Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
bekämpfen, und könnte gemeinsam mit Lucky endlich heim. Er ließ die Pfeilspitze aus seiner Faust baumeln.
»Was machst du da?« Mit übernatürlicher Anmut schälte Parvati sich aus der Dunkelheit. Ihre grünen Kleider schimmerten: eine hellgrüne Seidenhose und ein ärmelloses Oberteil, bestickt mit Schlangen. Ihr Haar war glatt und schwarz wie Öl. Sie hätte ein ganz gewöhnliches Menschenmädchen sein können, wären da nicht ihre Augen gewesen, die die einer Kobra blieben, ganz und gar unmenschlich.
»Geht dich nichts an.« Noch immer hielt Ash den Aastra umklammert, bereit, ihn jeden Moment fortzuschleudern. »Was machst du hier?«
»Auf euch aufpassen und sichergehen, dass ihr keine Dummheiten macht.«
»Dann bist du also Rishis Spionin?«
Sie zuckte mit den schmalen Schultern. »Das – und euer Leibwächter.«
»Und bei dir bin ich sicher, ja?« Bei einer Rakshasa?
Parvati ignorierte seine Bemerkung. Sie setzte sich auf die Balkonbrüstung und betrachtete ihn schweigend. Um ihren Hals hing ein silbernes Medaillon, das sie gedankenverloren in den Fingern drehte.
Ash band sich den Aastra wieder um und fühlte sich unter Parvatis Blick reichlich unwohl. »Vermutlich ist das Ding eh verzaubert. Wenn ich es wegwerfe, taucht es morgen wahrscheinlich in meinem Frühstück wieder auf, was?«
»Kommt darauf an, was du zum Frühstück so isst.«
Parvati ließ die Beine baumeln. Ash beobachtete sie, wie sie die langen Finger durch ihre schwarze Haarpracht gleiten ließ und eine Strähne um den Zeigefinger wickelte. Ihre Nägel waren grün. Sie war eine Rakshasa, ein Dämon, trotzdem verhielt sie sich wie jedes andere Mädchen. Sie ertappte Ash dabei, wie er sie anstarrte, und er wurde rot. Verlegen rieb er sich den Nacken.
»Wie lange kennst du Rishi schon?«, fragte er, um abzulenken.
»Ach, wir sind uns immer mal wieder über den Weg gelaufen, so die letzten viereinhalbtausend Jahre.«
Ash sah sie verdutzt an. Das war doch nicht möglich, oder doch?
Parvati musste seine Zweifel erraten haben. »Ich bin eine Unsterbliche, Ash. Ich bin schon eine Weile auf dieser Welt.«
»Und Rishi?«
»Er ist ein Mensch, wie du. Sein Schicksal ist es, wiedergeboren zu werden. Nicht, dass er sich an eins seiner vergangenen Leben erinnern würde.«
»Was ist mit mir?«, platzte es aus ihm heraus, bevor er darüber nachdenken konnte. »Hast du mich auch schon mal getroffen?«
Parvati lachte. Ihre Stimme war wie klingendes Kristall, und Ash spürte, wie der Klang in ihm vibrierte und durch sein Inneres wanderte.
»Ja, natürlich.« Sie hob die Hand, um ihn von seiner nächsten Frage abzuhalten. »Und jedes Mal bist du derselbe. Es ist, als wäre es dein Schicksal, immer wieder dieselben Fehler zu machen.«
»Was für Fehler? Wenn du mir verrätst, was ich falsch mache, könnte ich es diesmal ja richtig machen.«
»Es würde keinen Unterschied machen, Ash.«
»Was ist mit Rishi? Macht er auch immer dieselben Fehler?«
»Und ob. Er setzt jedes Mal zu viel Vertrauen in dich.«
Ash wich zurück und fragte sich, was sie damit meinte. Und wie konnte er überhaupt für frühere Leben verantwortlich sein? Das erschien ihm unfair. Er war er selbst und sonst keiner – vor allem keiner dieser Geister aus der Vergangenheit.
Allein der Gedanke überstieg sein Vorstellungsvermögen: All das hatte sich schon einmal zugetragen und er war ein Teil davon gewesen? Er, Parvati und Rishi?
»Als ich den Aastra gefunden habe, hatte ich einen Traum – eine Art Vision«, erzählte Ash. »Ich war auf einem unendlich großen Schlachtfeld. Ich war Rama und Rama hat gegen den Dämonenkönig Ravana gekämpft, der zwei gigantische Schwerter geschwungen hat. Bei jedem Schlag sind Leute gestorben.« Er schaute Parvati an. »War ich früher mal Rama?«
»Du warst schon viele, viele Leute«, antwortete sie. »Jetzt im Augenblick bist du Ashoka Mistry. Und das ist alles, worauf es ankommt.«
»Also ist es mein Schicksal, immer wieder zu kämpfen? Leben für Leben?«, sagte er mehr zu sich selbst.
»Ein ewiger Krieger … Aber du bist nicht der Einzige, Ashoka Mistry.« Parvati blickte ihn mit zusammengekniffenen Augen an und runzelte zögernd die Stirn. Dann, ganz plötzlich, sprach sie weiter. »Manche Seelen sind auserkoren – warum, weiß ich nicht –, das Böse zu bekämpfen. Einige versagen, andere verbünden sich mit den Mächten, die sie ausrotten sollten, wieder andere haben Erfolg. Doch alle, alle , verändern das Schicksal der
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