Asche und Schwert
Strecke doch eigentlich bergab gehen können, oder nicht?«
»Dort führen trotzdem alle StraÃen bergauf.«
»Ach ja? Wer ist jetzt unvernünftig?«
»Pelorus war ein guter Freund«, sagte Batiatus.
»Ihr beide konntet einander nicht ausstehen«, erwiderte Lucretia.
»Wie Geschwister sich über Haustiere streiten, hatten wir unsere kleinen Reibereien um Gladiatoren. Wenn ich jedoch an die Methoden meiner Kollegen aus Capua denke, wirkt der Wettstreit, den Pelorus und ich gelegentlich um einzelne Kämpfer ausgetragen haben, wie der Gipfel freundschaftlicher Verbundenheit.«
»Trotzdem gibt es keinen Grund dafür, dass ich bei diesem Abschiedszeremoniell anwesend sein müsste.«
»Die ganze neapolitanische Gesellschaft wird zugegen sein.«
»Das beeindruckt mich nicht.«
»Pelorus wird im Tod gewährt werden, was er im Leben nie bekam. Man wird ihn als einen Mann von Reichtum und Tugendhaftigkeit beschreiben. Die Patrizier werden Trauer tragen. Sein Begräbnis wird dem eines hochrangigen römischen Bürgers angemessen sein.«
»Ich kann nur wiederholen: Das beeindruckt mich nicht.«
»Man wird Pelorus nicht einfach nur als lanista betrachten. Wichtige Leute werden das Leben dieses Gladiatorenmeisters rühmen, Lucretia. Wichtige Leute!«
»Und du?«
»Mich wird man als guten Freund des Dahingeschiedenen wahrnehmen. Seine anderen Freunde jedenfalls. Was aber nur möglich ist, wenn meine Frau mich begleitet.«
»Du weiÃt, dass es in Neapel viele Damen gibt, die diese Rolle gegen ein gewisses Honorar übernehmen würden.«
Ein Schatten erschien im Türrahmen. Rasch und lautlos, wie es von ihr erwartet wurde, hatte sich eine Sklavin den beiden genähert.
»Was ist, Naevia?«, fragte Lucretia.
»Ich bitte um Verzeihung, domina, aber eine Besucherin ist eingetroffen«, antwortete das junge Mädchen mit gesenktem Blick.
Weiter kam Naevia nicht, denn der Gegenstand ihrer Botschaft hatte sie bereits eingeholt. Eine Gestalt, die in einen groben Mantel gehüllt war, erschien hinter der Sklavin. Das Wasser rann an ihr auf Lucretias saubere Fliesen herab. Unter dem Mantel konnte man eine Andeutung grüner syrischer Seide und hübsche, gepflegte Zehen erkennen.
»Entschuldige mein Eindringen«, sagte eine weibliche Stimme. Die Frau hob die Kapuze, und unter dem Mantel erschienen flachsblonde Locken, die der Regen zu feuchten Strähnen gewickelt hatte. Wangen, die üblicherweise von Rouge aus Tyros bedeckt waren, schimmerten jetzt ganz von selbst. Ein wenig Kajal, das sich von seinem vorgesehenen Ort gelöst hatte, wirkte über dem breiten Lächeln wie aschene Tränen.
»Ilithyia!«, rief Lucretia mit übertriebener, gekünstelter Begeisterung. »Ich dachte, du bist in Rom.«
»Das hatte ich gehofft«, sagte Ilithyia und drückte Batiatus ihren Mantel in die Hand, als sei er nichts weiter als ein Slave, der im cubiculum Dienst tat.
»Doch die schlammigen Wege haben sich mit den müden Trägern verschworen, sodass ich hier gelandet bin«, seufzte Ilithyia, als befinde sie sich am Ende der Welt, »nur wenige Schritte von deinem Hof und deiner Tür entfernt.«
»Ich bedauere zutiefst, dass wir dir keinen überdachten Zugangsweg bieten können, der deine Ankunft bequemer gemacht hätte«, sagte Batiatus, die Augen zum Himmel gerichtet.
»Allerdings«, sagte Ilithyia.
»Möglicherweise mit Blattgold geschmückt«, flüsterte Batiatus Lucretia zu, »mit einer Couch alle paar Schritte, auf der du dich ausruhen könntest.«
»Ich hatte schon befürchtet, ich müsste den ganzen Weg bis nach Atella zu Fuà gehen, um eine geeignete Unterkunft zu finden, die nicht so schrecklich weit von der Zivilisation entfernt ist«, fuhr Ilithyia fort, die Batiatusâ letzte Bemerkung nicht gehört hatte.
»Zivilisation?«, murmelte Batiatus.
»Wir sind erfreut, dich bei uns empfangen zu dürfen«, sagte Lucretia und warf ihrem Mann einen warnenden Blick zu.
»Ich kann euch meine Gegenwart nicht einfach so aufdrängen«, sagte Ilithyia. »SchlieÃlich sind wir keine hospes . Ich kann nicht ohne Weiteres vor eurer Tür erscheinen â«
»Und doch bist du hier!« Batiatus lächelte mit zusammengebissenen Zähnen.
»Unser Haus ist dein Haus«, warf Lucretia rasch ein. »Naevia wird
Weitere Kostenlose Bücher