Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
behauptete Nimue.
Merlin beachtete sie nicht. »Wer ist hier der König?« fragte er mich.
»Mordred, natürlich.«
»Natürlich«, wiederholte er. »Mordred!« Er spie in Nimues Richtung.
»Mordred!«
Sie wandte sich ab, als langweilte er sie. Ich war verwirrt, begriff nicht im geringsten, was diese Diskussion sollte, und hatte auch keine Gelegenheit, danach zu fragen, weil die beiden Kinder wieder durch die verhangene Türöffnung kamen, um uns noch mehr Brot und Käse zu bringen. Als sie die Teller auf den Boden setzten, nahm ich eine Andeutung von Meeresgeruch wahr, denselben Duft nach Salz und Tang, der die nackte Erscheinung begleitet hatte, doch dann verschwanden die Kinder wieder durch den Vorhang, und mit ihnen war auch der Geruch verschwunden.
»Also«, wandte sich Merlin mir mit der zufriedenen Miene eines Mannes zu, der bei einer Diskussion gewonnen hat, »hat Mordred Kinder?«
»Mehrere, vermutlich«, antwortete ich. »Der hat doch ständig Mädchen vergewaltigt.«
»Wie es die Art der Könige ist«, bestätigte Merlin obenhin, »und der Prinzen. Hast du Mädchen vergewaltigt, Gawain?«
»Nein, Herr.« Die Frage schien Gawain zu schockieren.
»Mordred war schon immer ein Vergewaltiger«, sagte Merlin. »Darin kommt er nach seinem Vater und seinem Großvater, obwohl ich sagen muß, daß sie beide sehr viel sanfter waren als der junge Mordred. Uther konnte niemals einem hübschen Lärvchen widerstehen. Oder auch einem häßlichen, wenn er in der entsprechenden Laune war. Arthur dagegen neigte nie zu Vergewaltigungen. Darin ist er wie du, Gawain.«
»Freut mich zu hören«, sagte Gawain, und Merlin verdrehte in gespielter Verzweiflung die Augen.
»Was wird Arthur also mit Mordred machen?« wandte der Druide sich wieder an mich.
»Er wird hier gefangengehalten werden, Lord«, sagte ich mit einer Geste, die den Palast umfaßte.
»Gefangengehalten!« Merlin schien belustigt zu sein. »Guinevere eingesperrt, Bischof Sansum hinter Gittern, wenn es so weitergeht, werden bald alle Menschen in Arthurs Leben gefangengehalten werden!
Wir werden alle von Wasser und verschimmeltem Brot leben müssen. Wie töricht dieser Arthur doch ist! Das Hirn aus dem Schädel prügeln sollte er Mordred!« Mordred war noch ein Kind gewesen, als er den Thron erbte, und während der Junge heranwuchs, hatte Arthur die königliche Macht ausgeübt; doch als Mordred großjährig wurde und Arthur getreu dem Versprechen, das er Großkönig Uther gegeben hatte, Mordred das Königreich übergab, hatte Mordred diese Macht mißbraucht und sogar Arthurs Tod geplant. Diese Verschwörung hatte Sansum und Lancelot in ihrem Aufstand bestärkt. Jetzt sollte Mordred gefangengehalten werden, obwohl Arthur fest entschlossen war, Dumnonias rechtmäßigen König, in dessen Adern das Blut der Götter floß, mit allen Ehren behandeln zu lassen. Nur Macht sollte ihm nicht wieder zugestanden werden. Er sollte in diesem schönen Palast unter Bewachung leben, jeden Luxus erhalten, den er sich wünschte, aber nie mehr Unruhe stiften können. »Du meinst also«, fragte mich Merlin,
»daß Mordred Kinder hat?«
»Dutzende, denke ich.«
»Falls du überhaupt jemals denkst«, fuhr Merlin mich an. »Nenn mir einen Namen, Derfel! Nenn mir einen einzigen Namen!«
Ich überlegte einen Moment. Ich kannte Mordreds Sündenregister besser als jeder andere, denn ich war während der Kinderzeit sein Vormund gewesen, eine Aufgabe, die ich ebenso zögernd wie unzulänglich erfüllt hatte. Es war mir nie gelungen, ihm den Vater zu ersetzen, und obwohl sich Ceinwyn große Mühe gegeben hatte, ihm eine Mutter zu sein, hatte auch sie versagt. Der unglückselige Knabe war zu einem mürrischen und bösartigen Mann herangewachsen. »Es gab da mal eine junge Dienerin«, sagte ich. »Mit der war er ziemlich lange zusammen.«
»Ihr Name?« verlangte Merlin, den Mund voll Käse.
»Cywyllog.«
»Cywyllog!« Der Name schien ihn zu belustigen. »Und du sagst, er habe dieser Cywyllog ein Kind gemacht?«
»Einen Knaben«, bestätigte ich. »Falls er von ihm war, was aber vermutlich doch so ist.«
»Und diese Cywyllog«, fuhr er messerwedelnd fort, »wo könnte die sich jetzt aufhalten?«
»Vermutlich irgendwo in der Nähe«, antwortete ich. »Sie ist jedenfalls nicht mit uns in Ermids Halle umgezogen, und Ceinwyn hat eigentlich immer vermutet, daß Mordred ihr Geld gegeben hat.«
»War er ihr zugetan?«
»Ich glaube schon, ja.«
»Wie beruhigend zu wissen, daß
Weitere Kostenlose Bücher