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Aschenwelt

Aschenwelt

Titel: Aschenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timon Schlichen Majer
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Aschenwelt sein. Doch es ging nicht lange gut. Das Schlafblei war schwerer als meine Augenmuskeln und zwängte sie zu Boden.
    Ich kauere auf dem Bohnerwachsboden. Umzingelt von den gierigen Teufeln, die nur eines wollen: Mein Blut trinken. Und keiner soll hinterher behaupten können, ich hätte es nicht versucht. Ich will es wirklich. Ich richte mich auf, hole tief Luft und wünsche mir eine Waffe herbei. Nicht so etwas Albernes wie ein Lichtschwert. Eine ganz normale Eisenstange genügt vollauf. Zwanghaft versuche ich, die Kraft herbeizufühlen. Aber sie kommt nicht. Genausowenig wie die Eisenstange. Die Teufel scheinen mich auszulachen. Das Häuflein Elend in ihrer Mitte. Ich verkrampfe und zittere und weine. Dann wird es mit einem Mal still, und im nächsten Augenblick springen die Teufel mich an.
    Krankenzimmer. Nass geschwitzt. Wahrscheinlich troff mein Schweiß bereits unten aus der Matratze heraus. Ich verfluchte Uschasnik. Er hatte keine Ahnung, was dort auf mich lauerte. Einfach eine Waffe herbeiwünschen. So ein esoterischer Mist!
    Ich schrie in die Dunkelheit. Irgendwelche undefinierbaren Laute. War auch vollkommen gleichgültig. Ich lallte vor mich hin. Ich lachte, und ich brummte. Ich war verrückt geworden, und ich wollte es allen zeigen, auch wenn niemand in meinem Zimmer war. Sollten sie mich eben aufgeben, so wie ich mich aufgab. Ich schloss wieder die Augen und gab mich den Teufeln hin. Doch sie sind verschwunden. Als seien sie nie dagewesen. Das kann doch nicht wahr sein!
    Ich renne kreuz und quer durch die Welt und rufe nach ihnen. Kommt und holt mich! Trinkt mein Blut, ihr Bastarde! Doch statt ihnen kommt Anne. Ganz weit weg, als helle Gestalt am Horizont. Das kann nur Anne sein. Ich rufe ihren Namen und laufe auf sie zu, so schnell ich nur kann. Doch der Boden ist weich und verwandelt sich in eine dicke Turnmatte, die mich daran hindert, schnell voranzukommen. Ich komme nur zentimeterweise weiter, und meine Beine werden immer schwerer, bis sie irgendwann nicht mehr wollen und einfach stehen bleiben. Ich kann nur zuschauen, wie Anne wieder einmal hinter dem Horizont verschwindet, unerreichbar für mich. Ich stehe und starre zum Horizont und merke nicht, wie die Teufel wieder zu mir kommen. Erst als es zu spät ist.
    Dunkelheit. Ruhe. Dann nichts mehr.
    Ich schlug die Augen auf.
    Das erste, was ich wahrnahm, war das gedämpfte und warme Licht, das mich einhüllte. Das zweite war Anne, die an meinem Bett saß, und deren goldene Haare im Licht glänzten. Das dritte, dass ich noch immer im Krankenzimmer lag und ans Bett geschnallt war.
    Â»Hallo Jo«, sagte Anne fröhlich.
    Ich blickte sie nur an, unfähig, auch nur einen einzigen Ton herauszubekommen. Ich sah sie da sitzen. Aber ich glaubte nicht, dass es wirklich so war. Ich bildete es mir nur ein. Wieder ein Traum, der mir etwas vergaukelte.
    Â»Wie … wie …«, stammelte ich und musste mich räuspern, weil meine Stimme versagte. »Wie kommst du hier rein?«
    Â»Durch die Tür«, antwortete Anne.
    Â»Aber … die ist doch verschlossen.«
    Â»Nö. Ich habse aufgekriegt.« Sie grinste.
    Â»Bist du wirklich hier?«, fragte ich.
    Â»Wie meinstn das?«
    Â»Sitzt du wirklich hier bei mir oder bilde ich mir das alles nur ein?«
    Anne küsste mich und fragte daraufhin: »Wie hat sich das angefühlt?«
    Â»Ziemlich echt«, sagte ich. »Könntest du das bitte nochmal wiederholen?«
    Anne küsste mich noch einmal und so ganz langsam begriff ich, dass sie tatsächlich hier war.
    Dann musste ich daran denken, wie ich zu ihr gewesen war, als wir uns das letzte Mal gesehen hatten. Meine Augen füllten sich mit Tränen. »Es tut mir so leid, so leid«, schluchzte ich.
    Â»Was denn?«, fragte Anne in der ihr eigenen Kindlichkeit.
    Â»Was ich zu dir gesagt habe.«
    Â»Ich verzeihe dir«, sagte Anne mit großer Geste und ernstem Gesicht, das sie aber nicht lange durchhielt und in brüllendes Gelächter ausbrach, in das ich nicht recht mit einstimmen konnte.
    Sie lachte, und ich beobachtete sie dabei, und mein Herz schäumte vor Glück.
    Â»Wo warst du denn? Ich hab überall nach dir gesucht!«
    Â»Ich hab ne Auszeit gebraucht«, sagte Anne. »War mit meiner Mum im Urlaub.«
    Darum waren also am helllichten Tag die Vorhänge ihrer Wohnung zugezogen gewesen. Ich machte ihr keinen Vorwurf, dass sie mir nicht Bescheid gesagt

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