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Asche zu Asche

Asche zu Asche

Titel: Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Armintrout
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    Bis dahin war mir noch nicht aufgefallen, dass ich ja gar nicht wusste, wo Cyrus jetzt lebte.
    Sobald wir aufgestanden waren, hatte sich Nathan gleich wieder an die Bücher gesetzt. Höflich wies ich ihn darauf hin, dass es nett wäre, wenn er sich etwas überzöge. Er war so konzentriert bei der Arbeit, dass er nackt auf dem Sofa im Wohnzimmer saß. Nachdem er mich daraufhin ungnädig angegrummelt hatte, wollte ich ihn nicht weiter stören.
    Aber es ging hier um ein wichtiges Detail. „Als du mit Cyrus telefoniert hast, hat er dir zufällig gesagt, wie man zu ihm kommt?“
    „Hmm?“ Nathan sah von dem großen Handbuch in seinem Schoß auf. „Wohin?“
    „Den Weg zu seiner Wohnung.“ Ich verdrehte die Augen. „Wie soll ich da hinkommen, wenn ich nicht weiß, wo er wohnt?“
    „Du könntest ihn zum Beispiel anrufen. Ich bin sicher, dass er wach ist.“ Nathan wandte sich mit einem abschätzigen Schnaufen wieder seiner Lektüre zu. „Schließlich ist er ja jetzt menschlich . Vermutlich isst er gerade zu Abend.“
    Ich sah zur Uhr. Es war neun Uhr abends. Dahlia war jetzt wahrscheinlich schon weg, also wählte ich Cyrus’ Telefonnummer.
    Als er abnahm, klang er ein wenig abgelenkt und kurzatmig. Ich wollte mich nicht weiter damit beschäftigen, woran das wohl gelegen haben konnte. „Wie komme ich zu dir?“
    „Du meinst, wie du herkommst?“ Er hielt inne.
    Ich brummte zustimmend.
    Seufzend antwortete er: „Ich habe gehofft, es würde nie so weit kommen, aber es ist so: Ich wohne ganz in der Nähe von euch. Warum treffen wir uns nicht an der Ecke vor Brandywine?“
    Ich runzelte die Stirn. Am Fenster klopften riesige Regentropfen, und kurz zuvor hatte ich ein Donnergrollen gehört. Warum stellte er sich so an? „Warum sagst du mir nicht einfach, wo du wohnst?“
    „Also gut.“ Er seufzte noch einmal schwer. „Ich wohne, und das wird dich sicherlich freuen, die Straße runter in dem großen grauen Haus, an dem die amerikanische Flagge mit den Regenbogenfarben weht.“
    Um unserer Freundschaft willen – wie seltsam und unverständlich sie auch immer sein mochte – verkniff ich mir ein Lachen und schnaufte einfach nur.
    „Ja, das ist tatsächlich irre komisch. Noch mehr wird dichfreuen, zu hören, dass ich im Erdgeschoss wohne. Du musst ums Haus herum- und dann die Treppe hinuntergehen.“ Die Bitterkeit in seiner Stimme löste nun doch bei mir ein wenig Mitleid aus. „Ich nehme an, es war früher der Dienstboteneingang, bevor das Haus in einzelne Wohnungen aufgeteilt wurde.“
    „So schlimm kann es doch nicht sein“, fing ich an, aber er schnitt mir das Wort ab.
    „Ich muss jetzt los. Bis später.“ Ohne sich zu verabschieden, legte er auf.
    Um neun Uhr dreißig küsste ich Nathan auf die Wange, um ihn von seinem Buch abzulenken.
    „Gehst du jetzt schon?“ Zärtlich nahm er meine Hand und drückte sie. Obwohl er sich bemühte, die Blutsbande auszuschalten, spürte ich seine Verzweiflung.
    Mach dir keine Sorgen. Ich komme doch nachher zu dir zurück.
    Er lächelte mich an. „Das weiß ich doch, meine Süße.“ „Dann lass mich jetzt los, und mach dir keine Sorgen um mich.“ Ich glaubte nicht, dass er meiner Aufforderung folgen würde, aber es war den Versuch wert.
    Bis ich die Wohnung verließ, tat er wenigstens so, als sei nichts. Das war für ihn ein riesiger Schritt, und ich war stolz auf ihn, dass er es geschafft hatte. Außerdem konnte ich mir jetzt kein schlechtes Gewissen erlauben. Wir waren schließlich wegen Cyrus zurückgekehrt.
    Das Haus, das mir Cyrus beschrieben hatte, war nicht weit weg. Obwohl es regnete, ging ich zu Fuß. Es machte mir nichts aus, nass zu werden. Wenigstens nicht seit dem Medizinstudium, in dem ich lernte, dass es ein Virus war, der eine gewöhnliche Erkältung auslöste, und nicht nasse Haare. Ganz im Gegenteil, manchmal mochte ich den Regen.
    Wie mir Cyrus gesagt hatte, ging ich zur Hintertür, die zuebener Erde auf einen Flur führte. Ich musste mich entscheiden, eine Treppe hoch oder eine hinunter in den Keller zu gehen. Beide Wege waren von nackten Glühbirnen erleuchtet, die an Kabeln hingen.
    „Schick“, murmelte ich ein wenig erheitert. Es stimmte, wer hoch hinaus will, fällt tief.
    Am Ende der Treppe gab es eine Waschküche ohne Tür und einen einzigen Wohnungseingang mit dem Buchstaben B daran. Ich wollte gerade klopfen, als die Tür aufging.
    Es dauerte eine seltsam lange Sekunde, bis ich begriff, dass es nicht Cyrus war, der mir

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