Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
Unrat ihre Nase streifte.
»Auch etwas, dass man in keinem Film miterleben kann.« Muriel rümpfte die Nase und seufzte. Manchmal war es gut, dass es noch kein Geruchsfernsehen gab. Allerdings konnte sie sich auch nicht daran erinnern, dass die Darsteller in den Filmen sich je über den Schmutz und den Gestank in den Gassen beschwert hätten. Und die langen weißen Kleider der Frauen wirkten in den Filmen immer wie frisch gewaschen. Dreck, Unrat und üble Gerüche waren dort kein Thema.
»Die machen uns ganz schön was vor«, murmelte Muriel vor sich hin, während sie auf eine breitere Straße einbog und ihren Weg fortsetzte. Hier hatte man sich etwas mehr Mühe mit der Sauberkeit gegeben. Der Boden war mit großen, sauber behauenen Steinplatten belegt, die es auch Fuhrwerken ermöglichten, darauf zu fahren. Im Gegensatz zu den Gassen waren die breiten Straßen sehr belebt. Zu beiden Seiten gab es Tavernen und Geschäfte von Händlern und Handwerkern, die vor ihren kleinen Läden saßen und arbeiteten.
Da Muriel noch immer nicht wusste, wo sie mit ihrer Suche nach dem Schlüssel beginnen sollte, nahm sie sich die Zeit, ein wenig zu bummeln und den Handwerkern bei der Arbeit zuzusehen. Da gab es Schneider, Weber, Töpfer, Tuchmacher und Kesselflicker und noch viele andere. Muriel staunte über die Vielfalt der Berufe. Obwohl sich der Tag bereits dem Ende zuneigte, wurde um sie herum noch überall geredet, gefeilscht und auch gestritten. Muriel sah einen Mann, der einen kleinen Sack Mehl gegen einen kupfernen Kessel tauschte, und eine Frau, die Tücher für einen Korb voller Eier erstand. Münzen, so schien es, hatten hier keine Bedeutung und Muriel überlegte, ob sie sich für ihr Hacksilber überhaupt etwas würde kaufen können.
Die Straße mündete in einen freien gepflasterten Platz. Hier standen einfache Marktstände und Zelte bunt durcheinander. Viele Händler hatten ihre Waren einfach auf dem Boden ausgebreitet. Töpfe, Tücher und allerlei andere Dinge des täglichen Gebrauchs wechselten mit Obst, Gemüse und lebenden Tieren. Ein Stand hatte es Muriel besonders angetan. Ein grimmig aussehender Händler verkaufte helle Leinenhemden, die Muriel mit sehnsüchtigem Blick betrachtete. Seit sie am Morgen mit den kratzigen Wollgewändern erwacht war, juckte es sie überall. Sie musste sich sehr beherrschen, um sich nicht ständig zu kratzen. Am Ende glaubten die Leute noch, sie hätte Flöhe. Die Leinenhemden des Händlers erschienen ihr wie ein Geschenk des Himmels, auch wenn sie keine langen Ärmel hatten. Sie musste so eines haben oder sie würde noch verrückt werden von all dem Gekratze.
Also nahm sie all ihren Mut zusammen und sprach den Mann an: »Was kosten die Leinenhemden, guter Mann?«, fragte sie, indem sie die Anrede benutzte, die sie schon von verschiedenen Leuten auf dem Markt gehört hatte.
»Was hast du?« Der Händler stand auf und kam interessiert näher. Er war hager und mehr als einen Kopf größer als Muriel. Seine Stimme war hell und rau und passte hervorragend zu seinem linkischen Wieselgesicht.
»Nicht viel.« Zögernd holte Muriel den Beutel mit dem Hacksilber hervor, öffnete ihn und hielt ihn so, dass der Händler es sehen konnte. »Nur das hier.«
»Hacksilber.« Muriel versuchte zu erkennen, ob der Händler erfreut oder enttäuscht war, aber weder seine Miene noch seine Stimme verrieten, was er dachte. Er hob die Hand nachdenklich ans Kinn, seufzte und sagte dann: »Das Zeug ist nicht mehr viel wert. Aber ich will mal nicht so sein. Gib mir zwei Unzen Silber für jede Elle Tuch.«
Unzen, Elle? Muriel runzelte die Stirn. Damit konnte sie so gut wie gar nichts anfangen. Sie wusste, dass die Silberstücke in ihrem Beutel alle eine Unze wiegen sollten. Das sagte jedoch noch lange nichts darüber aus, wie viel sie nun bezahlen musste. »Und wie viele Unzen wären das?«, erkundigte sie sich.
»Nun, das kommt drauf an, wie groß du bist.« Der Händler nahm einen Stock zur Hand, suchte ein Leinenhemd heraus und maß die Länge, indem er den Stock sich überschlagend auf dem Stoff entlangführte. »Das sind zweieinhalb Ellen«, verkündete er laut. »Auf der anderen Seite noch einmal so viel ... das macht zusammen sieben Ellen mal zwei Unzen, das macht dann achtzehn Unzen.«
»Achtzehn Unzen?« Muriel glaubte, sich verhört zu haben. »Aber das ist doch viel zu viel.«
»Sooo?« Der Händler legte das Leinenhemd fort und baute sich drohend vor Muriel auf. »Willst du etwa sagen, ich
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