Asche zu Asche
die Sprechmuschel.
Doch es war zu spät. „Ist das da im Hintergrund Nolen?“
Ich räusperte mich und versuchte, irgendwie zustimmend zu klingen. „Jetzt ist es Nathan.“
„Ich weiß, ich weiß.“ Ich konnte an Cyrus’ Stimme praktischhören, dass er die Augen verdrehte. „Also, wie geht es Nathan ?“
Er ist aufgeregt. Immer noch sah er mich erwartungsvoll an, während er seine kräftigen Arme vor der Brust verschränkte. „Ihm geht es gut. Er möchte wissen, ob du etwas von deinem Vater gehört hast.“
„Ja, natürlich habe ich von ihm gehört.“
Na, das ging ja glatt . „Ach ja?“, fragte ich vorsichtig.
„Ja. Wir sind angeln gewesen, dann haben wir uns ein Baseball-Spiel angeschaut, und danach sind wir in einen Spielzeugladen gegangen, und er hat mir alle Spielsachen gekauft, die ich haben wollte. Und ein Pony.“ Wenn Ironie flüssig wäre, würde ich jetzt in einer Pfütze stehen.
„Du weißt, dass ich dich das fragen musste“, fuhr ich ihn an. „Da läuft irgendetwas, also bitte hilf mir, wenn du etwas damit zu tun hast …“
„Wie denn, Carrie?“ Cyrus hörte sich müde an. Er klang einfach so, wie ein menschliches Wesen klingt. Ein Vampir kennt diese Müdigkeit gar nicht, diese körperliche Müdigkeit … eine Menge absterbender Körperzellen und zugleich das Unvermögen, sich nur noch eine Sekunde länger Quatsch von jemandem anhören zu können. „Wie sollte ich, gefangen in diesem kranken sterblichen Körper, mit etwas zu tun haben können, das mein Vater plant? Glaubst du etwa, dass ich meine Zeit mit Vampiren verbracht habe? Nur eine Sekunde? Kennst du menschliche Wesen, die ihre Freizeit mit Vampiren verbringen?“
„Dahlia“, antwortete ich. „Ihr habt euch gesehen.“
„Ja, sie hat mich nicht in Ruhe gelassen“, stimmte er mir zu.
„Wenn sie dir diese Wohnung beschafft hat, musst du vor Kurzem mit ihr gesprochen haben.“ Ich wartete einen Augenblick, da ich mir nicht sicher war, ob ich mit dieser Fragezu weit gegangen war. Aber dann entschied ich, dass es mir gleichgültig war, und setzte nach: „Du versuchst doch nicht, wieder ein Vampir zu werden, oder?“
Es war so lange still in der Leitung, dass ich mich wieder fragte, ob er noch dran war. Als er mir antwortete, war seine Stimme belegt. „Glaubst du wirklich, dass ich wieder einer von euch werden wollte? Nach allem, was ihr … passiert ist?“
Es tat weh, dass er mir gegenüber ihren Namen nicht erwähnen wollte, als sei ich es nicht wert, ihn zu hören. Oder als hätte ich Schuld daran, dass sie von Vampiren getötet worden war, nur weil ich selbst einer war.
Natürlich konnte ich ihn verstehen. Als sein Vater ihn von den Toten hatte auferstehen lassen, war Cyrus wieder zu einem menschlichen Wesen geworden. Mouse war gemeinsam mit ihm gefangen gehalten worden, und zwischen ihnen hatte sich eine sehr besondere Art von Liebe entwickelt, wie es manchmal bei Entführungen und in Ausnahmesituationen der Fall ist.
Und dann hatte ich die Situation vollkommen falsch eingeschätzt und Cyrus entführt – er war der einzige Schutz für Mouse gewesen – und sie damit den Fangs, einer wilden Horde Vampire, ausgesetzt, die sie grausam töteten. Es verging kein Tag, an dem ich nicht von ihrem malträtierten Körper träumte, wie sie in ihrem Bett lag, wo wir sie tatsächlich später gefunden hatten. Es verging kein Tag, an dem ich nicht aufwachte und mir vor Schuldgefühlen schlecht war, weil ich nicht auf Cyrus gehört hatte und ihn stattdessen mit Chloroform betäubt hatte. Ich hätte sie retten können.
Aber auf der anderen Seite hätte jeder, der länger als fünf Minuten mit Cyrus in einem Zimmer gewesen war, zu Chloroform gegriffen.
„Es tut mir leid“, sagte ich leise, ohne dabei an Nathan zu denken. „Aber es tut mir nicht leid, dass ich dich nachdeinem Vater gefragt habe.“
„Natürlich nicht.“ Cyrus schnaubte verächtlich. „Du bist ja nie für etwas verantwortlich, was mich betrifft.“
„Cyrus“, setzte ich an, während Nathan auf mich zukam, als könne er mich so am Telefon verteidigen.
Ich wehrte ab, als ich Cyrus’ wütende Stimme am anderen Ende der Leitung hörte, die mich unterbrach. „Ich muss jetzt aufhören. Meine Lebenszeit ist begrenzt, und sie verrinnt, und ich möchte sie nicht damit verbringen, mit dir am Telefon zu streiten.“
„Gut, dann beende das Gespräch“, gab ich kühl zurück. „Aber sag mir erst, was du über den Souleater weißt.“
„Ich weiß
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