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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Sarlinna mit leiser Stimme.
    »Nicht genug Feuer«, grollte ein Mann, der im Schatten saß, und die ganze Halle lachte.
    »Wieso hast du überlebt, Sarlinna?« fragte Arthur sie freundlich, nachdem sich das Gelächter gelegt hatte.
    »Ich hab' mich versteckt, Lord. Unter einem Fell.«
    Arthur lächelte. »Das hast du gut gemacht. Aber hast du auch den Mann gesehen, der deine Mutter und deinen Vater getötet hat?« Er hielt inne. »Und dein Kätzchen?«
    Sie nickte. In ihren Augen schimmerten Tränen. »Ich hab' ihn gesehen, Lord«, bestätigte sie leise.
    »Dann erzähl uns von ihm«, verlangte Arthur.
    Sarlinna, die ein kurzes graues Hemdkleid und einen schwarzwollenen Umhang trug, hob ihre dünnen Ärmchen und schob die Kleiderärmel zurück, so daß man ihre bleiche Haut sah. »Auf den Armen des Mannes waren Bilder, Lord, Bilder von einem Drachen. Und von einem Eber. Hier.« Sie zeigte ihm, wo auf ihren Armen die Tätowierungen gewesen wären, und sah dabei Owain an. »Und in seinem Bart hatte er Ringe«, ergänzte sie und verstummte. Aber sie brauchte nichts mehr zu sagen, denn nur ein einziger Krieger trug Ringe im Bart. Außerdem hatte jeder Anwesende Owains Arme gesehen, als er am Morgen den Speer in Wlencas Körper gestoßen hatte, und alle wußten, daß auf diese Arme Dumnonias Drache und sein eigenes Wahrzeichen, der Eber mit den langen Hauern, tätowiert waren.
    Es wurde still. Ein Holzscheit knackte im Feuer und schickte ein Rauchwölkchen in die Dachsparren hinauf. Ein Windstoß
    trieb trommelnden Schneeregen auf das Strohdach und ließ
    die Binsenfackeln flackern, die überall in der Halle verteilt waren. Agricola untersuchte den silbernen Ständer seines Trinkhorns, als hätte er so etwas noch nie gesehen. Irgendwo in der Halle rülpste ein Mann, und dieses Geräusch schien Owain zu veranlassen, den schweren, zottigen Schädel zu drehen und dem Kind ins Gesicht zu starren. »Sie lügt«, behauptete er rauh, »und Kinder, die lügen, sollten blutig geprügelt werden.«
    Sarlinna begann zu weinen und barg ihr Gesicht in den nassen Falten von Tristans Mantel. Bischof Bedwin runzelte die Stirn. »Es trifft doch zu, Owain, daß Ihr Fürst Cadwy im Spätsommer einen Besuch abgestattet habt, nicht wahr?«
    »Na und?« fuhr Owain auf. »Na und?« brüllte er abermals, diesmal als Herausforderung an die ganze Versammlung.
    »Hier sind meine Krieger!« Er deutete auf uns, die wir auf der rechten Seite der Halle zusammensaßen. »Fragt sie doch!
    Fragt sie! Dieses Kind lügt! Bei meinem Eid, Lord, sie lügt!«
    Auf einmal herrschte Aufruhr in der Halle, und viele Männer spien Tristan trotzig an. Sarlinna weinte so heftig, daß der Prinz sich bückte, sie auf seine Arme hob und sie tröstete, während Bedwin bemüht war, die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Wenn Owain auf seinen Eid schwört«, rief der Bischof, »dann lügt das Kind.« Grollend stimmten ihm die Krieger zu.
    Mir fiel auf, daß Arthur mich beobachtete. Ich blickte auf meine Holzschale mit Wildbret.
    Bischof Bedwin wünschte, er hätte das Kind nicht in die Halle holen lassen. Er fuhr sich mit den Fingern durch den Bart; dann schüttelte er mißmutig den Kopf. »Das Wort eines Kindes hat vor dem Gesetz kein Gewicht«, erklärte er vorwurfsvoll. »Ein Kind gehört nicht zu den Sprechenden.« Die Sprechenden waren die neun Zeugen, deren Wort vor dem Gesetz als wahr galten: ein Lord, ein Druide, ein Priester, ein Vater, der von seinen Kindern spricht, ein Beamter, ein Schenker, der von seinen Geschenken spricht, eine Jungfer, die von ihrer Jungfräulichkeit spricht, ein Hirte, der von seinen Tieren spricht, und ein Verurteilter, der die letzten Worte spricht. Nirgendwo auf dieser Liste wurde ein Kind erwähnt, das von dem Massaker an seiner Familie spricht. »Lord Owain«, wandte sich Bischof Bedwin an Tristan, »ist ein Sprechender.«
    Tristan war bleich, aber er gab nicht nach. »Ich glaube dem Kind«, erklärte er. »Morgen nach Sonnenaufgang werde ich mir Dumnonias Antwort holen. Und wenn diese Antwort Kernow nicht Gerechtigkeit widerfahren läßt, wird mein Vater die Gerechtigkeit selbst in die Hand nehmen.«
    »Was ist los mit Eurem Vater?« höhnte Owain. »Hat wohl das Interesse an seiner letzten Frau verloren, eh? Und will sich statt dessen in der Schlacht besiegen lassen, was?«
    Von Gelächter begleitet, verließ Tristan die Halle - einem Gelächter, das lauter wurde, als sich die Männer vorzustellen versuchten, wie das

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