Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)
bemessener Höhe quer über die Straße spannte.
Ein Hinterhalt. Aber woher hatten sie Bescheid gewusst? Ich habe mich erst vor fünf Stunden für diese Strecke entschieden. Und Lang als Meldegänger vorgeschickt.
Wiehernd versuchte das Pferd zurückzuweichen, als ihm der Draht ins Fleisch schnitt. Wieder machte es Knack . Wie in einer cartoonartigen Geste des Erstaunens warf der Kutscher die Arme in die Höhe und brach zusammen, während das Pferd panisch stieg und dann unter seinen krachenden Hufen den Schädel des Kutschers zerquetschte wie eine Honigmelone. Die Deichsel brach, es knackste mehrmals laut, als wären es brüchige Knochen. Und plötzlich schlitterte der Karren in einem Funkenregen übers Eis – mehrere Zentner kreischendes Metall und Holz donnerten direkt auf ihn zu.
Peter sprang nach links. Und spürte den heftigen Luftzug am Hals, als der Karren an ihm vorbeibrauste. Dumpf polterte er weiter über das zerfurchte Eis. Ich muss hier weg, weg, ich muss abhauen, schnell! Auf Händen und Knien krabbelte er zum Weg hinauf, seine Stiefel glitschten über Pferdeblut und Eis.
Fable lebte noch, hatte aber aufgehört zu strampeln. Das ihm zugewandte Auge rollte wild und versuchte ihn im Blick zu behalten. Inzwischen war er so nah, dass er ihren durchdringenden Schweißgeruch und die Aluminiumnote ihres Blutes roch. Das Bein des Tiers war zerfetzt, und die Haut um den abgerissenen Knochen hing in blutigen Streifen herab. Als er sich in die schützende Mulde neben ihrem Bauch fallen ließ, stöhnte die Stute auf und versuchte, auf die Beine zu kommen.
»Ruhig.« Peter nestelte die Eagle heraus und hielt die Mündung an Fables Ohr. »Tut mir leid, Mädchen«, sagte er und spannte den Hahn.
»Peter?«
»Ich bin okay!« Tränen und feiner Dunst, der über Fables warmem Blut aufstieg, vernebelten Peter die Sicht, als er nach hinten zu seinen Männern blickte. Die anderen Karren standen schwankend beieinander und gewährten seinen Leuten vorübergehend Deckung. Er zählte ihre Verluste: weitere fünf Pferde und mindestens ebenso viele Männer. Dumpf dröhnten die Waffen seiner Männer, als sie das Feuer erwiderten, doch Peter wusste, dass die anderen in der Überzahl und besser bewaffnet waren. Wie um das zu unterstreichen, sah er plötzlich den Kopf eines hellbraunen Hundes explodieren, der sich hinter einen Karren geduckt hatte. Mit zitternden Beinen kippte der kopflose Rumpf um, Blut spritzte in einem breiten Strahl aus seinem Halsansatz.
In Peter keimte Wut auf. Männer oder auch Pferde unter Beschuss zu nehmen war eine Sache, aber einen armen Hund zu töten war reiner Hohn. Als würden sie ihnen den Stinkefinger zeigen. Nicht anders als diese verrückte Alte, die ihren Schuppen abfackelte und …
Moment mal. Plötzlich waren seine Gedanken glasklar. Sie hatte das Heu mit Benzin …
»M-Mom?« Eine ängstliche und viel zu junge Stimme. »Daaad?«
Mist! »Tyler?« Peter wagte nicht, den Kopf zu heben. »Tyler, bleib dort. Duck d…«
»Mom.« Tyler klang schwach und weinerlich. »Mom.«
Eine Sekunde lang schloss Peter die Augen und dachte nach. Wollte er die Sache clever angehen, musste er den Jungen einfach liegen lassen. Dem Klang seiner Stimme nach war er schwer verletzt und wahrscheinlich sowieso nicht mehr zu retten. Wenn er sich um Tyler kümmerte, wäre das vergebliche Liebesmüh, nur ginge er selbst wahrscheinlich dabei drauf. Außerdem verlor ein Hauptmann ständig Männer. Das Leben war nun mal kein Zuckerschlecken.
Die Sache war nur die: Peter hatte nie zu diesen cleveren Typen gehört.
Also stemmte er sich aus seiner fast liegenden Position und flitzte, so schnell er konnte, den Berg hinunter. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, im Zickzack zu laufen. Dazu war die Straße zu holperig und zu tückisch mit all dem Blut von Fable. Wahrscheinlich würde er sich eher den Hals brechen als eine Kugel einfangen. Obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug, hörte er seine Männer schreien, als ihm Kugeln wie wütende Hornissen um die Ohren schwirrten. Irgendetwas zupfte ihn hinten, aber da waren es nur noch fünfzehn, zehn, fünf Meter zu Tylers Pferd …
Plötzlich zuckten die Hinterbeine des Tieres. Einen Moment lang glaubte er, das Pferd würde noch leben, doch da wurde ihm klar, dass die Schützen mitzogen und versuchten, seine nächste Bewegung vorauszuberechnen. Ich muss einen Sprung wagen. Drei Meter von dem Tier entfernt stemmte er den linken Fuß in den Boden, schnellte hoch – und
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