Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
selbst aber stimmte nicht mit ein, weil mir das Herz von bösen Vorahnungen schwer war. Ich wußte genau, was uns bevorstand. Eine Zeitlang würden wir im Schildwall kämpfen, dann aber würden die Sachsen durch die schwachen Dornenbarrikaden an unseren Flanken brechen, ihre Speere würden von hinten kommen, und wir würden Mann um Mann niedergemacht werden, während der Feind unseren Tod verhöhnte. Die letzten von uns, die starben, würden zusehen, wie die ersten unserer Frauen vergewaltigt wurden, und dennoch konnten wir nichts tun, um sie davor zu bewahren; also sangen die Speerkämpfer, und einige Männer tanzten dort, wo es auf der Wallkrone keine Dornenbarrikade gab, den uralten Schwerttanz. Wir hatten die Mitte des Festungswalls frei von Dornen gelassen, weil wir die leise Hoffnung hegten, das könne den Feind veranlassen, eher gegen unsere Speere anzurennen, als uns an unseren recht schwachen Flanken zu umgehen. Die Sachsen überquerten die letzten Hecken und begannen den langen Anstieg den leergefegten Hang hinauf. Ihre besten Männer gingen in der ersten Reihe, und mir fiel auf, wie fest ihre Schilde ineinander verkeilt waren, wie dicht ihre Speere standen und wie blank ihre Äxte schimmerten. Von Lancelots Männern war nichts zu sehen; wie es schien, wollte er dieses Schlachtfest allein den Sachsen überlassen. Magier tanzten ihnen voraus, Widderhörner spornten sie an, und über ihnen hingen grausig die blutigen Schädel ihrer Könige. Einige Männer in der ersten Reihe hielten Kampfhunde an der Leine, die dann wenige Meter vor unseren Linien losgelassen werden würden. Mein Vater befand sich ebenfalls in der ersten Reihe, während Cerdic zu Pferde hinter der Sachsenhorde einherritt.
Sie kamen sehr langsam. Der Hügel war steil, die Rüstungen schwer, und außerdem hatten sie es nicht eilig, in diese Schlacht zu marschieren. Sie wußten, daß es eine blutige Schlacht werden würde, und sei sie auch noch so kurz. Sie würden als eine schildbewehrte Schlachtreihe kommen, aber sobald sie unseren Wall erreichten, würden unsere Schilde aufeinandertreffen, und dann würden sie versuchen, uns zurückzudrücken. Ihre Äxte würden über unseren Schildrändern blitzen, ihre Speere würden zustoßen und ihren blutigen Zoll fordern. Es würde Heulen und Schreien geben, Männer, die vor Schmerzen jammerten, und Männer, die starben, aber der Feind verfügte über die größere Anzahl von Kriegern, also würde er uns schließlich an den Flanken umgehen, und meine Wolfsruten würden sterben.
Vorerst aber versuchten meine Wolfsruten den rauhen Klang der Hörner und das unablässige Dröhnen der Trommeln mit ihrem Gesang zu übertönen. Die Sachsen kamen keuchend näher. Jetzt konnten wir die Zeichen auf ihren Rundschilden erkennen: Wolfsmasken für Cerdics Männer, Stiere für Aelles und dazwischen die Schilde ihrer Kriegsherren
– Falken, Adler und ein steigendes Roß. Die Hunde zerrten an ihren Leinen, begierig darauf, Löcher in unseren Schildwall zu reißen. Die Magier kreischten uns an. Einer von ihnen rasselte mit einem Bündel Rippenknochen, während ein anderer auf allen vieren kroch wie ein Hund und uns seine Flüche entgegenschleuderte.
Ich wartete an der Südspitze des Festungswalles, die wie ein Schiffsbug über das Tal hinausragte, denn hierher, in die Mitte, würde der erste Vorstoß der Sachsen zielen. Ich hatte mit der Idee gespielt, sie einfach kommen zu lassen, um dann, im allerletzten Augenblick, sehr schnell zurückzuweichen und einen Schildring um unsere Frauen zu bilden. Doch wenn ich zurückwich, machte ich die flache Hügelkuppe zum Schlachtfeld und verzichtete auf den Vorteil des höheren Geländes. Es war besser, meine Männer so viele Feinde wie möglich töten zu lassen, bevor wir überwältigt wurden.
Ich versuchte, nicht an Ceinwyn zu denken. Ich hatte weder ihr noch meinen Töchtern einen Abschiedskuß gegeben, und möglicherweise würden sie überleben. Vielleicht würde einer von Aelles Speerkämpfern inmitten all des Schreckens den kleinen Ring erkennen und sie heil zu seinem König bringen.
Meine Männer begannen mit den Speeren auf ihre Schilde zu schlagen. Noch brauchten sie die Schilde nicht zum Schildwall zu schließen. Das hatte Zeit bis zum letzten Moment. Als der Lärm an ihre Ohren drang, blickten die Sachsen zu uns herauf. Keiner von ihnen lief nach vorn, um einen Speer zu werfen – dafür war der Hang zu steil –, doch einer von ihren Kampfhunden zerriß seine
Weitere Kostenlose Bücher