Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
einem großen Bettlaken in Deckung. Während Jat sich zu ihm umdrehte und nach ihm schlug, huschte Ash im Zickzack durch die aufgehängte Wäsche. Die Schwingen des Rakshasas, jede über vier Meter breit, verhedderten sich in den Leinen und den trocknenden Saris. Jat versuchte, sich mit Gewalt zu befreien, doch das machte alles nur noch schlimmer, sodass er wenig später an eine aus einem Sarkophag auferstandene Mumie erinnerte, der lange Stofffetzen vom Körper hingen.
Ash spielte ein gefährliches Blindekuhspielchen, schlug Haken und duckte sich unter Wäschestücken hindurch. Schließlich riss Jat sich den Stoff vom Gesicht und machte trotz der Leinen, die sich um seine Schultern und den Hals gewickelt hatten, einen gewaltigen Satz nach vorne.
Ashs Füße ertasteten die Dachkante und als er sich umdrehte, musste er feststellen, dass das nächste Gebäude höher war als dieses. Springen war diesmal ausgeschlossen.
Und das wusste Jat. »Ich werde deine Augen fressen, Junge«, höhnte er und schmatzte genüsslich. »Mayar und Jackie können sich von mir aus um den Rest zanken, aber deine Augen gehören mir.«
Ash ballte die Fäuste, bis seine Knöchel schmerzten, während Jat sich aus den Seilen wand und seine Arme befreite. Dabei rutschten die Leinen immer höher über seine Schultern und legten sich um seinen Hals.
Dann warf er sich auf Ash, dem die Luft wegblieb, als Jat ihn mit voller Wucht rammte. Beide gerieten ins Taumeln, stürzten über die Kante und fielen vom Gebäude. Instinktiv hielt Ash sich an den Armen des Ungetüms fest. Sein Blick traf den von Jat, der ihn mit mörderischer Schadenfreude angrinste.
Dann fand ihr Sturz ein jähes Ende, als sich die Leine um den Hals des Rakshasas zu einer Schlinge zusammenzog. Es gab einen Ruck, etwas krachte und Ash klammerte sich in Panik an den Dämon, der wie eine Puppe auf und ab wippte, immer noch Meter über dem steinernen Erdboden.
Ash streckte sich, so weit er konnte, und ließ dann los. Laut kam er auf dem Pflaster auf, robbte zu einer Hauswand, an die er sich lehnte, und schnappte nach Luft. Jeder Atemzug schien ihm brennende Nadeln durch die gequälten Lungen zu jagen, aber immerhin war er am Leben. Er lebte und der Dämon war tot.
Jats lebloser Körper schaukelte am Ende der Leine hin und her. Sein Nacken war geknickt und die blutunterlaufenen toten Augen traten aus ihren Höhlen hervor. Das Gesicht der Kreatur, deren lange Zunge lose aus dem Mund hing, war rot und angeschwollen. So sah der Tod aus. Hässlich.
Nebel zog auf und der Schweiß auf Ashs Haut wurde zu Eis. Von Schmerzen gebeutelt sank er zu Boden, als der Aastra ihm die Haut versengte. Ash riss ihn sich vom Hals und hielt ihn in der Hand, woraufhin das Gold zischend aufglühte. Der sengende Schmerz fuhr ihm in die Finger und wanderte wie eine Million bissiger Ameisen seinen Arm hinauf.
Was passierte mit ihm?
Ash starrte den baumelnden Leichnam an, den Rakshasa, den er eben ermordet hatte. Die Schatten ringsum verschmolzen miteinander und verdichteten sich, krochen über die Wand und auf Jats Leiche zu, wo sie eine feste Gestalt annahmen. Etliche Arme und zahlreiche knochige Finger strichen über die bröckelnden Backsteine und streckten sich nach Jat aus. Als der Schatten den Kopf wandte, kam eine lange, gierige Zunge zum Vorschein, die über das Gesicht des Rakshasas leckte und sich am Geschmack des frisch verstorbenen, noch warmen Fleisches labte. Knochen klapperten.
Ash konnte das Schauspiel nicht länger ertragen und schloss die Augen. Als eine neuerliche Schmerzwelle ihn durchflutete, kauerte er sich zu einem Ball zusammen. Um ihn wurde Heulen laut – die anderen Rakshasas waren auf dem Weg zu ihm und sie wollten den Aastra. Sobald sie ihn hätten, wäre er tot. Das konnte Ash nicht zulassen, er musste ihn verstecken.
Ash kroch zu einem kleinen Straßenschrein, der an der nächsten Hausecke stand. Die Statue war nur ein grob behauener Steinklotz, der so oft angemalt und übermalt worden war, dass man die ursprünglichen Gesichtszüge längst nicht mehr ausmachen konnte. Dort stopfte Ash den Aastra hinter die Figur, sodass er nicht mehr zu sehen war.
Dann stolperte er davon. Er wollte so weit weg von dem Aastra, wie nur irgendwie möglich. Doch der Schmerz war zu groß. Er fühlte sich, als wären seine Knochen in flüssiges Blei getränkt worden. Ihm wurde schwarz vor Augen und nach wenigen Metern brach er zusammen.
Sekunden, Minuten oder auch Stunden später gruben sich
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