Aschenwelt
hatte. Immerhin hatte ich sie mit meinen unbedachten ÃuÃerungen davon gejagt.
»Hast du zufällig was zu rauchen dabei?«, fragte ich, und ein kleiner Hoffnungsschimmer flammte in mir auf.
»Nein, nichts«, erwiderte Anne zu meiner Enttäuschung. »Ich nehm keine Drogen mehr. Gar nichts und nie wieder.«
Ich schaute sie teils ungläubig, teils verwirrt, teils bewundernd an. »Und wie geht es dir damit?«
»Sehr gut. Ein paar Tage wars schwierig, aber dann gings.«
»Und â siehst du die Aschenwelt noch? Und die Teufel?«
Anne schüttelte den Kopf. »Ne, die sind alle weg. Schwupps. Weg.« Sie machte eine Handbewegung, als würde sie eine lästige Fliege beseite wischen.
»Ich glaube, ich schaffe es nicht, dass das alles einfach so weg ist.«
»Doch, wirst du.«
»Ich brauche meinen Zauberrauch dazu. Nur noch einmal. Ohne ihn werde ich noch wahnsinnig. Denn immer, wenn ich die Augen schlieÃe, bin ich in der Aschenwelt, die jetzt übrigens ganz anders aussieht. Und jedes Mal sehe ich dort dich. Aber so weit weg, dass ich nicht zu dir kommen kann. Und dann kommen die Teufel und ⦠und â¦Â« Ich schluckte.
Anne fuhr mir beruhigend mit der einen Hand durch die Haare. »Es ist alles nur ein Traum«, sagte sie. »Das hier ist die Realität. Du und ich.«
»Und die Gurte, die mich ans Bett schnallen«, sagte ich.
»Du bist â¦?« Anne machte groÃe Augen und befühlte die Gurte an meinen Armen und meinen Beinen.
»Kannst du sie aufmachen?«, fragte ich.
»Ich versuchs«, sagte Anne. Sie musste aber bald aufgeben, weil man wohl ein spezielles Werkzeug brauchte, um die Schnallen zu lösen.
»Egal«, sagte sie. »Ich bin jetzt mal bei dir und bleibe auch bei dir, bis du hier wieder rauskommst.«
»Problem ist nur, dass ich keinen Besuch haben darf.«
»Auch egal«, sagte Anne. »Wenn jemand kommt, versteck ich mich.«
Sie legte sich zu mir und streichelte mich. Ich war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Ich merkte, wie ich schon wieder einzuschlafen drohte. Ich wehrte mich dagegen, doch Anne meinte, dass ich ruhig schlafen könne, denn sie wäre jetzt da, und nichts und niemand würde uns etwas antun können. Und tatsächlich. Ich schlief ein und träumte nichts.
Als ich wieder aufwachte, schien die Morgensonne durch das offene Fenster. Vögel zwitscherten, es duftete nach frischen Brötchen und Kakao. Und an meinem Bett stand die Schwester. Ich erschrak und war kurz davor, sie zu fragen, wo Anne sei. Gerade noch rechtzeitig fiel mir ein, dass niemand wissen durfte, dass sie hier bei mir war.
Die Schwester lächelte mich an und fragte, wie es mir gehe.
»Ganz gut«, antwortete ich.
Sie hätte eine gute Nachricht für mich, sagte sie. »Dr. Uschasnik meinte, dir heute probehalber die Gurte abzunehmen. Was hältst du davon?«
Es war, als wenn Licht durch meine Adern strömte. Keine Gurte mehr! Ich versuchte, meine Freude darüber so ausgiebig und natürlich wie möglich zum Ausdruck zu bringen und lächelte einfach nur beseelt.
»Also gut!« Die Schwester lachte mit ihrer hellen Stimme. »Weg mit den Dingern!«
Frei. Frei. Endlich frei. Ich sprang vom Bett, ans Fenster, sog die frische Luft ein. Die Gitter störten mich nicht. Die Schwester wünschte mir einen guten Appetit und verlieà das Zimmer.
Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, krabbelte Anne unter meinem Bett hervor. Ich war überglücklich, sie zu sehen und ihr endlich wieder um den Hals fallen zu können. Endlich konnte ich mich wieder bewegen, mich an meine Liebe drücken, sie überall anfassen, mit ihr anstellen, was ich wollte. Danach lud ich sie spontan zum Frühstück ein. Ich hatte einen Mordshunger und konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte. Wir futterten gemeinsam das Frühstück auf, bis zum letzten Brotkrümelchen, das ich mit einem feuchten Finger vom Teller tupfte. Ich war satt. Und zufrieden. Und glücklich.
Wir waren allerdings kaum fertig, als die Tür wieder aufging und Dr. Uschasnik das Zimmer betrat. Anne konnte gerade noch rechtzeitig unter mein Bett hechten. Ich strich das Laken glatt und blickte Uschasnik unschuldig lächelnd an.
»Wie geht es dir, Johanna?«, fragte er.
»Gut.«
»Das freut mich zu hören. Ich glaube, die Gurte können wir nun
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