Asche und Schwert
hinabgehen wollte.
»Wie Ihr wünscht«, sagte Drago. Er blieb stehen, während das Wasser um seine Beine rann, und wartete auf die Anweisungen seines Herrn.
»Ich brauche fünf Mann in bester Verfassung.«
»Ich werde mich sofort mit einer Auswahl beschäftigen«, erwiderte Drago. »Aber die nächste Auktion ist nicht vor â«
»Es geht nicht um den Pöbel aus Capua«, erklärte Batiatus. »Dieses undankbare Geschmeià wird warten müssen, bis es wieder an die Reihe kommt. Ein neues Publikum wartet auf uns. In Neapel.«
»Ah«, sagte Drago. »Ich habe von Pelorusâ Tod gehört. Die Leute reden darüber.«
»Die Worte würden nicht so schnell reisen«, murmelte Batiatus, »wenn ich einige Zungen mit dem Messer beseitigen dürfte.«
»Ãltere Stimmen haben sich an einige schöne Tage erinnert, die unter dem Dach dieses ludus verbracht wurden«, sagte Drago. »Die Bemerkungen waren nicht böse gemeint.«
»Seiâs drum«, sagte Batiatus. »Die Männer werden heute Nacht auf dem Karren sein, morgen Vormittag auf dem Weg nach Atella und morgen Nacht in Neapel.«
»Merkur hätte Mühe, die Strecke in diesem Tempo zu bewältigen«, bemerkte Drago vorsichtig.
»Ich werde die nächsten beiden Tage in einer verdammten Sänfte verbringen«, knurrte Batiatus. »Sorge für ein paar Fuhrleute, die zusätzliche menschliche Fracht aufnehmen können, damit wir die eine oder andere Münze dabei verdienen.«
»Ich werde alles vorbereiten.«
»Du wirst hierbleiben.«
»Aber â«
»Du wirst die Männer auf die nächste Auktion hier in Capua vorbereiten. Ashur wird sich in meiner Abwesenheit um die Geschäfte kümmern.«
Drago wirkte besorgt.
»Und die Herrin?«
»Lucretia?« Batiatus lachte. »Diese Frau will nur, was ihre Freundin will, und ihre Freundin hat Geschäfte in Neapel. Glaub mir, während wir uns hier unterhalten, bereitet sie sich schon auf die Abreise vor.
III Â HOSPES
III
HOSPES
Er träumte von Wäldern im Schnee , einem von rosa- und orangefarbenen Dunst verhüllten Sonnenuntergang und eisbedeckten Bäumen, die den Winter warm erscheinen lieÃen â bis man sie berührte. In einer Rüstung, die er für viel Geld bei griechischen Händlern gekauft hatte, stapfte er zwischen den Bäumen hindurch. Er war einer von vielen. Thrakische Krieger zogen durch den Wald wie grasendes Wild, ihr in der Luft schwebender Atem glich Gespenstern. Jeder der Männer trug den Rundschild und den mit einem Helmbusch gekrönten Helm eines Hopliten, dazu Beinschienen, einen Speer und das blattförmige Schwert.
Die Griechen vermieden Kriege im Winter. Sie kämpften nur selten auf Bergen. Sie sorgten dafür, dass ihre Schlachten möglichst in einer Ebene stattfanden, die von jedem Kämpfer bequem erreicht werden konnte â und zwar bevor das Wetter schlecht wurde. Auch ihre Rüstungen waren für mildere Jahreszeiten gedacht, und sie verschwendeten kaum einen Gedanken daran, welcher Bewährungsprobe eine Rüstung dieser Art möglicherweise im kalten, abweisenden Thrakien ausgesetzt wäre. Geschnürte Halbstiefel unter den Beinschienen schützten vor Kälte. Eng um die Brust gewickelte hellbraune Tierfelle bewahrten die Haut vor der direkten Berührung mit dem Schnee. Nur seine Hände waren kalt. Er schaffte es kaum, den Schaft des schweren Speeres zu umklammern, während er immer weiter vorrückte â ein einzelner Krieger in der unregelmäÃigen Reihe der Thraker, der durch den Wald zog.
Ein Heulen erklang. Ein fernes, klagendes Heulen wie von einem verletzten Wolf. Er spähte durch die Bäume auf der Suche nach einem entlegenen Höhenrücken und erblickte einen Drachenkopf, dessen Bronzeleib im schwä cher werden den Sonnenlicht aufschimmerte. Ein langes Banner hinter sich herziehend, erschien der Drache auf einem Hügel, und als sein Träger die Hügelkuppe erreichte, wurden immer mehr Teile seines langen Metallhalses sichtbar.
Noch einer! Da war plötzlich ein zweiter Drachenkopf, und auch er â ein beeindruckendes Haupt, das auf einer langen Metallröhre thronte â wurde von einem viehischen Standartenträger der Geten in die Höhe gehalten. Der böige Winterwind blies über den Hügel in das Maul des Drachen, wodurch
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