Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
die Weisheit schenken,
das Recht zu erkennen,
... den Willen zu finden
und die Kraft, ihn durchzusetzen, ...
... Amen«,
las sie stockend vor.
»Ausgezeichnet.« Der Hofmarschall nickte beifällig. »Weißt du, wer das niedergeschrieben hat?«, fragte er auf eine Weise, die Muriel zeigte, dass ihm die Antwort wichtig war. Muriel zögerte. Obwohl es nur eine einzige Antwort gab, war sie unschlüssig, was sie sagen sollte.
»Nein«, gestand sie schließlich aufrichtig ein. »Ich habe keine Ahnung, von wem das stammt.«
»So, so.« Der Hofmarschall wirkte nicht überzeugt.
Muriel beschlich ein flaues Gefühl in der Magengegend. Hätte sie wissen müssen, wer die Worte geschrieben hatte? War sie jetzt durchgefallen?
»Der Text ist ein Gebet. Es stammt von Artus«, erklärte der Hofmarschall. »Vor jeder Sitzung nahm Artus sein Schwert Excalibur zur Hand, legte es auf den runden Tisch der Tafelrunde und sprach diese Worte.« Er schaute Muriel durchdringend an und fragte sehr direkt: »Denkst du, Artus war ein guter König?«
»Nun ja, ich ...« Muriel zögerte, weil sie aus den Augenwinkeln bemerkte, wie der Earl leicht den Kopf schüttelte. »... ich ... ich weiß nicht so recht. Mein Vater sagt immer, es ist nicht wichtig, wer Britannien regiert, solange er es nur gerecht tut und ...«
»... und das tut König Mordred, gesegnet sei er, fürwahr«, fiel der Earl ihr ins Wort, als fürchte er, sie könnte etwas Falsches sagen.
»Nun denn, das ist mehr als wahr«, pflichtete der Hofmarschall dem Earl bei. Offenbar hatte Muriel die richtigen Worte gewählt, denn er ging nicht weiter auf die Frage ein und sagte: »Prüfen wir nun also deine Fähigkeiten in der Rechenkunst.«
Die Rechenaufgaben, die der Hofmarschall Muriel gab, waren nun wirklich keine Herausforderung. Die vier Grundrechenarten hatte Muriel schon in der vierten Klasse der Grundschule spielend lösen können. Ihre Antworten kamen wie aus der Pistole geschossen und schienen den strengen Hofmarschall schnell zu überzeugen. Zum Schluss diktierte er ihr noch einen kurzen lateinischen Text, den sie fast fehlerlos mit der Feder auf ein Pergament kritzelte. Damit war die Prüfung beendet.
»Ich muss sagen, ich bin beeindruckt«, gab der Hofmarschall zu, nachdem er Muriels Text gelesen hatte. »Es ist unglaublich, dass unter unseren Vasallen jemand mit einer solchen Bildung heranwächst. Nur deine Schrift ist sehr sonderbar. Hattest du römische Lehrer?«
»Ja, äh, nein, nicht direkt ...« In aller Eile bastelte Muriel an einer Erklärung für ihr Wissen. »Eine Zeit lang wohnte ein wandernder Mönch in unserem Dorf. Er kam aus dem Römischen Reich und hat mich unterrichtet.«
»Das muss wahrlich ein kluger Mönch gewesen sein.« Es war dem Hofmarschall nicht anzusehen, ob er Muriel die Geschichte glaubte. »Ich hoffe, er hat dich auch ein paar Geschichten gelehrt. Die Lady ist sehr anspruchsvoll.«
»Oh ja, das hat er.« Muriel nickte und dachte an all die Geschichten, die sie selbst schon gehört und gelesen hatte. »Macht Euch keine Sorgen, wenn ich eines gut kann, dann ist es, Geschichten zu erzählen.«
Mägde und Kammerzofen
»Wo gehen wir jetzt hin?«, wollte Muriel wissen, nachdem sie das Zimmer des Hofmarschalls verlassen hatte und an der Seite des Earls durch die von Fackeln erleuchteten Gänge Camelots eilte.
»Für heute Nacht werde ich dich in die Obhut der Kammerzofen geben«, erklärte der Earl. »Dort ist immer ein Bett frei.« Er warf Muriel einen abschätzenden Blick zu. »So wie du jetzt aussiehst, kann ich dich am Hofe niemandem vorstellen – schon gar nicht der Lady.«
»Stimmt.« Muriel zupfte verlegen an ihrem flusigen Rock. »Ich fühle mich darin auch nicht gerade wohl.«
»Dann hast du das Untergewand also für dich gekauft«, folgerte der Earl lachend. »Ein guter Entschluss. Allerdings wirst du es nicht tragen können. Die Kammerzofen werden dich ganz neu einkleiden.
Muriel sagte nichts, aber ihr Magen knurrte laut. »Etwas zu essen wäre wohl auch nicht verkehrt.« Der Earl zwinkerte ihr zu und bog in einen weiteren Gang ein. Muriel nickte. »Seid Ihr ein Freund von Lady Guinevere?«, fragte sie.
»Nicht direkt.«
Muriel entging nicht, dass der Earl sich verstohlen umschaute, ehe er hinzufügte: »Sagen wir mal so, ich gehöre zu den wenigen, deren Anwesenheit sie schätzt.«
»Dann seid Ihr ein Freund«, sagte Muriel bestimmt und fragte: »Wie ist sie so?«
»Nett.« Der Earl schien zu spüren, dass die
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