Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
finsteres Gesicht zog, aber gehorsam zur Seite trat. Rishi zog Ash noch einmal näher zu sich und wisperte: »Doch den Aastra behältst du fürs Erste für dich.«
Sobald Rishi gegangen war, scharte sich die Bande Straßenkinder um Ash und Lucky und Ash sprach den Jungen mit dem Katar an. Egal, welches Problem der Typ mit Rishi hatte, mit Ash hatte es nichts zu tun.
»Ich bin Ash und das hier ist Lucky. Wir sind hier, weil –«
»Ist mir völlig egal, was ihr hier wollt oder wie ihr heißt.« Der Junge packte eins der anderen Kinder. »Gib ihnen ein Zimmer.«
»Welches, Hakim?«
Hakim. So heißt er also. Auf den haben wir besser ein Auge.
Hakim trat dem Jungen in den Hintern. »Mach’s einfach.«
Während er sich sein schmerzendes Hinterteil rieb, winkte der Junge Ash und Lucky zu sich und musterte sie von oben bis unten. Er seufzte und scheuchte sie dann auf eine Treppe zu. »Na dann los.«
Sie folgten ihm eine schmale Wendeltreppe hinauf, die sich weit nach oben schraubte. Schließlich erreichten sie ein Flachdach, das man zum Wäschetrocknen benutzte. Doch zwischen den flatternden Wänden aus bunter Kleidung war ein kleines Zimmer, das ganz allein auf dem Dach thronte und einen genialen Blick auf den Fluss bot. Die Mauern bestanden aus kunstvoll gehauenen Steingittern und darauf saß ein Dach mit drei Kuppeln, das vollkommen weiß gewesen wäre, hätten die Tauben es nicht mit Kot überzogen. Monstermäßig zugekleistert, könnte man auch sagen .
»Hier hat der Maharadscha immer geschlafen«, erzählte der Junge, »wenn es heiß war und er dem Sonnenaufgang zuschauen wollte.«
»Ich bin Ash«, versuchte Ash es noch einmal. »Und das hier ist meine Schwester –«
»Lucky. Hab ich vorhin schon mitgekriegt«, unterbrach der Junge ihn und rieb sich immer noch den Allerwertesten. Der Tritt musste es ganz schön in sich gehabt haben. Dann entriegelte er die Holztür, die man in das Steingitter eingelassen hatte. »Ich lasse euch was zu essen raufbringen.«
»Wie heißt du?«
»John.«
»John?« Das klang nicht sehr indisch.
»Ujba gibt allen einen neuen Namen«, erklärte der andere. »Das gehört zum neuen Leben im Lalgur dazu.«
Ash schaute sich um. »Was ist das hier eigentlich?«
»Unser Zuhause. Hier wohnen wir mit dem Meister und trainieren.«
»Trainieren? Was denn?«
John stutzte, als wäre das die blödeste Frage, die ihm jemals jemand gestellt hatte. Als er Ashs Verwirrung bemerkte, lächelte er schlitzohrig. »Wirst du schon noch sehen.«
»Und ihr alle wohnt hier? Was ist denn mit eurem eigenen Zuhause? Euren Familien?«
John schüttelte den Kopf – schon die zweite dämliche Frage. »Meinst du, wir wären hier, wenn wir noch Familie hätten? Wir sind hier, weil wir Waisen sind.« Er drückte die Tür auf und zeigte ihnen einen viereckigen, luftigen Raum mit zwei Holzbetten darin. »Wie ihr.«
»Wir sind keine Waisen«, blaffte Ash, als Lucky und er eintraten. Allerdings musste er zugeben, dass sich seine Eltern und sein Zuhause in London im Augenblick so weit entfernt anfühlten wie der Mond.
John zuckte mit den Schultern. »Auch egal. Waisen hin oder her, ihr seid jetzt hier.«
Als John weg war, schloss Ash die Tür.
»Mir gefällt es hier nicht«, klagte Lucky.
»Mir auch nicht.«
»Dann lass uns wieder gehen.«
Ash nickte. Er war sicher, dass Rishi recht hatte: Savage würde nach ihnen jagen und sie mussten vorsichtig sein. Doch Varanasi war ein riesiges Labyrinth aus kleinen Gassen, es sollte also ein Leichtes sein, sich versteckt zu halten. »Wir warten bis heute Nacht.« Er holte einen Stapel Laken von einem klapprigen Tischchen und breitete sie über den Betten aus. »Wir werden essen und uns eine Weile hier ausruhen, dann schleichen wir uns raus und verständigen Dad.«
Und sagen ihm, dass Tante Anita und Onkel Vik tot sind.
So viel war geschehen. Ash konnte gar nicht glauben, dass sie noch gestern zur gleichen Zeit quicklebendig und glücklich gewesen waren. Ja, glücklich. Und er fühlte sich schrecklich, weil er sich aufgeregt und über Sachen gejammert hatte, die jetzt so belanglos erschienen. Andauernd hatte er gemeckert, statt dass er seinem Onkel und seiner Tante gesagt hätte, wie sehr er sie schätzte und dass er sie lieb hatte.
Doch nun war es zu spät, alles was ihm noch blieb, war ein schlechtes Gewissen.
Lucky starrte mies gelaunt die Wand an. Sie setzte alles daran, nicht zu weinen, trotzdem zitterten ihre Schultern.
»Das kommt schon alles wieder
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