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Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Titel: Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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daraus gemacht? Sie war also eine Amish und ist dann gemieden oder exkommuniziert worden – na und? Juckt das irgendwen in Rule?«
    »Tja, wenn die Ausreißergemeinschaft vom Bruder des Reverend angeführt wird«, sagte Nathan, »dann wohl schon.«

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    Bruder?«, wiederholte Chris verblüfft. »Der Bruder meines Großvaters? Ich dachte, der wäre tot.«
    »Ist er auch«, sagte Nathan.
    »Aber du hast doch eben gesagt … «
    »Warte, jetzt hab ich’s verstanden, Chris. Er ist nicht tot im eigentlichen Sinn, sondern ein Exkommunizierter«, warf Lena ein, die sich jetzt aufgesetzt hatte. Ihre Haut war milchig-blass, die Schatten unter den großen Augen von einem dunklen Lila. »Für die Amish ist es ein und dasselbe.«
    »Aber sein Nachname ist Hunter, nicht Yeager«, wandte Chris ein.
    »Du bist ein Yeager«, sagte Lena.
    »Nur zur Hälfte«, erwiderte Chris. »Mein Vater kam überhaupt nicht aus der Gegend von Rule.«
    »Wenn man von den Amish fortgeht, tritt man in die englische Welt ein«, erklärte Nathan. » Hunter heißt Jäger, und davon leitet sich auch Yeager ab.«
    Das musste Chris erst einmal verdauen. Wenn der Bruder seines Großvaters eine Zufluchtsstätte für gemiedene oder verbannte Amish-Jugendliche geschaffen hatte, bedeutete das, dass auch Rule irgendeine verrückte Art von Abtrünnigen-Gemeinschaft sein musste. Das würde einige von Rules Gebräuchen und seinen sektenartigen Charakter erklären. Doch wer war zuerst von Oren abtrünnig geworden, Rule oder diese Hunter-Gruppe? Und hatte sich die Hunter-Gruppe womöglich auch von Rule losgesagt? »Gibt es bei den Amish so etwas wie … ich weiß nicht … einen Rat? Eine Gruppe von Leuten, die alles leitet?«
    »Ich habe nur mal was von einem Bischof gehört«, meinte Lena, doch plötzlich schnappte sie nach Luft. »Hey, Moment mal, das stimmt nicht. Die Amish hatten immer so ein Komitee.« Sie streckte den Daumen hoch. »Da gab es den Bischof«, begann sie und zählte die anderen an den Fingern ab, »dazu drei Pfarrer … und einen Diakon.«
    »Fünf Männer«, stellte Chris fest. »Genau wie in Rule.«
    »Nein, nicht wie in Rule«, widersprach Nathan. »Soweit ich weiß, erlässt der Bischof nicht die Gesetze. Alle wichtigeren Fragen müssen der Gemeinschaft zur Abstimmung vorgelegt werden. So hat Rule aber nie funktioniert. Stattdessen gibt es da einen sechsten Sitz, der die ganze Gemeinde repräsentieren soll. Erinnert euch doch mal an den Ratssaal. Die Sitze sind asymmetrisch angeordnet.«
    Jetzt, da Chris darüber nachdachte, fiel ihm ein, dass Alex einst dasselbe aufgefallen war – ein sechster Stuhl, der separat hinter den anderen stand. Sechs Stühle, aber nur fünf Männer, Chris. Als ob einer fehlen würde. Und der Fehlende war die ganze Stadt Rule?
    Noch etwas, was Alex erwähnt hatte, kam ihm nun wieder in den Sinn. Sein Großvater hatte eine ausgeprägte Vorliebe für biblische Brudergeschichten: Kain und Abel, Jakob und Esau. Besonders schätzte er jedoch die von Isaak und Ismael, und was hatte er einmal über die Welt außerhalb von Rule gesagt? Die Anhänger des Satans sind zu wilden Tieren geworden, sie tragen das Mal des Kain und den Fluch des Ismael. Wenn aber Isaak der Bruder seines Großvaters war, welcher der Brüder war dann das wilde Tier?
    »Welche Verbindung besteht zwischen Jess und Hunter?«, fragte Chris. »Warum glaubt sie, dass er uns helfen kann und auch dazu bereit wäre? Da muss er doch mehr in petto haben als so einen Zufluchtsort für ein paar Jugendliche.«
    »Ehrlich, ich weiß es nicht, Chris«, sagte Nathan. »Das war alles, was der Doc und ich uns zusammenreimen konnten, und das meiste davon sind reine Mutmaßungen. Aber wenn du ihn findest, haben wir wohl eine echte Chance herauszufinden, was in Rule falsch gelaufen ist.«
    »Und wenn er tot ist?«
    »Dann weiß ich auch nicht weiter«, räumte Nathan ein. »Hoffen wir einfach, dass er noch lebt.«
    »Was denkst du?«, fragte Chris ein wenig später. Nathan war nach draußen gekrochen, angeblich um nach den Pferden zu sehen, aber Chris wusste, dass er ihnen die Möglichkeit geben wollte, sich ungestört zu unterhalten. Was nicht viel ändern wird, dachte Chris. Denn er konnte auch keine andere Lösung aus dem Ärmel schütteln, als weiter nach Oren zu ziehen.
    »Mir kommt es trotzdem ziemlich verrückt vor. O Mann … « Lena öffnete den Reißverschluss ihres Schlafsacks und schlug widerwillig das obere Teil zurück. »Es ist so kalt, dass mir beim Atmen

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