Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
kunstvoll hochgesteckt. »Wie findest du es?«, fragte sie und reichte Muriel einen Handspiegel.
»Das sieht toll aus.« Muriel war beeindruckt. Die geflochtenen Haare ließen sie mindestens wie fünfzehn aussehen. Auf der Stirn und an den Wangen fielen ihr ein paar Strähnen offen ins Gesicht. Die Frisur sah römisch aus und erinnerte Muriel ein wenig an die Art, wie die Schicksalsgöttin die Haare manchmal trug. Im fünften Jahrhundert war es noch nicht lange her, dass die Römer sich aus Britannien zurückgezogen hatten. Vermutlich galten solche Frisuren in Camelot immer noch als schick. Sie wollte noch etwas hinzufügen, da klopfte es.
»Das ist sicher der Earl of Somerset«, sagte Lillian und eilte zur Tür, um zu öffnen. »Ein Glück, dass wir gerade fertig geworden sind.«
»Ihr seid bereit?« Der Earl trat ein und begrüßte Lillian mit einem Lächeln.
»Ja, Mylord.« Lillian knickste höflich.
»Das freut mich zu hören.« Er wandte sich Muriel zu, riss die Augen auf und blieb in perfekt gespieltem Erstaunen wie angewurzelt stehen. »Grundgütiger!«, stieß er hervor. »Welch eine Verwandlung. Das ist wahrlich Zauberei, wie sie sonst nur die Priesterinnen von Avalon zu vollbringen vermögen.«
»Das ist keine Zauberei.« Lillian schüttelte den Kopf und hielt dem Earl Kamm und Bürste entgegen. »Wasser, Kamm und Bürste, vermengt mit ein wenig handwerklichem Geschick können so manches Wunder vollbringen.«
»Sieht ganz so aus.« Der Earl ging auf Muriel zu, verneigte sich leicht und reichte ihr galant die Hand. »Die Verwandlung ist beeindruckend. Ihr steht den anderen Zofen jetzt in nichts mehr nach. Darf ich bitten? Lady Guinevere erwartet uns.«
Muriel wusste nicht, was sie tun sollte. Verzagt warf sie Lillian einen fragenden Blick zu. Lillian lächelte und nickte. Muriel gab dem Earl die Hand, stand auf und verließ den Raum an seiner Seite. Lillian folgte ihnen. Gemeinsam gingen sie durch die Gänge der Burg, die an diesem Morgen von geschäftigem Treiben erfüllt waren. Überall huschten Bedienstete und Mägde mit vor Anstrengung geröteten Gesichtern umher und immer wieder hallten Rufe durch die Gänge. Hatte die Burg am Abend noch verlassen gewirkt, glich sie jetzt einem geschäftigen Ameisenhaufen.
»Ganz schön viel los hier.« Muriel konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen. »Ist das immer so?«
»Nein, nur heute«, erklärte der Earl. »König Mordred hat dem Heer gestern Abend den Befehl zum Aufbruch gegeben. Nun rüsten sich alle für den Abmarsch.«
»Das Heer bricht auf?« Lillian wirkte nicht weniger überrascht als Muriel. »So früh schon? Es sollte doch erst in drei Tagen abmarschieren. Warum heute schon?«
»Artus ist auf dem Weg hierher«, erklärte der Earl mit ernster Miene. »Späher entdeckten sein Heer keine drei Tagesritte entfernt. Jetzt ist Eile geboten.«
»Oh.« Lillian wirkte bestürzt.
»Gibt es denn jemanden, von dem Ihr Euch noch verabschieden müsst?«, wollte der Earl wissen.
Lillian antwortete nicht. Sie schien ganz in ihre Gedanken versunken.
Erst als der Earl sie an der Schulter berührte und die Frage wiederholte, gab sie Antwort: »Nein, eigentlich gibt es dort niemanden, den ... Obwohl – ja, doch. Mein ... ja, mein Bruder dient in Mordreds Heer. Ich ... ich würde gern nach ihm sehen, bevor ...« Sie schaute den Earl bittend an.
»Geht nur.« Der Earl nickte ihr zu. »Ich werde Euch bei Lady Guinevere entschuldigen.
»Danke!« Lillian lächelte schüchtern, machte auf dem Absatz kehrt und eilte davon.
»Seltsam, dass es so lange dauert, bis sie sich daran erinnert, dass ihr Bruder mit dem Heer auszieht.« Der Earl of Somerset schaute Lillian kopfschüttelnd nach.
»Vielleicht hat sie viele Brüder.«
»Nein, nur drei.« Der Earl seufzte, zog die Schultern in die Höhe und sagte: »Ich nehme an, Ihr habt niemanden, von dem Ihr Euch verabschieden müsst.«
»Nein, ich kam allein nach Came ... Camallate.«
»Gut.« Der Earl schien zufrieden. »Es würde auch keinen guten Eindruck machen, Lady Guinevere noch länger warten zu lassen. Folgt mir, es ist nicht mehr weit.«
Lady Guinevere
Wie Lillian es schon beschrieben hatte, lagen die Gemächer von Lady Guinevere in einem einsamen Seitenflügel der großen Burganlage.
Hinter einer dicken, zweiflügeligen Eichentür, die von zwei grimmig dreinblickenden Posten bewacht wurde, begann ein langer, schnurgerader Gang, von dem zu beiden Seiten Türen abzweigten. Die aus grauem Stein
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