Ash
schiebt sie mit wiegenden Hüften ab, sich ihrer neuen Körperlichkeit vollkommen bewusst.
„ Nimm es ihr nicht übel“, meint Leyla wie nebenbei. „Ich glaube, sie ist traurig, Seth an dich zu verlieren, und dann auch noch die Sache mit Ash. Ihr hat er damals nämlich keinen Vertrag angeboten.“
„ Was? Die waren zusammen?“, stelle ich mit einem Stich von Eifersucht im Bauch fest.
„ Wenn man es denn so nennen will“, antwortet Leyla schulterzuckend. „Ash konnte sich eigentlich noch nie ganz für eine Frau entscheiden … hat immer gezögert. Ich glaube, Lu wollte Ash anfangs nur eins auswischen und hat gehofft, dass er sie zurückhält, als sie zu Seth gegangen ist. Tja … hat nicht funktioniert. Ash ist Ash – er lässt sich nicht erpressen.“ Leyla wird plötzlich klar, dass ihre Worte auf mich verletzend wirken müssen. „Tut mir leid, Taya. Ich quatsch einfach zu viel. Ich glaube schon, dass Ash es mit dir ehrlich gemeint hat.“
Kurze Zeit später kommt Seth. Auch er scheint irgendwie gehetzt. Doch er sieht mich nachdenklich an. Ich sage nichts. Ich atme nicht einmal! Nichts Falsches tun, nichts Falsches sagen, kein falscher Blick …
„ Wir müssen uns um ein Rebellenproblem kümmern“, eröffnet er mir ruhig. „Ich werde ein paar Tage fort sein.“
Großartig … das sind gute Nachrichten … denke ich, versuche aber, meine Erleichterung nicht zu zeigen. In meinem Kopf zähle ich die Stunden von Seths letztem Hämopholaustausch mit Luana. Gestern Abend? Achtzehn … vielleicht siebzehn Stunden?
„ Wir müssen noch was erledigen, bevor ich gehe. Ich will dich in zwei Stunden oben im Loft sehen.“ Mit zwei kleinen Sätzen zerstört er alle meine Hoffnungen!
Ich zitterte, obwohl ich es nicht will. Doch Seth hat sich schon abgewandt und verschwindet.
„ Er ist so ein Arsch ...“, kommentiert Leyla und sieht mich wieder mitleidvoll an.
Plötzlich stehen Angel und Sid von ihrem Tisch auf und kommen in Richtung der Bar – genau auf uns zu. Ich sehe Leyla flehend an. „Leyla … bitte ...“
„ Schon gut, verschwinde auf die Toilette und bleib eine Weile da. Ich kümmere mich um die beiden.“
Meine Schritte fühlen sich an wie Watte, als ich in Richtung der Toiletten gehe. Gerade noch rechtzeitig, sonst hätte Sid mich bestimmt erkannt. Ich komme an der Küche vorbei, und die Tür steht offen. Es ist niemand da. Und dann sehe ich, dass auch die Hintertür der Küche offen steht … die Tür, die nach draußen führt!
Ich bleibe stehen. Niemand beachtet mich … was für eine Gelegenheit! Aber meine Füße sind plötzlich wie festgewachsen. Los doch … bewegt euch … flehe ich stumm.
Und dann mache ich einen Schritt, einen zweiten … und stehe in der Küche. Die offene Tür in die Freiheit zieht mich magisch an, kalte Luft weht mir entgegen. Wundervoll!
Obwohl meine Beine zittern, renne ich los, stolpere durch die Tür und lande auf einem Innenhof mit einer fast drei Meter hohen Mauer. Keine Tür, kein Ausweg! Ich balle die Fäuste und will schreien. In diesem Augenblick denke ich gar nicht daran, dass mich jemand hören könnte. Doch ehe der Schrei meine Kehle verlässt, legt sich eine Hand auf meinen Mund, und ich werde gepackt und in den Schatten einer Ecke gezerrt.
„ Besser nicht … sie würden dich hören ...“
Ich kenne diese Stimme. Ash! Was zum Teufel tut er hier? Ich höre auf zu Zappeln und drehe mich um. Er ist es wirklich! Er steht vor mir, groß, dunkel und verschlossen. Aber es ist Ash … der Ash, dem ich so nah war … nur ein einziges Mal und doch so unvergesslich. Mein Herz wird schwer. Vorbei … alles aus … ab heute gehöre ich Seth.
Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen. Wenigstens eine Antwort ist er mir schuldig.„Warum hast du mich im Stich gelassen?“
Er weicht meinem Blick aus. „Ich habe dir gesagt, dass ich nicht gut für dich bin. Ich bin, wie ich bin, Taya.“
„ Das glaube ich nicht“, schluchze ich und versuche krampfhaft die Tränen zurückzuhalten. Wenn Seth sieht, dass meine Schminke verlaufen ist, weiß er, dass ich geheult habe. Und ich will ihn nicht unnötig reizen.
Überraschend zieht Ash mich an sich, und ich fühle seine harte Brust und rieche wieder seinen dunklen, erdigen Geruch. „Es ist mir nicht leichtgefallen, glaub mir das bitte. Aber wenn du wüsstest, was auf dem Spiel steht. Ich darf mich von Seth nicht erpressen lassen. Ich bin einmal schwach geworden, und Seth hat diese Schwachstelle sofort ausgenutzt.
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