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Aschenwelt

Aschenwelt

Titel: Aschenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timon Schlichen Majer
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Augenlider klappten wieder herab. So schwer. So schwer. WACH BLEIBEN, JO! Augen auf. Und wieder fielen sie zu. Wach bleiben … bleib wach … bleib … nicht schlafen … nein … nicht …
    Aschenwelt.
    Ohne Asche.
    Nein, oh nein. WACH AUF! Nichts. Roter Fußboden. Bohnerwachsgestank. Sackleinenhimmel. Kalt und dunkel. Stille. Nichts als Stille. Kein Lüftchen regt sich. Ich stehe auf meinen Füßen und kann umhergehen.
    Sie sind wieder da. Ich kann sie nicht sehen, aber ich kann die tausend kalten Augenpaare spüren, wie sie sich in mich bohren und sich nach meinem Blut verzehren. Ich fröstle noch mehr. Ich weiß nicht, was ich tun soll und drehe mich im Kreis. Ich fühle mich nackt auf dem Präsentierteller. Ich bin ihr Buffet, ihr letzter großer Festschmaus. Aufwachen. Alles bleibt. Da entdecke ich wieder den kleinen leuchtenden Punkt am Horizont. Weit weg, klein wie eine Ameise. Ich laufe zu der Gestalt. Die Teufel gehen mit.
    Â»Anne!«
    Sie reagiert nicht, wendet sich sogar von mir ab, wird wieder kleiner und entschwindet meinem Blick. Mir wird noch kälter.
    Dann höre ich ein Scharren hinter meinem Rücken. Ich fahre herum. Aber da ist nichts. Nur der endlose rote Boden. Ich wende mich wieder in die Richtung, von der ich meine, Anne sei dort hinter dem fadendünnen Horizont verschwunden. Aber ich bin mir nicht sicher. Diese Welt sieht überall vollkommen gleich aus. Es gibt nichts, woran ich mich orientieren kann.
    Meine Blase drückt. Und ich lasse es einfach laufen. Etwas Wärme in dieser kalten Welt. Darauf wird es dunkel, der rote Boden verschwindet, das Sackleinen am Himmel ebenso und vor meinen Augen erschien wieder das kleine Krankenhauszimmer. Mein Bett war nasswarm. Oh nein. Ich fühlte mich schäbig und gedemütigt. Ich drückte den Schwesternknopf.
    Sie war augenblicklich bei mir, und ich konnte ihr von meinem Missgeschick berichten. Und während ich es ihr erzählte, kam mir eine Idee. Wenn nicht jetzt, wann dann. Die Schwester schlug die Decke weg, und ich konnte zum ersten Mal sehen, dass ich ein hellblaues Krankenhemd trug. Mein Herz klopfte, als die Schwester erst meine Handgelenke und dann meine Knöchel von den Gurten befreite. Sie half mir aufstehen, gab mir ein neues Hemd zum Anziehen und machte sich daran, mein Bett frisch zu beziehen.
    Jetzt.
    Ich rannte los. Zur Tür.
    Doch sie hatte keine Klinke. Die Tür war von innen nur mit Hilfe eines Schlüssels zu öffnen. Ich trat mit dem nackten Fuß gegen sie und stieß einen spitzen Schrei aus.
    Â»Wo willst du denn hin, Johanna?«, fragte die Schwester in aller Seelenruhe.
    Â»Aufs Klo«, behauptete ich.
    Â»Das ist die andere Tür.«
    Ich ging auf die Toilette und setzte mich auf den heruntergeklappten Deckel. Abschließen ging hier nicht. Kein Schloss in der Tür. Ich rieb meine Handgelenke, drehte meine Füße an den Knöcheln im Kreis, dachte nach. Meine Haut juckte wie verrückt. Die Würmer waren wieder da, wenn ich sie auch nicht sehen konnte. Ich fror und schwitzte, und mir war schlecht. Obwohl mein Magen schon lange leer sein musste, kotzte ich das ganze Bad mit stinkendem, gelbem Schleim voll, weil ich es nicht schaffte, vorher den Klodeckel zu öffnen. Der Schleim klebte an den Wänden, lief in Schlieren hinab. Bei diesem Anblick musste ich mich noch einmal übergeben.
    Die gedämpfte Stimme der Schwester drang durch die Klotür und wollte wissen, ob alles okay wäre.
    Â»Kurz noch«, sagte ich und zog den sauren Rotz hoch.
    Ich schüttete mir literweise kaltes Wasser ins Gesicht, spülte meinen Mund und putzte die Zähne. Dann öffnete ich die Badezimmertür und ging zurück ins Zimmer. Die Schwester ging ins Bad und säuberte es, ohne ein Wort darüber zu verlieren.
    Â»Ich brauch jetzt keine Gurte mehr«, rief ich ihr mit überzeugender Stimme vom Bett aus zu.
    Â»Das entscheide ich«, sagte ein Mann. Uschasnik stand plötzlich da, und ich raffte schnell das hinten offene Hemd zusammen.
    Â»Es dauert nicht mehr lange«, sagte Uschasnik. »Bald hast du es hinter dir.«
    Ich kreischte ihn wütend an, zog meine Beine an schlang und meine Arme um meine Knie, so dass sie mich nicht anschnallen konnten. Von der Anstrengung war mir schwindelig, aber ich versuchte es zu verbergen.
    Â»Johanna, bitte«, sagte Uschasnik. »Es ist …«
    Â»â€¦ zu meinem Besten«,

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