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Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Titel: Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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beäugte sie Alex nicht minder misstrauisch. »Wieso kommen sie nicht ins Lager zurück?«
    »Woher soll ich das wissen?«, erwiderte Alex, auch wenn man ihren momentanen Aufenthaltsort kaum als »Lager« bezeichnen konnte. Nach dem metallischen Geruch von festem Eis und dem wenigen, was sich im Dämmerlicht erkennen ließ, hatten die Veränderten irgendein altes Anwesen an einem See in Beschlag genommen: ein protziges, sehr großes viktorianisches Gebäude, reich verziert, mit Hollywoodschaukel auf der Veranda und sogar einem Fahnenmast. Pickel und Schmissie, die Handlanger innerhalb der Meute, hatten die Herde zu einem kleinen Gästehaus getrieben, in dem der abgestandene Geruch nach Schwefel und ranzigem Fett an einstmaliges Frühstücksrührei erinnerte. Im Vergleich zu den verfallenen Schuppen und zugigen Hütten in der letzten Woche war das hier ein wahrer Palast. »Ich weiß auch nicht mehr als du.«
    Sharons Lachen ging in einen Husten über. Aus ihrem Mund stank es fürchterlich. »Red keinen Blödsinn«, sagte die Alte. »Ich hab doch Augen im Kopf. Und dein Verehrer auch.«
    »Himmel«, mischte sich Ray ein, früher ein korpulenter Mann, dessen Bauch jetzt schlaff herabhing wie eine leere Plastiktüte. Er legte seiner Frau Ruby den Arm um die Schultern und drückte sie an sich. »Ist die Lage nicht schon schlimm genug?«
    »Ich spreche nur das aus, was alle denken«, fauchte Sharon. Als sich Pickel von seinem Platz aus zu ihnen umdrehte, schrie Sharon: »He, du Hurensohn, wann gibst du uns was zu essen?«
    »Sharon.« Rubys Stimme zitterte wie eine zum Zerreißen gespannte Bogensehne. »Provozier sie nicht.«
    Sharon schaute finster drein. »Würde ich normalerweise auch nicht, aber wir haben Hunger . Wir brauchen was zu essen, außer wenn ihr von uns bloß noch Haut und Knochen haben wollt, ihr Ärsche!«
    In Anbetracht der Tatsache, dass Sharon mehr Tinte pro Quadratzentimeter Haut aufwies als jeder andere, den Alex kannte, und dass die Veränderten sich gern mit ungewöhnlichen »Accessoires« aus tätowierter Haut schmückten, hegte Alex den leisen Verdacht, dass es ihnen gar nicht unrecht wäre, wenn Sharon wirklich nur noch Haut auf den Knochen hätte: Dann ginge das Häuten leichter. Ein gemeiner Gedanke, aber Alex mochte Sharon nun mal nicht besonders.
    »Weißt du, warum sie uns nichts zu essen geben, Sharon?«, sagte Ruby. »Weil sie noch keine Neuen gefunden haben. Es ist einfach … Pech.«
    »Pech? Was hat das damit zu tun? Wir enden sowieso alle als Hauptmahlzeit, außer vielleicht unsere süße Miss Alex.« Sharon kniff die Augen zusammen. »Bild dir bloß nicht ein, ich würde nicht sehen, wie du und dieser Wolfsjunge einander schöne Augen macht. Der ist total scharf auf dich!«
    »Sharon«, protestierte Ray matt, »lass es gut sein.«
    »Ist schon in Ordnung, Ray«, erwiderte Alex.
    »Ja, Ray«, entgegnete Sharon. »Ich und Alex quatschen nur ein bisschen, während wir alle hier rumhocken und darauf warten, abgeschlachtet zu werden.«
    »Aber musst du denn so gehässig sein?« Ruby strich sich mit ihrer Hand, die nur noch aus brüchigen Knochen und dünner Haut bestand, die Haare aus dem Gesicht. »Wir sitzen doch alle im selben Boot.«
    »Ach ja? Ich würde darauf wetten, dass sich eine von uns ein hübsches kleines Rettungsfloß zusammengebastelt hat. Also, was meinst du, wo sich dein Freund jetzt rumtreibt, Alex?« Sharons Grinsen bot keinen schönen Anblick – eine Ansammlung verfärbter, schief stehender Zahnstümpfe mit Lücken dazwischen. »Vielleicht hat er eine Neue und sich mit ihr davongemacht? Womöglich mit dieser Blondine … «
    Alex schaltete auf Durchzug, diese Leier kannte sie zur Genüge. Sie drehte sich zur Seite und löste behutsam den Flanellstoff und den Verbandsmull von ihrer Schulter. Ihr linker Arm pochte, und sie konnte förmlich die Hitze sehen, die die Wunde ausstrahlte. Zwar hatte sie sie so sauber wie möglich gehalten, aber kurz nach Mittag – sofern auf Micky Maus Verlass war – hatte dieses Zittern begonnen.
    Lieber Himmel, bloß keine Infektion. Sonst konnte sie sich ebenso gut gleich hier und jetzt in den Schnee legen. Als sie die letzte Lage entfernte, biss sie sich auf die Unterlippe, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Dieser gammelige Geruch war unverkennbar. Teile ihres Muskelgewebes hatten sich in etwas Wässrig-Rotzgrünes verwandelt. Okay, keine Panik. Mach es sauber und beschaff dir Alkohol und Antibiotika, wenn sie dich lassen. Das hier ist

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