Aschenwelt
konnte. Warum meldete sich Nadeschda nicht? Weil du gesagt hast, dass du das tust, Dummkopf. Stimmt. Was Nadeschda wohl gerade tat? Dachte sie an Jo? So wie Jo an Nadeschda? Am liebsten wäre sie nun bei ihr unter die Decke geschlüpft, um sich an ihre warme Haut zu schmiegen.
Sie entriegelte ihr Telefon, gab jedoch keine Nachricht ein, sondern blickte stumm darauf, so lange bis der Bildschirm wieder schwarz wurde. Sie entriegelte es wieder und starrte wieder, bis es erneut erlöschte. Das machte sie so lange, bis ihr fast die Augen zufielen. Kurz, bevor sie ins Bett ging, schrieb sie Nadeschda doch noch eine Nachricht.
Zwei
Nadeschda wartete schon. Als Jo sie sah, ging sie einige Schritte schneller, bis sie schlieÃlich rannte und Nadeschda um den Hals fiel. Etwas zu heftig. Nadeschda verlor fast das Gleichgewicht. Jo drückte sie so fest sie konnte und Nadeschda blieb steif wie ein Brett.
Jo trat einen Schritt zurück. »Es â es tut mir leid«, sagte sie.
Nadeschda schaute sie nur an.
»Ich hätte dich gestern nicht einfach so stehen lassen dürfen«, sagte Jo.
»Das stimmt.«
»Bitte verzeih mir.«
Anstatt etwas zu sagen, hauchte Nadeschda ihr einen Kuss auf den Mund und flüsterte in ihr Ohr: »Wir stehen erst am Anfang, Schnucki. Okay?«
»Schnucki?« Jo drückte sich von Nadeschda weg und schaute sie stirnrunzelnd an.
»Magst du das nicht?«, fragte Nadeschda.
Jo schüttelte den Kopf und verzog dabei angewidert den Mund.
»Jetzt speziell Schnucki oder Kosenamen im allgemeinen?«
»Also, Schnucki ganz speziell nicht. Klingt wie Mausi, oder Zensi. Da kannst du auch gleich Muschi sagen.«
»Oh, Muschi ist gut.« Nadeschda kicherte. »Da fällt mir ein â¦Â«
»Ich glaub, ich steh allgemein nicht auf Kosenamen.«
»Gut, dann nenn ich dich einfach Jo. Oder: meine Liebe?«
»Nein, bitte nicht meine Liebe. Einfach Jo, das reicht.«
»Gut. Dann musst du mich Deschda nennen. Und bitte bitte niemals Nadi oder so. In Ordnung?«
»Versprochen«, sagte Jo. »Deschda. Klingt gut.« Sie grinste.
»Dann hätten wir das schon mal geklärt.« Nadeschda stieà ein helles Lachen aus.
»Ist alles gut zwischen uns?«, fragte Jo.
»Klar, warum nicht?«
»Na, irgendwie warst auch du komisch gestern.«
»Ja, stimmt, hast recht«, sagte Nadeschda. »Bitte nicht sauer sein. Ich glaube, ich hatte Angst, dass gestern Nacht nur eine Episode war, nichts Ernstes.«
»Wie kommst du auf so einen Blödsinn?«
»Ich weià auch nicht«, sagte Nadeschda. »Ich bin ein Angstmensch.« Sie zog eine Grimasse.
»Und, ist es was ernstes?«, fragte Jo.
»Für mich, ja«, sagte Nadeschda. »Und für dich?«
»Ja, schon, glaube ich.«
Nadeschda küsste sie wieder auf den Mund.
»Und?«, fragte sie dann. »Eine Idee, was wir jetzt machen? Immerhin hast du mich herbestellt.« Sie zwinkerte Jo zu.
»Keine Ahnung.«
»Wollen wir an die Elbe? Ein bisschen spazieren? Ist so herrliches Wetter.«
»Elbe? Ich weià nicht.« Jo war etwas unschlüssig.
»Jetzt komm schon«, forderte Nadeschda sie auf. »Jedes frisch verliebte Paar in dieser Stadt muss wenigstens einmal gemeinsam an der Elbe gewesen sein.« Sie griff nach Jos Hand und zerrte sie in den gerade angekommenen Bus hinein.
»Ist das überhaupt der richtige?«, fragte Jo.
»Null Ahnung. Hauptsache, er bringt uns in die Nähe.«
Wenig später standen sie auf dem Sand am Ufer des breiten Stroms, der Lebensader der Stadt.
Nadeschda sog gierig die Luft ein. »Ahh! Göttlich! Hier riechtâs so frisch und belebend.«
»Abgase vom Hafen und den Schiffen«, bemerkte Jo mit wenig Begeisterung.
»Du bist mir mal ein Miesepeter.« Nadeschda warf ihr einen tadelnden Blick zu. »Siehst du den Baum dort? Der so aussieht, als hätte er sich hingelegt, um aus dem Fluss zu trinken?«
Jo nickte.
»Wer zuerst dort ist!« Nadeschda rannte los, ohne darauf zu warten, was Jo davon halten könnte.
»Und du bist manchmal übelst guter Laune!«, rief Jo ihr nach, rannte aber selbst los und schaffte es, Nadeschda genau am Baum einzuholen.
»Unentschieden«, hechelte sie.
»Bist du Sportlerin oder was?« Nadeschda war völlig auÃer Atem.
»Nein, ich kann eben â¦Â«
Weiter kam sie nicht, weil Nadeschda sich auf sie warf und
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