Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
war der Gott der Schmiedekunst. »Merlin hat es in Irland gefunden«, fuhr Owain fort, »wo das Schwert Cadalcholg hieß. Bei einem Traumwettbewerb hat er es einem Druiden abgewonnen. Die irischen Druiden sagen, wenn der Mann, der Cadalcholg trägt, in einer verzweifelten Lage ist, kann er das Schwert in den Erdboden stoßen, und Gofannon wird die Anderwelt verlassen und ihm zu Hilfe eilen.« Er schüttelte den Kopf - nicht etwa ungläubig, sondern staunend. »Warum wohl hat Merlin Arthur ein solches Geschenk gemacht?«
»Warum nicht?« entgegnete ich vorsichtig, denn ich spürte, daß Neid in Owains Frage lag.
»Weil Arthur nicht an die Götter glaubt«, antwortete Owain,
»deswegen. Er glaubt nicht mal an diesen Schlappschwanz von Gott, den die Christen anbeten. Soweit ich feststellen konnte, glaubt Arthur an gar nichts, höchstens an seine riesigen Schlachtrösser, und die Götter allein wissen, welchem irdischen Nutzen die dienen.«
»Sie wirken einschüchternd«, wandte ich ein, weil ich Arthur verteidigen wollte.
»O ja, einschüchternd«, stimmte Owain zu. »Aber nur, wenn man niemals zuvor eins gesehen hat. Dafür sind sie langsam, brauchen doppelt oder dreimal so viel Futter wie ein richtiges Pferd, zwei Pferdeknechte, ihre Hufe spalten sich wie warme Butter, wenn man ihnen nicht diese schweren Eisen an die Füße schnallt, und einen Schildwall angreifen wollen sie auch nicht.«
»Nein?«
»Das will kein Pferd«, bestätigte Owain verächtlich. »Wenn man standhält, wird jedes Pferd auf der Welt vor einer Reihe starrer Speere scheuen. Pferde sind nichts wert im Krieg, Junge. Sie können höchstens die Kundschafter sehr schnell sehr weit tragen.«
»Aber warum…«, begann ich.
»Weil es bei einer Schlacht darum geht, Junge«, kam Owain meiner Frage zuvor, »den Schildwall des Feindes zu durchbrechen. Alles andere ist einfach, und Arthurs Pferde können ganze Schlachtreihen in die Flucht schlagen, aber die Zeit wird kommen, da der Feind standhält, und dann mögen die Götter diesen Pferden helfen. Und mögen die Götter auch Arthur helfen, wenn er jemals von seinem riesigen Haufen Pferdefleisch fällt und in seiner Fischrüstung zu Fuß zu kämpfen versucht. Das einzige Metall, das ein Krieger braucht, ist sein Schwert und das Stück Eisen an der Spitze seines Speers, alles andere ist nichts als Ballast, Junge, nutzloser Ballast.« Er starrte in den Festungshof hinab, wo sich Ladwys an den Gitterzaun um Gundleus' Kerker klammerte. »Arthur wird nicht lange hierbleiben«, verkündete er zuversichtlich.
»Eine Niederlage, und er segelt nach Armorica zurück, wo sich die Leute von seinen großen Rössern, der Fischrüstung und dem prunkvollen Schwert beeindrucken lassen.« Er spie aus, und mir wurde klar, daß es trotz Owains ausdrücklich bekundeter Zuneigung zu Arthur noch etwas anderes gab, etwas, das tiefer ging als bloße Eifersucht. Owain wußte, daß
er einen Rivalen hatte, wartete aber vorerst einmal ab, und Arthur tat es ihm vermutlich gleich. Diese gegenseitige Abneigung machte mir Sorgen, denn ich mochte beide Männer. Owain lächelte über Ladwys' Kummer. »Sie ist ein treues Miststück, das muß man ihr lassen«, sagte der bullige Mann, »aber ich werde sie schon noch kleinkriegen. Ist das deine Frau?« Damit nickte er zu Lunete hinüber, die einen Ledereimer voll Wasser zu den Hütten der Krieger trug.
»Ja«, bekannte ich und errötete. Lunete war, wie mein jüngst sprießender Bart, ein Zeichen von Männlichkeit, und beide trug ich noch etwas unbeholfen. Lunete hatte sich entschieden, bei mir zu bleiben, statt mit Nimue zu dem zurückzukehren, was von Ynys Wydryn übriggeblieben war. Diese Entscheidung hatte Lunete allein getroffen, und ich fühlte mich im Hinblick auf unsere Beziehung immer noch unsicher, obwohl Lunete, was unser Zusammenleben betraf, von keinerlei Zweifeln geplagt zu werden schien. Sie hatte einen Winkel der Hütte mit Beschlag belegt, ihn ausgefegt, mit ein paar Weidenhürden abgegrenzt und sprach inzwischen offen über unsere gemeinsame Zukunft. Ich hatte gedacht, sie würde bei Nimue bleiben wollen, doch seit ihrer
Vergewaltigung war Nimue still und in sich gekehrt. Ja, richtig feindselig war sie geworden und redete mit keinem, es sei denn, um ein Gespräch abzuwehren. Morgan kümmerte sich um ihr Auge, und derselbe Goldschmied, der Morgans Maske geschaffen hatte, erbot sich, eine Goldkugel anzufertigen, die ihr den verlorenen Augapfel ersetzen sollte. Genau
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