Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
beenden wollte.
»Muriel!« Pure Verzweiflung schwang in Lillians Stimme mit, als sie sah, wie Muriel aufsaß und Ascalon wendete. »Warte. So warte doch! Biiiitteee!«
Ascalon trabte an. Muriel schaute nicht zurück. Sie hatte Tränen in den Augen, einen dicken Kloß im Hals und hasste sich selbst für das, was sie tat. Ascalon ritt schneller. Eisige Regentropfen klatschten Muriel ins Gesicht, mischten sich mit ihren Tränen und spülten sie davon. Lillian blieb allein zurück. Ihre Schreie und verzweifelten Rufe gellten Muriel noch lange in den Ohren. Am schlimmsten aber war die Sorge, Lillian einem ungewissen Schicksal überlassen zu haben – vielleicht sogar dem Tod.
Muriel schüttelte den Kopf und versuchte an etwas anderes zu denken. Was immer auch geschehen mochte, es war bereits Geschichte. Eintausendfünfhundert Jahre waren vergangen. Reiche waren in dieser Zeit entstanden und zerbrochen, Kulturen aufgeblüht und untergegangen. Millionen Menschen waren gestorben und nicht wenige von ihnen hatte ein grausames und ungerechtes Schicksal ereilt ...
... aber Lillian habe ich gekannt.
Der Gedanke versetzte Muriel einen Stich. Sie drehte sich um, doch die Zofe und das Pferd waren schon hinter einem Vorhang aus Regen verschwunden. Was blieb, waren die Erinnerung an ein freundliches Mädchen, das zur Verräterin geworden war, und schlimme Gewissensbisse, die sie wohl noch eine ganze Weile begleiten würden. Sie atmete tief durch. Ihr Auftrag war erfüllt, es wurde Zeit, nach Hause zu reiten. Der Gedanke brachte die Erinnerungen an die Ereignisse des letzten Zeitsprungs zurück. Wie würde es diesmal sein? Hatten die wenigen Tage genügt, um Ascalons Kräfte zurückzubringen? War er wirklich schon so weit, den gefährlichen Sprung durch die Zeit zu wagen?
Muriel fing einen tröstlichen Gedanken von Ascalon auf, der ihre Angst zu spüren schien. Er strotzte vor Zuversicht, aber Muriel wusste, dass sie von nun an nie wieder einen Zeitsprung ohne Furcht machen würde. Sie hatte die ungeheure Wucht der Kräfte gespürt, die ihre Zeitreise zu verhindern suchten, und wusste nun, dass auch Ascalon nicht unverwundbar war.
Ascalon lief schneller und schneller, bis die Welt ringsumher hinter einem grauen Schleier verschwamm. Muriel nahm den Führstrick des Halfters fest in die Hand und wartete darauf, dass die Dunkelheit der Zwischenwelt sie umfing.
Nach Hause, dachte sie glücklich und vergaß für einen Augenblick sogar ihre Angst.
Wir reiten nach Hause.
Menschen, Pferde und Schicksale
Jeder Blitz, der die Wolke aus Licht traf, die Ascalon um sich und Muriel geschaffen hatte, ließ Muriel zusammenzucken. Sie hielt die Augen geschlossen und wagte nicht zu atmen, während ihre Hände den Führstrick so fest umklammerten, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Es war ein langer Ritt und ein beängstigender dazu. Muriel war völlig verkrampft. Und obwohl es diesmal keinem einzigen Blitz gelang, die schützende Hülle zu durchdringen, fürchtete sie doch bei jedem Einschlag getroffen zu werden. Sekunden dehnten sich zu Minuten. Irgendwann kam es Muriel so vor, eine halbe Ewigkeit durch die düstere Zwischenwelt zu reiten. Der Gedanke, dass Ascalon sich verlaufen haben könnte, flammte kurz hinter ihrer Stirn auf. Doch ehe sie sich Sorgen machen konnte, wurden die Blitze weniger. Die Dunkelheit ging in einen milden Grauton über und Ascalon wurde langsamer.
Muriel löste ihre verkrampften Hände von dem Halfter und bemerkte, dass sie wieder ihre eigenen Kleider trug. Ihre Haare waren trocken und ordentlich gekämmt und sie fror auch nicht mehr – alles war wieder so, wie zu dem Zeitpunkt, als sie die Reise begonnen hatte. Alles war gut. Sie waren zurück.
Muriel unterdrückte einen Freudenschrei und schlang Ascalon die Arme um den Hals. »Danke«, murmelte sie überglücklich und diesmal waren es Freudentränen, die ihr über die Wange kullerten. »Danke für alles.«
Dichter Nebel hüllte Ascalon und Muriel ein, als sie in lockerem Trab über die Wiese ritten. Es war, als hätten sie die finstere und kalte Zwischenwelt lediglich gegen eine hellere und nasskalte, aber nicht weniger leblose Welt getauscht. Muriel konnte kaum zwei Meter weit blicken. Immer wieder schaute sie sich nach etwas um, das ihr bekannt vorkam, aber der Nebel war so dicht, dass sie nichts erkennen konnte.
Ascalon hingegen schien den Weg genau zu kennen. Zielstrebig schritt er voran. Und wirklich: Nach einer Weile entdeckte Muriel einen
Weitere Kostenlose Bücher