Aschenwelt
sagte sie.
»Da bin ich mal gespannt!« Jo kicherte.
Nadeschda schnitt ein Brötchen auseinander, indem sie das Messer einmal rundherum führte. Sie klappte es auseinander und zupfte mit spitzen Fingern das mittlere Stück weichen Teig heraus. Sie hielt es in die Höhe und schaute Jo fragend an. Jo war verblüfft und nickte. Genauso hätte sie es auch gemacht. Das Weiche in der Mitte des Brötchens, wohin das Messer nicht ganz gelangte, war ihr liebstes Stück. Nadeschda lachte und führte den weiÃen Teigfetzen an Jos Mund, die diesen willenlos öffnete. Sie kaute und war gespannt, was Nadeschda nun weiter tun würde. Wenn sie nun die obere Hälfte des Brötchens ⦠Nadeschda nahm die obere Hälfte und strich, Jo konnte ihren Augen kaum trauen, dick Nutella drauf.
»Gruselig«, sagte Jo.
»Hab ich falsch geraten?«, fragte Nadeschda mit besorgtem Gesicht.
»Nein, genau richtig. Das find ich gruselig.«
Nadeschda lachte und reichte ihr das Nutellabrötchen.
»Kannst du Gedanken lesen?«
»Nein, ich hab deine Mutter gefragt, was du am liebsten zum Frühstück magst.«
Jo blieb vor Schreck ein Bissen im Hals stecken. »Du hast â was?«
Nadeschda brach in schallendes Gelächter aus und hielt sich die Hand vor den Mund, um sich wieder zu beruhigen. »Ich habs erraten. Keine Sorge, ich kenne deine Mutter doch gar nicht.«
»Du hast mir n ganz schönen Schrecken eingejagt, du Miststück«, sagte Jo mit gespieltem Ãrger.
»Entschuldige«, bat Nadeschda mit Hundeblick.
»Bitte keine Witze mit meiner Mutter«, sagte Jo in ernstem Ton.
»Okay.« Nadeschda neigte demütig ihren Kopf, worauf beide lachen mussten und Jo dabei fast ihren Kaffee über die Decke schüttete. Es schwappte aber nur ein klein wenig auf ihren Teller. Sie war erleichtert, dass sie nicht gleich am ersten Tag Nadeschdas Bett eingesaut hatte.
Sie aÃen weiter, und Nadeschda fragte: »Träumst du eigentlich öfter? Und so â lebendig?«
Jo stockte. »Bitte?«
»Na, du hast heute Nacht im Traum geredet und einmal sogar gelacht. Scheint gut gewesen zu sein, was du da geträumt hast.«
»Entschuldige«, sagte Jo. »Hab ich dich geweckt?«
»Nein, nein. Ich lag eh wach und hab dich angeschaut.«
»Du hast mich beobachtet, während ich geschlafen hab?«
Nadeschda nickte. »Ich hab selten jemanden wie dich im Bett. Da muss ich mir doch ganz genau anschauen, wen ich mir da geangelt habe.«
»Du nimmst also öfter jemanden mit nach Hause?« Jos Stimmung sackte innerhalb einer Sekunde in die Tiefe.
»War ein Scherz!«, lachte Nadeschda. »Ich glaub, ich sollte endlich mal an meinem Humor arbeiten.« Sie räusperte sich.
Jo sagte nichts.
»Passiert mir immer.« Nadeschda leckte sich die von Honig triefenden Finger.
Jo runzelte die Stirn.
»Sorry. Immer wenn ich nervös bin, rede ich zuviel Unsinn und mach blöde Witze.«
»Bist du nervös?«
»Machst du Witze?«, rief Nadeschda. »Ich hab die schönste Frau, die ich seit Jahren, ach was, überhaupt jemals gesehen hab in meinem Bett und frühstücke mir ihr! Klar bin ich nervös!«
»Das war jetzt ein ganz schlechter Witz«, sagte Jo.
»Nein.« Nadeschda schüttelte ernst den Kopf. »Das war kein Witz, das ist die Wahrheit.«
»Mhm.« Jo trank noch einen Schluck.
»Echt wahr!« Dabei stieà Nadeschda ihren Kaffeebecher um und vergoss den kompletten Inhalt auf ihrer Decke. »ScheiÃe«, sagte sie, blickte entgeistert auf den riesigen braunen Fleck, um dann laut loszuprusten. Jo lachte mit, und plötzlich, ohne dass Jo es recht mitbekam, lagen sie sich in den Armen und küssten sich. Sie fielen übereinander her wie am vergangenen Abend. Jo streifte Nadeschdas Nachthemd über ihren Kopf, warf sich auf sie, wobei sie aus Versehen alles, was auf dem Tablett stand über das ganze Bett verstreute. Doch das störte Jo nicht, genausowenig Nadeschda. Sie lachten und küssten sich und schmierten sich gegenseitig mit Marmelade, Nutella und Honig ein und leckten es wieder ab. Sie liebten sich hemmungslos, so wie es sich Jo seit Jahren ersehnt hatte. Mit Nadeschda war es anders als mit Anne, wilder und schmutziger. Und es brachte Jo fast um den Verstand.
Hinterher sah Nadeschdas Bett wie ein Schlachtfeld aus. Nass, klebrig, bunt. Jo blickte schuldbewusst
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