Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
zu kommen, ließ ihr Herz höher schlagen. Die Stimme der Vernunft, die ihr zuflüsterte, dass der Mann das noch selbst erfunden haben könnte, ignorierte sie einfach. Wenn es so kam, wäre sie viel schneller am Ziel, als sie es sich erträumt hatte.
»Ja, wirklich.« Der Earl schmunzelte. »Nun, wie ist es?«, fragte er. »Willst du mich begleiten?«
Muriel zögerte. Sie wusste, dass sie die Folgen ihres Entschlusses allein würde tragen müssen. Hier gab es niemanden, der ihr helfen konnte, wenn das eine Falle war. In Bruchteilen von Sekunden wog sie das Für und Wider gegeneinander ab. Dann nickte sie.
Schweigend folgte sie dem Edelmann über die sanft ansteigenden Straßen hinauf zur Burg. Bei jeder neuen Straße, in die er einbog, vergewisserte sie sich zunächst, dass sie auch in die richtige Richtung führte, und immer wieder prägte sie sich markante Häuser oder andere Hinweise ein, die ihr, falls eine Flucht nötig sein sollte, den Rückweg weisen würden. Ihre Vorsicht erwies sich jedoch als unbegründet. Der Earl, dem ihr Zögern nicht entgangen sein konnte, schien keine finsteren Absichten zu hegen, denn er hielt direkt auf die innere Wehrmauer zu.
Es dämmerte bereits, als sie vor das große Tor des inneren Festungswalls traten. Vier Posten in einfachen Rüstungen bewachten den Durchlass. Sie verneigten sich und ließen den Earl und Muriel passieren, ohne sie anzusprechen. Muriel war sehr aufgeregt. Nach allem, was sie über König Artus und Camelot gelesen und gehört hatte, brannte sie darauf, zu sehen, wie es hinter den Wehrmauern aussah.
Doch als sie den kurzen Tunnel hinter dem Tor durchquert hatten, erlebte sie eine Überraschung. Zu beiden Seiten des Wegs lagen Schutthaufen aus Brettern, Schieferplatten und Gesteinstrümmern, zwischen denen sich allerlei anderer Unrat angesammelt hatte. Es stank zwar nicht so erbärmlich wie am Rand des Heerlagers, wirkte jedoch alles andere als prunkvoll und prächtig.
Dem Earl schienen ihre missfallenden Blicke nicht entgangen zu sein. »Ja, es ist alles etwas heruntergekommen, seit Artus nicht mehr Herr in dieser Burg ist«, sagte er mit einem Anflug von Bedauern in der Stimme. »Der Krieg zwingt uns nur allzu oft anderen Dingen den Vorzug vor den Pflichten des Alltags zu geben. Wer immer in der Lage ist, ein Schwert zu führen, dient im Heer unseres Königs Mordred. Da bleibt so manches liegen.«
Das sieht man. Muriel verkniff es sich im letzten Augenblick, ihre Gedanken laut auszusprechen. Sie nickte nur und murmelte: »Ach so«, während sie überlegte, ob es in der Burg wohl ähnlich heruntergekommen aussah.
Zehn Minuten später erreichten sie eine breite Treppe aus weißem Stein, die zum Haupteingang der Burg hinaufführte. Steinerne Statuen säumten die Stufen bis hinauf zu einer breiten Empore, deren Dach von sechs marmornen Säulen getragen wurde.
Am Fuß der Treppe und oben auf der Empore hatte man in kunstvoll geschmiedeten Körben Feuer entzündet, die Besuchern nach Einbruch der Dämmerung Licht spendeten. Einige der Steinfiguren hielten zudem Fackeln in den Händen, um die Treppe zu beleuchten. Der Wechsel von Licht und Schatten im flackernden Feuerschein verlieh dem Anblick etwas Verwunschenes, fast Magisches, das Muriel tief berührte. Hier, am Fuße der Treppe, glaubte sie endlich den Zauber zu spüren, der von Camelot ausging und der die Burg über Jahrhunderte hinweg in den Sagen hatte lebendig bleiben lassen. Jener Zauber, den auch die Regisseure in Hollywood in ihre Filme hatten einfließen lassen.
»Nur keine Scheu.« Der Earl hatte die Stufen schon zur Hälfte erklommen und winkte ihr, ihm zu folgen. »Oder hast du es dir anders überlegt?«
»Nein, nein.« Muriel raffte ihren wollenen Rock ein wenig zusammen, erklomm die Stufen und schloss zu dem Earl auf. »Es ... es ist nur so wunderschön.«
»Ja, das ist es.« Ein Schatten huschte über das Gesicht des Earls und für einen Augenblick wirkte er traurig. »Camallate ist immer noch wunderschön«, sagte er so leise, als spräche er zu sich selbst. »Auch wenn die Burg einen Großteil des Glanzes aus den Zeiten der Tafelrunde eingebüßt hat.« Er seufzte, schüttelte den Kopf, straffte sich und sagte: »Nun, wie auch immer. Es bringt nichts, dem Vergangenen nachzutrauern. Wir müssen nach vorn sehen.« Mit diesen Worten machte er sich daran, auch die letzten Stufen zu erklimmen.
Muriel folgte ihm etwas langsamer. Aufmerksam betrachtete sie die filigran gearbeiteten
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