Aschenpummel (German Edition)
Wie findest du das?«
»Ich find’s super. Einfach nur super.«
Lauernd fragte Be-De: »Du findest es super, dass sie bei meiner Schwiegermutter ein Karzinom festgestellt haben?«
»Ähhh …«
Be-De grinste. »Du bist eine wahre Freundin, Teddy. Du weißt eben, dass sie das größte Miststück auf Gottes grüner Erde ist. Und dass es ihr natürlich am liebsten wäre, wenn ich abkratzen würde. Kann man es mir da verübeln, wenn ich ihr dasselbe wünsche?«
»Ähhh …«
»Eben.«
Warum haben Frauen immer so ein Problem mit den Müttern ihrer Männer? Ich nahm mir vor, die beste Schwiegertochter aller Zeiten zu werden. Immerhin hatten die Eltern des Piraten die größte Kostbarkeit überhaupt in diese Welt gesetzt, allein dafür musste ich sie schon lieben.
Meine Schwiegereltern stellte ich mir so vor:
Uralt und mit Augenklappe. Aber so was von nett. Papa Pirat erzählt mir von den beiden Kriegen und Mama Pirat serviert saftigen Kokoskuchen dazu.
»Nimm doch noch ein Stück, Teddy«, sagt sie. »Nimm noch ein Stück, du bist so dünn.«
Sobald mein Teller leer ist, legt sie ein neues Stück drauf. Und noch ein Stück und noch ein Stück.
Während mein Verlangen nach Kokos immer größer wurde, plapperte Be-De in einem fort. Soweit ich es mitbekam, waren wir mit dem Thema Familie durch und hatten uns den Klatschspalten zugewandt. Filmstars hier, Popstars dort. Tratschtosteron vom Feinsten.
»Was hast du grade gesagt?«, fragte ich urplötzlich interessiert.
Geduldig wiederholte Be-De: »Die drei Töchter von Bruce Willis sind eigentlich –«
»Nein, nein, das davor …«
»Ach so. Also, die sechs Kinder von Brad und Angelina haben ein Dutzend Kindermädchen und machen mit denen den ganzen Tag nichts anderes als essen und fernsehen.«
»Wow«, sagte ich. Diese Kindermädchensache wäre eine gute Alternative, falls ich doch nicht Mrs. Pirat werden konnte. Den ganzen Tag in einer Nobelvilla sitzen, essen, fernsehen und hie und da einen Blick auf Brad Pitt werfen. Das würde ich hinkriegen. Oder ein bisschen in seinen Sachen stöbern … Na, jetzt mal ernsthaft: Wer glaubt denn nicht, dass die Angestellten von Hollywoodstars in Schubladen und Kästen kramen, in denen sie nichts zu suchen haben? Einmal Brads Unterhose berühren. Oder in Angelinas BH schlüpfen … nö, doch nicht, zu deprimierend.
»So wie der Strohmann aussieht, könnte der auch in Filmen mitspielen«, sinnierte Be-De gerade. Ich merkte, dass sie mich dabei scharf beobachtete, und lief knallrot an.
»Du stehst auf ihn, Teddy!«
»Stimmt nicht«, rief ich entrüstet. Wie konnte sie mich für so oberflächlich wie all die anderen Weiber halten?
»Deine Wangen glühen ja richtig.«
»Be-Deeee …«
»Was?«
» – nise, Bonnie-Denise … heute ist so wenig los, du kannst ruhig schon gehen.« Sie musste jetzt einfach gehen. Be-De lenkte mich zu sehr vom Piraten ab. Dabei meinte sie es ja nicht böse, und ich wollte auch nicht undankbar sein.
Denn wenn ich ehrlich war, musste ich mir eingestehen, dass sie wohl die Frau in meinem Leben war, die dem Begriff »Freundin« am Nächsten kam. Außerdem sah ich sie gerne an. Sie sah aus wie die junge Jane Fonda, und wenn sie redete und ich ihr zuhörte, dann stellte ich mir manchmal vor, dass sie Jane war und ich ihre Schwester. Und mein Vater war dann natürlich Henry Fonda, den ich verehrte, seit ich ihn vor fünfzehn Jahren in »Spiel mir das Lied vom Tod« gesehen hatte. Dass Henry in echt wohl kein besonders guter Vater gewesen und außerdem seit fast dreißig Jahren tot war, störte mich dabei kaum. Heute hatte ich jedoch keinen Kopf für Jane, heute war Bonnie-Denise einfach nur Be-De, die ihre Klappe nicht halten konnte und deren Worte mich nervten wie ein juckender Hautausschlag. Ich fing sogar an, mich zu kratzen.
Be-De saß auf dem Tresen neben der Kassa und überlegte laut: »Ich hab die Woche eh schon wieder Überstunden angesammelt. Du weißt, dass ich schon wieder Überstunden angesammelt habe, oder? Was kratzt du dich denn dauernd? Wenn ich alle Überstunden, die ich bis jetzt schon angesammelt habe, nehmen würde, dann bräuchte ich zwei Monate lang nicht zu kommen, das weißt du, oder? Weißt du das?«
»Natürlich weiß ich das. Drum geh jetzt, dann bist du wenigstens eine Überstunde los.«
Be-De sah auf die Uhr. Sie spitzte die Lippen und begann mit den Beinen zu schlenkern. Anscheinend hatte sie es nicht sehr eilig, nach Hause zu ihren Goldgeschöpfen und
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