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Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)

Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)

Titel: Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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hier vor ein paar Jahren abgegeben.«
    »Sie hat dich abgeschoben?«
    »Papa ist gestorben. Ging eben nicht anders.« John redete sehr sachlich, als wäre seine Geschichte gang und gäbe. »Mutter konnte es sich nicht leisten, uns durchzufüttern. Hier ist es viel besser. Ich verdiene mein eigenes Geld, genug für Essen und ein Bett. Könnte also schlimmer sein.«
    »Wie verdienst du denn dein eigenes Geld?«
    »Na ich bin voll ausgebildeter Arzt, sieht man das nicht?« John schüttelte grinsend den Kopf. »Ich stehle. Räume Leuten die Taschen aus und knacke Schlösser. Ich klettere Regenrinnen rauf und auf die Dächer der Häuser – damit rechnet keiner. Wenn man so klein ist wie ich, ist Reinschleichen ein Kinderspiel.«
    »Was stiehlst du denn so?«
    »Geldbeutel. Kameras. Handys. Alles, was die Touristen kurz ablegen und eine Sekunde lang aus den Augen lassen. Das machen wir alle – ist besser als zu betteln.«
    Handys! Das war die Lösung.
    »Zu Hause anrufen«, wisperte Lucky, die Ashs Gedanken erriet.
    »Hör mal, John, ich brauche deine Hilfe«, begann Ash. »Ich muss an ein Handy rankommen.«
    »Meinst du, Ujba lässt uns die Dinger behalten? Sobald wir irgendwas ergattert haben, nimmt Hakim es uns ab und händigt es dem Guru aus. Wenn er mich dabei erwischen würde, wie ich ein Handy vor ihm verstecke, würde er mich windelweich prügeln. Das kannst du gleich wieder vergessen.«
    »John, hör doch erst mal zu. Was würdest du geben, um wieder bei deiner Mum zu leben?«
    »Sie hat mich verlassen. Warum sollte ich wieder zu ihr wollen?«
    »Du hast es doch selbst gesagt: Sie hatte einfach nicht genug Geld, um dich durchzufüttern. Wenn du mir hilfst, dann schenkt mein Dad dir eine Belohnung – so viel Geld, wie du je brauchen kannst. Schon morgen könntest du wieder bei deiner Mutter sein, ein Klacks.«
    Ein scharfer Schmerz durchfuhr John, das konnte Ash deutlich in seinen Augen sehen. Er bekam sofort ein schlechtes Gewissen, weil er den wunden Punkt des Jungen ausnutzte – insgeheim musste das Johns größter Traum sein, auch wenn er es vermutlich niemals zugegeben hätte.
    »Wir sind hier ganz allein, John.« In Ashs Hals bildete sich ein Kloß, sodass er die nächsten Worte herauspressen musste. »Aber mein Dad wird uns abholen kommen. Ich muss ihn nur anrufen. Bitte, besorg mir ein Handy.«
    John sah ihm in die Augen und biss sich unentschlossen auf der Lippe herum. Doch dann schüttelte er abrupt den Kopf. »Das kann ich nicht machen. Tut mir leid.«
    »Lucks, steh auf, wir gehen.«
    Sofort schlug Lucky die Augen auf. Sie sprang aus dem Bett und huschte zur Tür, um sicherzugehen, dass auch niemand sonst in der Nähe war. »Was ist der Plan?«
    »Der Plan ist, hier abzuhauen, zum Teufel noch mal. Reicht das?«
    »Aber voll!«
    Inzwischen war es Nacht. Sie hatten sich ausgeruht, gegessen und waren nun bereit. Schon seit Stunden hatte keiner mehr nach ihnen gesehen. Nachdem John ihnen nicht half und Rishi sie hängen ließ, konnten sie sich auf niemanden verlassen. Nicht mehr. Der Gedanke war bitter, trotzdem würden er und Lucky heute Nacht von hier verschwinden.
    Ash band seine Schnürsenkel zusammen und hängte sich seine Converse All-Stars um den Hals – wozu mehr Lärm machen als unbedingt nötig?
    In der Ferne läuteten Tempelglocken und irgendwo in der Nähe balgten sich kläffend Hunde. Von den noch immer bevölkerten Straßen der Altstadt drang das Geplapper Varanasis zu ihnen und in der Luft lagen die Gerüche von Bratöl, Gewürzen und moderigem Wasser, das langsam vom Ganges aufstieg und verdunstete.
    »Na dann komm.«
    Ash zog die Tür auf. Sie würden runter zur Straße gehen und sich umsehen. Überall gab es Internet-Cafés, von wo aus sie Dad anrufen, dann aus Indien abhauen und diesen ganzen Albtraum hinter sich lassen konnten. Ashs Hand ruhte noch immer auf der Klinke. Sie würden sich Savage vorknöpfen, aber erst einmal mussten sie fort von hier.
    Lucky packte seinen Arm.
    Etwas schlängelte über das Dach. Das Mondlicht glänzte auf dunkelgrünen Schuppen und ließ sie wie Öl schimmern, während zwei grüne Augen in die Dunkelheit blickten.
    Als die Schlange näher kam, wich Ash zurück. Sie ringelte sich auf der Türschwelle zusammen und blockierte den Ausgang, dann baute sie sich auf. Sie züngelte zwischen weißen Zähnen hindurch und blähte ihre Haube auf, während sie sich hin und her wiegte.
    Eine Kobra.
    Lucky kletterte aufs Bett und hielt schützend das Laken vor

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