Aschenputtel: Thriller (German Edition)
gegen Ende des vergangenen Jahres auf freien Fuß gekommen waren. Er gestand ein, dass sie zwar nicht genau wussten, wonach sie suchten. Aber es gab doch Hinweise darauf, wie alt ihr Täter in etwa war und dass er eine gute Ausbildung genossen haben musste. Um eine präzisere Vorstellung zu bekommen, musste Jelena Scortz erneut darüber befragt werden, wann sie dem Mann zum ersten Mal begegnet war. Und wenn er wirklich versehrte Hände oder Finger hatte, dann würden sie auch das herausbekommen.
Andererseits würden sie die Vergangenheit von Sara Sebastiansson und Magdalena Gregersdotter bis in den hintersten, dunkelsten Winkel durchleuchten. Wann im Leben hatten sie sich in einer besonderen Verbindung zu den Orten befunden, an denen später ihre Kinder ermordet aufgefunden wurden?
Alex wollte keine Zeit verschwenden. Knapp übergab er Peder die Leitung der Gruppe, die sämtliche Vorbestraften ausfindig machen sollte, auf die ihre Kriterien passten. Fredrika würde die Gruppe leiten, die sich mit dem früheren Leben der beiden Frauen befasste. Alex legte ihr die Hand auf die Schulter. » Du findest die Verbindung zwischen dem Badezimmer in Bromma und dem ermordeten Kind. Wer, wenn nicht du mit deinem analytischen Verstand.«
Er blinzelte ihr müde zu, als er das sagte.
Fredrika hatte keinerlei Anlass, mit der Arbeit, die ihr zugeteilt worden war, unzufrieden zu sein, im Gegenteil: Sie war froh darüber. Was Alex da gesagt hatte– der analytische Verstand im Gegensatz zu der Erfahrung und der Intuition der Kollegen–, versetzte ihr zwar einen kleinen Stich. Aber in solchen Situationen sagte man besser nichts, das hatte sie gelernt. Da hieß es: Haltung bewahren.
Fredrika schloss die Augen und stützte den Kopf in die Hände.
Eine Notaufnahme in einer Stadt, die Sara Sebastiansson vor über fünfzehn Jahre besucht hat.
Ein Badezimmer in einem Haus, in dem Magdalena Gregersdotter vor über zwanzig Jahren einmal gewohnt hat.
Sie wiederholte die beiden Sätze ein paarmal für sich. Eine Notaufnahme in einer Stadt…
Dann lehnte sie sich im Stuhl zurück. Eine fiebrige Nervosität bemächtigte sich ihrer. Sie übersahen irgendetwas. Irgendetwas Grundlegendes.
Die Worte von Alex hallten in ihrem Kopf nach. Du findest die Verbindung zwischen dem Badezimmer in Bromma und dem ermordeten Kind. Und sie hörte die Stimme des Professors. Wahrscheinlich werden die Mütter für das gleiche Vergehen bestraft.
Ein Gedanke nahm in ihrem Kopf Form an. Aus Angst, ihn aus dem Blick zu verlieren, tastete sie, ohne ihre Haltung auf dem Stuhl zu verändern, nach Papier und Stift.
Ihr Puls raste, als sie den Gedanken formulierte.
Natürlich.
Sie musste nur ein wenig mit den Worten spielen, dann legten sie sich zurecht.
Ein gemeinsamer Nenner für ein Badezimmer in Bromma und einen Ort in Norrland. Das hatte Fredrika mit einem verbitterten Lachen gesagt, als Alex sie angerufen hatte, damals, als sie Margareta Andersson in Umeå besucht hatte.
Aber Alex selbst hatte etwas anderes gesagt. Dass man einen Zusammenhang zwischen einem Badezimmer in Bromma und der Notaufnahme in Umeå finden musste. Vorausgesetzt…
Natürlich! Erst als sie ihr Telefonat von damals noch einmal rekapitulierte, begriff sie, was sie all die Zeit übersehen und bei den Ermittlungen nicht verfolgt hatten. Nicht Umeå war in diesem Zusammenhang relevant, sondern die Notaufnahme selbst.
Falsche Fragen erbrachten unweigerlich falsche Antworten. Das eine Kind war vor dem Krankenhaus gefunden worden, das andere in einem Badezimmer. Der Mörder hätte das Baby genauso gut auf dem Bürgersteig vor dem Haus ablegen können, wenn es allein um die Geografie gegangen wäre.
Wer immer Lilian Sebastiansson in Umeå abgelegt hatte, hatte mehr als nur einen Fehler gemacht. Und er hatte dafür teuer bezahlt.
Als das Puzzle gelegt war, spürte Fredrika nichts als Erleichterung. Nicht die Kinder waren es, die eine Verbindung zu den Orten gehabt hatten, an denen sie gefunden worden waren, sondern ihre Mütter. Als Alex sie gebeten hatte, den Zusammenhang zwischen einem Badezimmer in Bromma und einem ermordeten Kind zu sehen, hatte er den falschen Zusammenhang formuliert. Aber das Mal davor hatte er recht gehabt.
Es gab den Zusammenhang zwischen einem Badezimmer in Bromma und einer Frau, die früher einmal in dem Haus gelebt hatte. Und deshalb musste es ihn ebenso zwischen dem Universitätskrankenhaus in Umeå und…
Noch ehe sie den Gedanken fertig gedacht hatte,
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