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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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eine Handvoll Spinnweben, die sie mir auf die blutende Handfläche legte. »Das heilt schnell wieder«, behauptete sie leichthin. Sie wickelte ein Stück Tuch um ihre eigene Hand und kramte irgendwo ein wenig Brot und Käse hervor. »Hast du Hunger?« fragte sie mich.
    »Immer.«
    Wir aßen gemeinsam. Das Brot war trocken und hart, der Käse von Mäusen angeknabbert. Jedenfalls glaubte Nimue, daß es Mäuse gewesen waren. »Vielleicht haben auch die Fledermäuse reingebissen«, sagte sie. »Fressen Fledermäuse Käse?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich und zögerte. »War es eine zahme Fledermaus?« Ich meinte jene, die sie sich in die Haare gesetzt hatte. Natürlich hatte ich derartige Dinge schon öfter gesehen, doch weder Merlin noch seine Gehilfen und Gehilfinnen wollten darüber sprechen, ich nahm aber an, daß
    mir die seltsame Zeremonie mit den blutenden Händen Nimues Vertrauen verschafft hatte.
    Und so war es. Sie schüttelte den Kopf. »Das ist ein alter Trick, um die Dummen zu erschrecken«, sagte sie
    geringschätzig. »Ich habe ihn bei Merlin gelernt. Man fesselt die Beine der Fledermaus mit Falkenfußriemen und befestigt die Fußriemen dann in den eigenen Haaren.« Sie fuhr sich durch den schwarzen Schopf und lachte. »Und sogar Tanaburs habe ich einen Schreck eingejagt! Stell dir das vor!
    Ihm - einem Druiden!«
    Ich war keineswegs belustigt. Ich wollte an ihre Zauberkraft glauben, nicht aber einen schlauen Trick mit Falkenfußriemen erklärt bekommen. »Und die Schlangen?« erkundigte ich mich.
    »Die hält er in einem Korb. Ich mußte sie füttern.« Sie erschauerte und sah meine Enttäuschung. »Was ist?«
    »Sind das wirklich alles nur Tricks?« fragte ich sie. Sie krauste die Stirn und schwieg lange. Ich dachte schon, sie wollte überhaupt nicht antworten, aber schließlich erklärte sie es mir, und ich erkannte beim Zuhören, daß ich all jene Dinge hörte, die Merlin sie gelehrt hatte. Die Magie, berichtete sie, ereigne sich in jenen Momenten, da sich das Leben der Götter und der Menschen berühre, doch über diese Momente besitze der Mensch keine Kontrolle. »Ich kann nicht mit den Fingern schnalzen, damit sich der Raum mit Nebel füllt«, sagte sie,
    »aber ich habe so etwas schon erlebt. Ich kann die Toten nicht erwecken, aber Merlin sagt, er habe es schon mal beobachtet. Ich kann keinem Blitz befehlen, Gundleus zu töten, obwohl ich es wirklich gern tun würde, weil nur die Götter so etwas bewirken können. Aber es gab eine Zeit, Derfel, da konnten wir all diese Dinge tun, da lebten wir mit den Göttern, machten sie uns geneigt und konnten dann ihre Macht dazu benutzen, Britannien so zu gestalten, wie sie es wollten. Wir gehorchten ihnen, verstehst du, aber ihr Befehl war gleichzeitig unser Wunsch.« Sie legte die Hände aneinander, um ihre Worte zu unterstreichen, und zuckte zusammen, als der Schnitt in ihrer linken Hand unter dem Druck zu schmerzen begann. »Dann jedoch kamen die Römer«, sagte sie, »und brachen den Pakt.«
    »Aber warum?« unterbrach ich sie ungeduldig, da ich diesen Teil der Geschichte größtenteils schon kannte. Merlin erzählte uns ständig, wie Rom den Bund zwischen Britannien und seinen Göttern zerschlagen hatte, nie aber hatte er uns erklärt, warum das geschehen konnte, wo doch die Götter so mächtig waren. »Warum haben wir die Römer nicht besiegt?« fragte ich Nimue.
    »Weil die Götter es nicht wollten. Manche Götter sind böse, Derfel. Und außerdem sind nicht sie uns verpflichtet, sondern wir ihnen. Vielleicht hat es ihnen einfach gefallen. Aber vielleicht haben auch unsere Vorfahren den Pakt gebrochen, und die Götter bestraften sie, indem sie die Römer herschickten. Wir wissen es nicht, aber wir wissen, daß die Römer fort sind, und Merlin sagt, es besteht die Möglichkeit, eine ganz geringe Möglichkeit, Britannien wiederherzustellen.«
    Sie sprach mit leiser, eindringlicher Stimme. »Wir müssen das alte Britannien wiederherstellen, das echte Britannien, das Land der Götter und Menschen, und wenn wir das schaffen, Derfel, wenn wir das schaffen, werden wir die Macht der Götter wiedererlangen.«
    Ich wollte ihr glauben. Wie sehr wollte ich glauben, daß unser kurzes, von Krankheiten geplagtes und vom Tod verfolgtes Leben durch den Wohlwollen übernatürlicher, mit wunderbarer Macht begabter Wesen von neuer Hoffnung erfüllt werden konnte! »Aber ihr müßt mit Tricks arbeiten, ja?« fragte ich, ohne meine Enttäuschung zu

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