Ascalon – Das magische Pferd, Band 2: Ascalon – Das magische Pferd. Das Geheimnis der Maya (German Edition)
Kleidung zu versorgen und ihr die Regeln dieser Schule zu erklären. Vielleicht beginnt ihr zunächst mit dem Einfachsten und lasst sie an eurer Mahlzeit teilhaben, denn sie ist sehr hungrig.«
Einige Mädchen nickten, andere lächelten Muriel zu und wieder andere starrten sie einfach nur an. Muriel wand sich innerlich. Es war fast wie damals, als sie auf den Birkenhof gezogen waren und sie das erste Mal in Willenberg vor der neuen Klasse stand. Heute wie damals fühlte sie sich wie auf dem Präsentierteller und hätte sich am liebsten irgendwohin verdrückt. Die Blicke der Mädchen bereiteten ihr Unbehagen, und wenn auch die meisten freundlich oder neugierig schauten, bemerkte sie mindestens eine, die sie mit finsterem Blick aus zusammengekniffenen Augen musterte.
Muriel kannte diesen Blick nur zu gut.
Am Willenberger Gymnasium hatte sie auch jemand so angesehen, als die Lehrerin sie an ihrem ersten Tag der Klasse vorgestellt hatte. Jessica hieß das Mädchen, das ihr das Leben in der Klasse schwer gemacht hatte. Sie war die verzogene Tochter eines wohlhabenden Unternehmers und hatte jeden spüren lassen, dass sie sich für etwas Besseres hielt.
Jessica war ein Jahr später auf ein Internat gewechselt – was wohl das Beste für alle gewesen war. Sie war nie Muriels Freundin geworden und auch dieses Mädchen hier würde es vermutlich nicht werden. Einer plötzlichen Eingebung folgend, erwiderte Muriel den Blick und lächelte dem fremden Mädchen freundlich zu. Es war ein Versuch, ein stummes Freundschaftsangebot. Immerhin kannte sie das Mädchen nicht und wollte ihr eine Chance geben.
Die Reaktion darauf hätte von Jessica stammen können. Statt das Lächeln zu erwidern, reckte das Mädchen nur das Kinn etwas in die Höhe, verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich ab.
Muriel nickte unmerklich. Sie hatte nichts anderes erwartet.
»Mucen, du kannst dich hier zu mir setzen!«
Im ersten Moment begriff Muriel nicht, dass sie gemeint war. Der Name, den sie sich selbst gegeben hatte, war ihr noch zu fremd. Etwas verwirrt blickte sie das zierliche schwarzhaarige Mädchen mit der für die Maya typischen nussbraunen Hautfarbe an, das ihr von einem der hinteren Tische aus zuwinkte.
Die Oberste Priesterin deutete Muriels Zögern offenbar als Schüchternheit. »Geh nur. Du darfst dich gern zu ihr setzen«, sagte sie aufmunternd und deutete auf den freien Platz. »Chila ist sehr nett, sie wird dich in allem unterweisen, was du wissen musst.«
Muriel nickte und ging langsam auf das Mädchen zu. Es wäre ihr lieber gewesen, Chila hätte an einem der vorderen Tische gesessen. Sie konnte spüren, wie ihr die Blicke der angehenden Priesterinnen folgten, als sie durch die Reihen ging, und stellte voller Unbehagen fest, dass ihr Weg direkt an dem Mädchen vorbeiführte, das sie zuvor so verächtlich angesehen hatte.
Es hat ganz den Anschein, als ob sie auf etwas … Muriel zuckte zusammen, weil sie etwas Kühles und Feuchtes unter ihrem Fuß spürte. Sie blieb stehen und blickte zu Boden, wo zwischen ihren Zehen rote Tomatenmasse hindurchquoll.
»Nein, so etwas aber auch!« Das unsympathische Mädchen blickte zu ihr auf und grinste schadenfroh. »Da hat wohl jemand nicht bemerkt, dass eine Tomate vom Tisch gerollt ist.«
Alle lachten.
Muriel sagte nichts. Daheim hätte sie sich das nicht gefallen lassen, hier aber war Vorsicht angebracht. So schluckte sie ihren Ärger hinunter und befreite ihren Fuß von den Überresten der Tomate.
»Was ist da los?«, hörte sie Ixchel ausrufen.
»Eine Tomate ist zu Boden gefallen!«, rief eines der Mädchen. »Und Mucen ist draufgetreten.«
»Eine Tomate?« Die Stimme der Obersten Priesterin nahm einen scharfen Tonfall an. Ihr strenger Blick schweifte durch den Saal. »Wer hat das zu verantworten?«
Niemand antwortete.
»Raus mit der Sprache«, forderte die Priesterin. Eine zornige Ungeduld schwang in den Worten mit, als sie hinzufügte: »Oder wollt ihr etwa alle bestraft werden?«
Bestraft? Alle? Muriel konnte nicht glauben, was sie da hörte. Jetzt lachte niemand mehr. Einige Mädchen blickten betroffen, andere ängstlich drein, während ihre Blicke so eifrig umherhuschten, als hofften sie, dass sich die Schuldige zu erkennen geben würde.
»Ich warte!« Ixchel verschränkte die Arme vor der Brust. »Ihr wisst ja, es sind genug metlatl* für alle da.«
Einige Mädchen keuchten auf. Was immer ein metlatl war, war offensichtlich nicht sehr beliebt. Muriel war die
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