Asharas Rückkehr - 19
gleich starke Kräfte geraten, die sich darum stritten, wem ihr schmerzender Körper gehörte.
»Aufhören! Ich will nicht ein Knochen zwischen zwei Hunden sein!« Sie sprach nun mit ihrer eigenen Stimme, aber sie war dünn und schrill wie die eines Kindes. Dafür hatte sie eine erstaunliche Kraft, und der feste Knoten in ihrer Brust lockerte sich ein wenig. Sie schluckte und atmete einige Male durch. Die Luft schien ihre Lungen zu versengen. »Ich glaube, Sie legen das Ding lieber weg, denn ich glaube, wenn ich es ansehe, wird es zerspringen.« Die kindliche Margaret war verschwunden, sie sprach stattdessen mit der Stimme, mit der sie die Kursteilnehmer an der Universität anredete. An diese Stimme war sie gewöhnt, und sie war erleichtert, dass sie wieder normal klang und nicht mehr wie eine Fremde oder ein Kind.
Sie hörte das Rascheln von Stoff ihr gegenüber. »Ich habe meine Matrix versteckt, Marguerida. Jetzt sieh mich bitte an. Sag mir, wenn du es kannst, was du gefühlt oder gesehen hast und wer durch deinen Mund sprach.«
»Ich weiß es nicht.« Margaret griff mit zitternden Händen nach ihrer Teetasse. Sie starrte dumpf in deren leere Tiefen, dann goss sie sich nach und trank einen Schluck. »Oder besser,
ich weiß es, bin aber nicht in der Lage, es zu sagen.« Sie spürte, wie sich etwas löste, eine Art Spannung, die sie ihr ganzes Leben in sich gehabt hatte, aber sie war einfach zu müde, um der Sache viel Beachtung zu schenken.
»Hast du es immer gewusst?«
»In gewisser Weise. Ich war immer sehr hektisch, eine Art Träumerin, aber wenn ich krank war, wurde ich sehr viel klarer.« Sie runzelte die Stirn. »Ich glaube, Dio weiß darüber Bescheid, jedenfalls war sie über mich beunruhigt, als ich noch klein war. Sie hat es meinem Vater erzählt, und ich erinnere mich, dass er etwas von >Kanälen< sagte, was immer es damit auf sich hat. Wenn ich krank war, hörte ich die beiden miteinander sprechen, vermutlich in meiner Einbildung. Ich erinnere mich nicht an viel, aber irgendetwas ist mit mir geschehen, nachdem wir Darkover verlassen haben.« Ein Teil von Margaret wollte nicht sprechen, aber ein anderer Teil fühlte sich dazu gedrängt, die Geheimnisse in ihrem Innern zu entdecken, koste es, was es wolle. Istvana Ridenow war im Grunde nicht die Person, die sie sich ausgesucht hätte, um ihre Geheimnisse vor ihr zu offenbaren, aber ein Gefühl tief in ihr vertraute der kleinen Frau, und sie wusste, eine bessere Gelegenheit als die hier kam nicht mehr. Der feste Knoten in ihr geriet erneut in Bewegung, es war eine Art Abspulen, und Margaret entschied, dass sie offenbar das Richtige tat, denn sie wollte herausfinden, was in ihrem Innern verschüttet lag. In diesem Augenblick war das die wichtigste Sache der Welt.
»Dein Vater wusste, dass deine Kanäle manipuliert waren, und hat nichts unternommen?« Istvana klang nun äußerst aufgebracht, ihre Wut wärmte Margaret und gab ihr das Gefühl, beschützt zu werden. »Er dachte, ich würde aus allem herauswachsen.«
»Dann ist er ein noch größerer Narr, als ich annahm! Aus so etwas wächst man nicht heraus - es muss geheilt werden, ge
pflegt.« Sie hielt inne. »Ich glaube, die beste Lösung wäre, wenn du für einige Zeit mit mir nach Neskaya kämst.«
Margaret fing das Bild eines hohen steinernen Turms auf, der sich leuchtend vor dem Nachthimmel abhob. In seinem Innern gingen Leute umher, und sie sah große Kristalle mit funkelnden Facetten, die in langen Reihen angeordnet waren. Sie begann, heftig zu zittern. Auch dieser Raum war aus Glas, war eine Falle aus Kristall. Ihre Hand zitterte, heißer Tee benetzte die Wunden in ihrer Handfläche, und sie schrie vor Schmerz auf.
Nein! Zwing mich nicht, in den Spiegel zurückzugehen! Ich will nicht dort sterben!
Istvana Ridenow zuckte, als hätte man sie ins Gesicht geschlagen. Sie rieb sich die Stirn und bewegte ihre schmalen Schultern, wie um eine Last abzuschütteln. »Kannst du mir von dem Spiegel erzählen, Marguerida?«, fragte die Leronis schließlich.
»Spiegel?« Margaret blickte sich benommen im Zimmer um, dann stellte sie ihre Tasse hin und wischte sich die Hand am Rock ab, wobei sie Tee und Blut über das rotbraune Gewebe verschmierte. »Hier drin ist kein Spiegel, oder?«
»Nein, hier nicht. Aber es gibt einen Ort in deinem Geist, einen Ort voller Spiegel oder Glas, und er macht dir entsetzliche Angst. Hab ich Recht?«
»Ja.«
»Und mein Matrix-Kristall erinnert dich daran?«
»Vermutlich.« Sie war
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