Ascalon – Das magische Pferd, Band 1: Ascalon – Das magische Pferd. Die Wächter des Schicksals (German Edition)
Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber Ascalon kam ihr zuvor. So rasch, dass Muriel nicht reagieren konnte, schnellte er vor und schnappte nach Vivien.
»Ma-ma!« Kreischend rettete sich die Sechsjährige auf den Strohballen und presste den Rücken fest an die Wand. Blass, die Augen vor Schreck geweitet, starrte sie Ascalon an, als sei er ein leibhaftiger Dämon. Von der Bewunderung, mit der sie ihn eben noch angesehen hatte, war nichts geblieben.
»Nimm ihn weg, Mama!«, kreischte sie außer sich vor Angst. »Nimm ihn weg! Nimm ihn weg!«
»Muriel!« Renata Vollmer sprang auf, schloss die schluchzende Vivien in die Arme und blickte Muriel tadelnd an. »Kannst du denn nicht aufpassen? Du weißt doch, wie sensibel er ist. Das hätte böse enden können. Führ Ascalon sofort zurück in die Mitte der Halle.«
»Er ist ein Teufel!« Vivien schniefte, wischte die Tränen fort und warf Muriel über die Schulter ihrer Mutter hinweg einen vernichtenden Blick zu. »Ich hasse ihn.«
Muriel sagte nichts. Es war ihr ziemlich schnuppe, wen oder was Vivien gerade zu hassen glaubte. Meistens hatte sich das am nächsten Tag sowieso schon wieder geändert.
Sie beschäftigte etwas anderes.
Ascalon hatte genau in dem Augenblick nach Vivien geschnappt, als sie sich gewünscht hatte, dass sie verschwinden möge.
Ein Zufall? Oder nicht?
Während sie Ascalon zurück in die Halle führte, sah sie, wie Vivien aus der Halle lief.
Erleichtert nahm sie das Longieren wieder auf.
Ascalon lief die Zirkel, als sei nichts geschehen, aber Muriel ging der Vorfall nicht aus dem Kopf. Sie war überzeugt, dass Ascalon ihre Gedanken gelesen hatte, und nahm sich vor von nun an sorgfältig auf Hinweise zu achten, die diesen Verdacht bestätigten.
An diesem Wochenende wich Muriel nicht von Ascalons Seite. Nadine war zu einer Taufe bei Verwandten eingeladen und so konnte sie sich guten Gewissens der neuen Aufgabe widmen, ohne ihrer Freundin absagen zu müssen.
Am Samstagmorgen stand sie vor allen anderen auf und lief in den Stall, um nach Ascalon zu sehen. Für das anschließende gemeinsame Frühstück mit der Familie hatte sie kaum Zeit, denn sie hatte sich in den Kopf gesetzt, einen kleinen Trialparcours in der Halle aufzubauen, um Ascalon ein wenig Abwechslung zu bieten.
Der Tag verging wie im Flug. Am Abend fiel sie glücklich und erschöpft ins Bett und konnte es gar nicht erwarten, am nächsten Morgen weiterzumachen.
»Traust du dir schon zu, mit Ascalon spazieren zu gehen?« Die Frage ihrer Mutter am sonntäglichen Frühstückstisch kam so überraschend, dass Muriel sich an ihrem Orangensaft verschluckte.
»Klar«, presste sie zwischen zwei Hustenanfällen hervor.
»Na, dann ist ja alles bestens!« Renata Vollmer lächelte und schaute zum Fenster hinaus. »Das Wetter ist so herrlich, da wäre es geradezu Tierquälerei, mit Ascalon in der Halle zu arbeiten. Außerdem habe ich in den vergangenen zwei Tagen den Eindruck gewonnen, dass du mit ihm wunderbar harmonierst.« Sie blickte Muriel anerkennend an. »Ehrlich. Das machst du wirklich gut. Ich bin schon sehr gespannt, wie er sich draußen verhält.«
»Und wer fährt mich zum Punktspiel?«, mischte sich Mirko etwas genervt in das mal wieder sehr pferdelastige Gespräch ein.
»Mi chico, ich natürlich!« Teresa grinste und strich Mirko mütterlich über das dunkle Haar. »Glaubst du wirklich, ich lasse es mir entgehen zu sehen, wie der zukünftige Libero der deutschen Nationalmannschaft den Aufstieg in die Kreisliga schafft?«
»Teresa, du bist wirklich eine Perle.« Renata Vollmer lachte. »Ich wüsste nicht, wie ich den dreien ohne dich gerecht werden könnte.«
»Du meinst wohl mir.« Mirko schnitt eine Grimasse. »Muriel und Vivien haben ja ihre Pferde.« Er seufzte. »Wenn Paps eine normale Arbeit hätte, wäre das alles kein Problem.«
»Ich weiß, dass du ihn vermisst«, sagte Renata Vollmer mitfühlend. »Wir vermissen ihn alle. Aber es geht nun mal nicht immer danach, was man sich wünscht.«
»Sí, Señora.« Teresa nickte und fügte zu Mirko gewandt hinzu: »Deine Mutter hat recht. Der Job in Mexiko ist eine große Herausforderung für deinen Vater. Ihr könnt wirklich stolz auf ihn sein.« Sie stand auf und ging an den Kühlschank, um eine Saftflasche zu holen. »Dios mío!«, rief sie mit einem Blick auf die Küchenuhr aus. »Es ist gleich zehn Uhr! Wenn du rechtzeitig auf dem Platz sein willst, musst du dich jetzt aber wirklich beeilen. Rápido! In zehn Minuten
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