Aschenpummel (German Edition)
neun Uhr. Ich saß beim Friseur, trank einen Espresso und sah mir Fotos von Stars an, auf denen sie einmal nicht perfekt aussahen. Die Bilder waren untertitelt mit: Was ist Pam denn da eingefallen? Wie kann Charlize sich so aus dem Haus trauen? Kein Wunder, dass Jennifer noch immer keinen Neuen hat! und Christina, diese Augenringe sind echt peinlich!
Ich sah mir jedes kleine Pickelchen und Fältchen auf den ach so schrecklichen Fotos an und wurde immer nervöser. Die Damen sahen ja trotzdem alle hundertmal besser aus als ich, selbst wenn ich herausgeputzt war. Schnell blätterte ich weiter.
Na, immer noch Single? wurde ich auf der nächsten Seite gefragt. 10 Regeln fürs erste Date. Aufgeregt begann ich zu lesen. 1. Ziehen Sie etwas an, in dem Sie sich wohl fühlen. 2. Hören Sie doppelt so viel zu wie Sie selber reden. (Warum denn das? Und wie würde ein solches Gespräch zwischen dem Piraten und mir ablaufen? Da könnte ich ja den ganzen Abend nichts reden!) 3. Selbst bezahlen ist unweiblich. Der Herr bezahlt.
Das brachte mir alles nichts. Ich brauchte keine Ratschläge, wie ich mich bei einem Date zu verhalten hatte, sondern wie ich es überhaupt schaffte, an so ein verdammtes Date zu kommen.
»So, jetzt nehmen wir bitte die Brille herunter.«
Ich tat brav wie geheißen, und sah mein Antlitz samt Haarumrandung im Spiegel nur noch als verschwommenes weiß-braunes Riesenei.
Trotzdem beantwortete ich jedes »Und? Gefallen wir uns?« der Friseurin mit einem artigen »Mmhm«.
Ich hatte mich zu Strähnchen überreden lassen, das erste Mal in meinem Leben. Und irgendwie fühlte ich mich auch danach. Alles an mir schrie gerade förmlich nach Veränderung. Neuer Lebensabschnitt, neue Frisur. Da sprach wohl schon das Weibermagazin aus mir.
Als ich am Schluss die Brille wieder aufsetzen durfte, sah ich aus wie Prinz Eisenherz, der einen gewaltigen Haarhelm trug. Mit blonden Strähnchen.
»Und? Gefallen wir uns?«
Ich schluckte. »Mmhm.«
»Sehr schön ist das geworden, das neue Styling. Viel voluminöser als vorher. Richtig stolz bin ich auf das Styling. Sie sehen hundertmal besser aus als vorher.«
Ich zahlte sage und schreibe hundertdreißig Euro für das Vergnügen Schrägstrich Styling Schrägstrich, wenn die blöde Tussi noch einmal »Styling« sagt, köpfe ich sie. Ich verließ das Geschäft mit der Hand auf dem Kopf, um den Helm irgendwie unter Kontrolle zu bekommen. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, dass er nach oben wuchs und wuchs, was mein schmales Gesicht in die Länge zerrte wie im Spiegelkabinett. Vielleicht sollte ich lieber mich selbst köpfen.
Geduckt schlich ich die Sieveringer Straße entlang. Batman lag auf dem Gehsteig und hechelte. Als er mich sah, rollte er sich auf den Rücken. Dankbar ließ ich mich auf die Knie fallen und raunte in seinen Hals: »Du magst mich immer, gell. Du bist der Beste. Ja, das bist du. Das bist du.« Zu meinem Entsetzen spürte ich Tränen in mir aufsteigen. Shiti, Heulen war das Letzte, was ich jetzt brauchen konnte. Prinz Eisenherz mit Schnapsnase. Ich streichelte Batman zum Abschied den Hals und huschte über die Straße, den Kopf praktisch zwischen den Knien. Bitte niemanden treffen. Bitte. Am Libri Liberi rannte ich mit abgewandtem Kopf vorbei und stieß vor dem Schuhladen mit dem Zahnarzt zusammen.
»Hoppla, wen haben wir denn da? Wenn das nicht meine Fahrschülerin ist …« Er zwinkerte mir zu.
Ich behielt die Hand auf dem Kopf und bemühte mich intensivst darum, entspannt und natürlich auszusehen.
»Haben Sie Kopfweh, meine Liebe?«
»Mmhm.«
»Und erblondet ist sie auch. Nein, so was …« Er griff sich eine meiner Haarsträhnen und ließ sie durch seine Finger gleiten. Mein Körper kribbelte von den Zehen bis zum Scheitel. Natürlich hatte der Zahnarzt keine Chance gegen den Piraten, aber er war nun mal der offiziell schönste Mann der Straße. Plötzlich liebte ich die blonden Strähnchen.
»Dann sehen wir uns also morgen um neunzehn Uhr, meine Liebe.«
»Mmhm.« Toll, wie schlagfertig ich heute wieder war.
Vollkommen verblödet grinsend betrat ich das Schuh-Bi. Man konnte gegen Be-De sagen, was man wollte, aber jedenfalls schaffte sie es immer, mich auf den Boden zurückzubringen.
»Igitt, Teddy, das wär aber nicht nötig gewesen. Du schaust aus wie die ärgste Proletin.«
Ich deutete mit dem Finger auf sie. »Weißt du was, Bonnie-Denise? Kann ja sein, dass das nicht dein Geschmack ist, aber gerade eben habe ich Dr . Strohmann
Weitere Kostenlose Bücher