Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
winzige Kernow dein mächtigen Dumnonia den Krieg erklärte. Ich selbst stimmte nicht in das Gelächter ein, sondern aß mein Fleisch und redete mir ein, daß ich etwas essen müsse, wenn ich mich während meiner Wachrunde warm halten wollte, die nach Ende des Festmahls begann. Und da ich auch keinen Met trank, war ich noch immer nüchtern, als ich mir Mantel, Speer, Schwert und Helm holte und mich zum Nordwall begab. Der Schneeregen hatte aufgehört, die dahinjagenden Wolken gaben einen
    strahlenden Halbmond frei, der inmitten des
    Sternenschimmers dahinsegelte, obwohl sich im Westen über dem Severn-Meer schon wieder neue Wolken auftürmten. Mich fröstelte, während ich auf dem Wall auf und ab ging. Wo mich Arthur antraf.
    Ich hatte gewußt, daß er kommen würde. Ich hatte gewollt, daß er käme, und dennoch empfand ich Furcht vor ihm, als ich zusah, wie er den Burghof überquerte und die kurze Holztreppe erklomm, die zu dem niedrigen Wall aus Erde und Steinen hinaufführte. Anfangs sagte er nichts, sondern lehnte sich nur an die Holzpfähle und starrte auf die fernen Feuer, die Ynys Wydryn beleuchteten. Er trug seinen weißen Mantel, den er gerafft hatte, damit der Saum nicht durch den Morast schleifte. Die Zipfel hatte er oberhalb seiner kreuzweise verzierten Schwertscheide um die Taille geknotet. »Ich werde dich nicht fragen«, sagte er endlich, seinem Atem nachschauend, der in der Nachtluft ein Wölkchen bildete,
    »was auf dem Moor geschehen ist, denn ich will keinen Mann, vor allem keinen Mann, den ich mag, dazu auffordern, einen Todesschwur zu brechen.«
    »Ja, Lord«, gab ich zurück und fragte mich, woher er wußte, daß wir uns in jener finsteren Nacht mit einem Todeseid gebunden hatten.
    »Dann wollen wir lieber ein bißchen Spazierengehen.«
    Lächelnd sah er mich an und deutete auf die Wälle. »Ein Wachtposten, der in Bewegung bleibt, hält sich warm«, sagte er. »Wie ich hörte, bist du ein guter Soldat geworden.«
    »Ich gebe mir Mühe, Lord.«
    »Und offenbar mit Erfolg. Gut gemacht.« Er verstummte, weil wir an einem meiner Kameraden vorüberkamen, der
    zusammengekauert an der Pfahlwand hockte. Als ich an seinem Platz vorbeiging, las ich in seiner Miene die Besorgnis, ich könnte Owains Truppe verraten. Arthur schob sich die Kapuze aus dem Gesicht. Er hatte einen weitausholenden, energischen Gang, und ich mußte mich sputen, wenn ich mit ihm Schritt halten wollte. »Was, meinst du, ist die Aufgabe eines Soldaten, Derfel?« fragte er mich in seiner vertraulichen Art, durch die man das Gefühl bekam, daß er sich für nichts auf der Welt so sehr interessiere wie für seinen Gesprächspartner.

»Schlachten zu schlagen, Lord«, antwortete ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Schlachten zu schlagen, Derfel«, korrigierte er mich, »für Menschen, die nicht selbst kämpfen können. Das habe ich in Armorica gelernt. Diese elende Welt ist voll schwacher Menschen, machtloser Menschen, hungernder Menschen, trauriger Menschen, kranker Menschen, armer Menschen, und es ist das Leichteste von der Welt, die Schwachen zu verachten, vor allem, wenn man selbst Soldat ist. Wenn man ein Krieger ist und die Tochter eines Mannes begehrt, wird man sie sich einfach nehmen; begehrt man sein Land, wird man es sich ganz einfach nehmen; schließlich ist man ja Soldat und hat einen Speer und ein Schwert, während der andere nur ein armer, schwacher Mann ist, mit einem zerbrochenen Pflug und einem kranken Ochsen, was also sollte einen hindern?« Er erwartete keine Antwort auf seine Frage, sondern ging schweigend weiter. Wir hatten das westliche Tor erreicht. Die Stufen aus gespaltenen Baumstämmen, die auf die Plattform über dem Tor führten, waren schon wieder weiß vor Rauhreif. Seite an Seite stiegen wir sie empor. »In Wirklichkeit, Derfel«, fuhr Arthur fort, als wir die Plattform erreicht hatten, »sind wir Soldaten, weil uns der Schwache zu Soldaten macht. Er baut das Getreide an, von dem wir leben, er gerbt das Leder, das uns schützt, er fällt die Eschenbäume, aus denen unsere Speerschäfte geschnitzt werden. Wir schulden ihm unseren Dienst.«
    »Ja, Lord«, sagte ich und starrte mit ihm aufs weite, flache Land hinaus. Es war nicht so kalt wie in der Nacht, als Mordred geboren wurde, aber es war dennoch bitterkalt, und der Wind machte es noch schlimmer.
    »Alles hat einen Sinn«, sagte Arthur, »auch der
    Soldatenberuf.« Dabei lächelte er mich an, als wollte er sich für seinen tiefen Ernst entschuldigen. Aber

Weitere Kostenlose Bücher