht, Träume zu deuten oder Kranke zu heilen, sondern die Macht, die sie genoß, als Merlin noch hier war und Uther auf dem Thron saß. Das ärgert sie, Derfel, und sie ärgert sich auch über deine Nimue.« Er machte eine nachdenkliche Pause.
    »Besondes zornig war sie darüber, daß Guinevere Nimue holen ließ, um Sansum wegen dieser Kirche in Durnovaria zu bekämpfen. Morgan meint, man hätte sie holen müssen, doch wie wir hören, will Lady Guinevere nur noch schöne Menschen um sich haben, und wo bleibt da Morgan?« Er kicherte über die eigene Frage. »Aber sie ist noch immer eine starke Frau, Derfel, und besitzt den gleichen Ehrgeiz wie ihr Bruder, darum wird sie sich nicht damit zufriedengeben, die Träume der Bauern anzuhören und Kräuter zu mahlen, um das Milchfieber zu kurieren. Sie langweilt sich! So sehr, daß sie mit diesem unseligen Bischof Sansum aus dem Schrein Wurfbrett spielt. Warum haben sie den bloß nach Ynys Wydryn geschickt?«
    »Weil sie ihn in Durnovaria nicht mehr haben wollten. Kommt er wirklich her, um mit Morgan Wurfbrett zu spielen?«
    Gudovan nickte. »Er braucht intelligente Gesellschaft, sagt er, und sie habe den besten Verstand von Ynys Wydryn, und da muß ich ihm recht geben. Er predigt ihr natürlich endlosen Unsinn über eine Jungfrau, die einen Gott geboren hat, der an ein Kreuz genagelt wird, aber Morgan läßt das an ihrer Maske abprallen. Wenigstens hoffe ich, daß sie das tut.« Er hielt inne und trank aus einem Horn voll Met, in dem zappelnd eine Wespe ertrank. Als er das Horn absetzte, fische ich die Wespe heraus und zerdrückte sie auf dem Schreibtisch. »Das Christentum zieht immer mehr Menschen an, Derfel«, fuhr Gudovan fort. »Selbst Gwlyddyns Frau, diese nette Ralla, hat sich bekehren lassen, und das bedeutet höchstwahrscheinlich, daß Gwlyddyn und die beiden Kinder ihrem Beispiel folgen werden. Mir ist das gleichgültig, aber warum müssen die soviel singen?«
    »Mögt Ihr keinen Gesang?« neckte ich ihn.
    »Niemand liebt guten Gesang mehr als ich!« protestierte er nachdrücklich. »Uthers Kampfgesang oder Tasanis'
    Schlachtgesang, das nenne ich Gesang, nicht dieses Jammern und Klagen darüber, daß wir alle Sünder

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