Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
kühler und sie hörte Ascalons Hufe durch die Pfützen pflügen. Sie hatten es geschafft, aber um welchen Preis?
»Haltet die Pferdediebin!« Der gellende Schrei hallte über den Hof. Muriel schaute sich um und sah einen der Männer reglos am Boden liegen. Der andere lief ihr wild mit den Armen fuchtelnd hinterher: »Haltet die Diebin!«, brüllte er immer wieder. »Sie hat das Pferd des Königs gestohlen. Haltet sie auf!«
Als Muriel den Blick wieder nach vorn richtete, sah sie, dass einige der Burgbewohner dem Aufruf Folge leisten wollten. Es waren jedoch kaum noch bewaffnete Krieger in der Burg und so waren es hauptsächlich Bedienstete und Lakaien, die mit der Aufgabe, ein durchgehendes Pferd einzufangen, mehr als überfordert waren. Meist genügte ein zorniges Wiehern oder wildes Ausschlagen von Ascalon, um sie respektvollen Abstand halten zu lassen. Ungehindert passierte Ascalon den Hofplatz und die engen Gassen zwischen den Gebäuden der Burg. Sekunden später kam das große Tor, durch das Muriel am Morgen mit Wilma auf den Markt gegangen war, in Sicht. Und ehe die Torwachen überhaupt verstanden, was vor sich ging, war Ascalon schon hindurchgaloppiert und mit Muriel auf dem Weg zur Stadtmauer.
Hier trafen sie auf keinerlei Widerstand. Die Kunde von dem dreisten Pferdediebstahl war noch nicht bis hierher vorgedrungen und so waren die Wachen mehr damit beschäftigt, die Menschen zu kontrollieren, die in die Burg hineinwollten. Für jene, die Camelot verließen, hatten sie kein Auge.
Ascalon preschte mitten durch die Menschen, die sich mit gewagten Sprüngen in Sicherheit brachten. Dass er dabei niemanden verletzte, erschien Muriel fast wie ein Wunder. Erzürnte Rufe und die Blicke Hunderter Augenpaare folgten ihnen, während sie in gestrecktem Galopp über die Zugbrücke hinweg in das von Wiesen und kleinen Feldern geprägte Ackerland hinausritten.
Eine alte römische Straße führte schnurgerade von Camelot fort auf ein Waldstück zu, das sich als dunkles Band hinter einem Vorhang aus Regen abzeichnete. Der schnelle Dreitakt von Ascalons Hufen auf den Pflastersteinen hallte in Muriels Ohren, während sie sich an der Mähne festklammerte und versuchte sich in dem unbequemen Kleid auf Ascalons Rücken zu halten.
Muriel fror. Während Camelot hinter ihnen zurückblieb, frischte der Wind auf und trieb ihr die Regentropfen ins Gesicht. Sie hatte keinen Mantel an und war für das Wetter völlig unzureichend gekleidet. Ihr dünnes Kleid war längst durchnässt, die kunstvoll geflochtenen Haare hatten sich gelöst und hingen ihr nass und strähnig ins Gesicht. Wasser lief ihr über die Stirn in die Augen und nahm ihr die Sicht. Wäre Ascalon nicht gewesen, der allen Hindernissen mit traumwandlerischer Sicherheit auswich, wäre sie gewiss schon nach wenigen Minuten mit einem der Bauern oder Händler zusammengestoßen, die trotz des schlechten Wetters mit ihren Gespannen und Ochsenkarren auf der Straße unterwegs waren.
Muriel wusste nicht, wohin Ascalon ritt, aber sie vertraute ihm und griff selbst dann nicht ein, als er die gepflasterte Straße verließ und, ohne langsamer zu werden, quer über die Wiesen und Felder preschte.
Im ersten Augenblick wunderte sie sich über den Richtungswechsel, aber dann entdeckte sie nur ein paar Meter entfernt eine breite Spur aufgewühlten Erdreichs, die sich wie ein dunkles Band am Waldrand entlangschlängelte. In der aufgeweichten Erde waren Hufspuren und Abdrücke von unzähligen Stiefeln zu erkennen, in denen sich nun das Regenwasser sammelte. Tiefe Wagenspuren in der Mitte ließen keinen Zweifel daran, dass Mordreds Heer hier vor nicht allzu langer Zeit entlangmarschiert sein musste ...
... und Lillian folgte dem Heer.
Muriels Herz begann heftig zu pochen. Das Heer war noch nicht lange unterwegs. Mit den vielen Fußsoldaten und dem schwerfälligen Wagentross bewegte es sich nur langsam voran. Ein einzelner Reiter würde es im Galopp schnell eingeholt haben. Zwar trug auch Lillian ein Kleid, das sie behinderte, und ritt ohne Sattel und Zaumzeug, aber sie schien auch eine sehr gute Reiterin zu sein.
Und wenn sie das Heer schon erreicht hat? Der Gedanke durchzuckte Muriel wie ein Blitz und die eben wiedergewonnene Hoffnung, dass es ihr doch noch gelingen konnte, den Schlüssel von Avalon auszutauschen, zerplatzte wie eine Seifenblase.
Zu spät, wisperte es in ihr. Wir kommen zu spät.
Eine schwere Entscheidung
Muriel war sicher, dass Ascalon ihre Sorgen spürte, doch
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